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Zauberhaftes Lappland - Pajala

Fortsetzung von: Im Urlaubsmärchenland, 2.Teil

Mit dem Schneemobil durch den Winterwald


Von Bjurholm geht es ein Stück auf der "Kunststrasse" entlang, der Reichsstrasse 92. Linkerhand taucht auch schon bald eine kleine Kapelle aus Spiegelglas auf, in der sich die Umgebung in einem faszinierenden Bildmosaik widerspiegelt. Ich bringe mein Gefährt auf einem Parkplatz zum Stehen, wo sich bereits zwei ältere Herren an einem Anhänger zu schaffen machen, und während ich aus dem Auto klettere um die Kapelle aus der Nähe zu begutachten, höre ich, wie einer der beiden aufgeregt in sein Handy ruft: "Ja, such doch die Nummer der Polizei aus dem Telefonbuch …". Ich bin mir nicht ganz im klaren, was denn die Aufregung verursacht, denn weit und breit ist nichts zu sehen, was irgendwie bedrohlich aussieht.

von Eduard Nöstl


Als ich von der Kapelle zurückkomme, kann ich meine Neugier nicht mehrbezähmen, und erkundige mich, ob denn die beiden Hilfe brauchen? "Nein, wir haben nur einen Elch geschossen, dem ein Lauf abgefahren wurde, und jetzt warten wir auf unsere Söhne, die ihn mit dem Motorschlitten herschleifen wollen", ist die Antwort des bärbeissigen alten Mannes, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder seiner Thermosflasche und seinem Butterbrot zuwendet.

Also gibt es sie doch auf der Strasse auch, denke ich und beschliesse, meine Augen ein wenig extra offenzuhalten. Kein Elch stört meine Fahrt, nur die Fahrbahnbeschaffenheit verschlechtert sich zusehends, je näher ich zum Vindelfluss komme, das Eis liegt blank, keine schützende Schneeschicht verhindert das Durchdrehen der Räder und jetzt kurven auf einmal alle Verkehrsteilnehmer vorsichtiger über die Eispiste.

In Vindeln sehe ich mir das neue Hotel an, von dem alle so begeistert sind - es liegt wirklich toll direkt am Fluss in einem Naturreservat (!) mit Blick über die Stromschnellen des ungezähmten Wildwassers. Die Fenster sind schalldicht, sodass die Nachtruhe nicht vom Brausen der Wellen gestört wird. Gleich daneben befindet sich in einer alten Mühle eine permanente Kunstausstellung.

Von Vindeln aus fahre ich weiter über Nyliden, von wo im Herbst meine Kanutour auf dem Åmansee ihren Ausgang genommen hat (www.schwedenoutback.com/ vindelnkanot.htm) und hier am Fluss bis Mårdsele muss ich mehrere Male ordentlich einbremsen, wenn vorwitzige Rentiere, die sich ausgerechnet die Strasse als Spielplatz ausgesucht haben, im Licht des Scheinwerfers auftauchen.

In Nyliden besuche ich gute Freunde, die eben bei ihrer Rhodesian-Ridgeback Zucht Nachwuchs gekriegt haben. Acht Stück kleiner, entzückend tollpatschiger, runzliger und faltiger Welpen kriechen am Boden herum, purzeln übereinander und fallen schliesslich kunterbunt durcheinandergewürfelt in den Schlaf. Rhodesian Ridgeback sind begehrte Wachhunde, so haben meine Freunde Anfragen aus ganz Europa via Internet bekommen (www.norridgeback.com)

Von Nyliden geht es, wiewohl es inzwischen schon finster geworden ist, auf einsamen Waldstrassen nach Norsjö. Diese Fahrt ist wirklich aufregend, wenn sich die Zweige der Bäume vom Schnee gedrückt immer wieder über die Strasse neigen oder die Büsche sich in abenteuerliche Gestalten verwandeln, die im Licht der Scheinwerfer die merkwürdigsten Verrenkungen ausführen.

Dummerweise hat irgendein frecher Dieb die Antenne von meinem Mietwagen abgeschraubt, wodurch ich nicht einmal akustisch von diesen finsteren Figuren ablenken kann, sondern ihnen dank meiner, wenn es um Angstzustände und Schreckfiguren geht, äusserst kreativen Phantasie hilflos ausgeliefert bin.

Wenigstens tritt kein Elch zu einem unpassenden Zeitpunkt aus dem Wald hervor und ich bin froh, als ich in Norsjö wieder auf die etwas belebtere Bundesstrasse komme. Von Norsjö nach Skellefteå kann ich wieder richtig Gas geben - es geht fast schnurstracks geradeaus dahin, die Strassen sind leergefegt und erst in Ortsnähe verkünden die Scheinwerfer schon von weither das Nahen eines anderen Gefährts.

In Boliden ist der riesige Förderturm des Bergwerks angestrahlt , irgendwo hatte ich gelesen, dass hier genug Wolfram abgebaut wird, um nicht nur den gesamten schwedischen Bedarf zu versorgen, sondern dass genug überbleibt, um auch noch beachtliche Gewinne auf dem Weltmarkt zu erzielen.

Skellefteå, Piteå, Umeå, Luleå - alle diese Städte haben ausser der Endung "Å" (Fluss) eines gemeinsam: Sie sind als Hafenstädte an Flussmündungen entstanden und haben sich vor allem als Verschiffungsplätze für Holz und Bodenschätze einen Namen gemacht. In Umeå (www.schwedenoutback.com/ume.htm) gibt es ein interessantes Museum mit spezieller Abteilung für die Samen und Schwedens nördlichste Uni.

In Luleå beschliesse ich, mir ein Nachtquartier zu suchen. Auch hier übernachte ich in der Jugendherberge, die noch dazu den Vorteil hat, an einer Bucht des Luleflusses nur einen Steinwurf von der E4 entfernt zu liegen. Hier gibt es zwar keine Hütten, doch immerhin ein sauberes und warmes Zimmer.

DURCHS WILDE TORNETAL

Tornetal nach PajalaAm nächsten Morgen treibt mich die Strasse weiter nach Haparanda. Ich wollte schon immer die Grenzstadt zwischen Schweden und Finnland sehen, doch werde ich enttäuscht, denn meine Strasse ins Tornetal zweigt bereits an der Ortseinfahrt ab. Sicher, ich hätte die Europastrasse in Finnland wählen können, doch die Bundesstrasse soll ganz naturschön am Tornefluss entlangführen. Ausserdem denke ich mir, dass der Fernverkehr die Strasse in Finnland wählen wird und ich hier ganz in Ruhe und gemächlich vorankommen werde.

Ich sollte mich nicht täuschen. Allein auf weiter Flur geht es dahin. Die Sonne lacht vom Himmel und der Schnee glitzert auf den Wiesen. Es ist ziemlich kalt, so um die fünfzehn Minusgrade, wodurch der Frost den Holzhäusern einen weissen, glitzernden Anstrich verliehen hat.

Die kleinen Orte sind menschenleer bis auf ein paar alte Leute, die mit ihrem "Spark" eine Art Tretroller, der anstelle von Rädern Kufen hat, einkaufen gehen. Diese Sparks sind im Winter ideal, da sie mit ihren langen Kufen (2 m) stabil sind und vorne drauf einen Sessel montiert haben, auf dem man sich ausruhen kann, wenn der Weg zu lang wird. Auch der eine oder andere Motorschlitten zieht über die Wiesen und auf dem gefrorenen Fluss entlang.

Schmucke Holzkirchen baden im Sonnenschein. Nach vielleicht einer halben Stunde komme ich zu den Stromschnellen des Kukkolaforsen, wo im Sommer an bestimmten Zeitpunkten ein Netz über den Fluss gespannt wird und die ganze Ortsbevölkerung beim Einholen des Netzes hilft und sich dann den Fang teilt.

Immer wieder kommt die Strasse ganz nah an den Fluss heran, der jetzt von einer halbmeterdicken Eisschicht bedeckt ist. Nur manchmal an Stromschnellen, ist offenes Wasser zu sehen. Das Eis macht einen sehr kalten Eindruck, speziell wenn die Sonne draufscheint und die Eisklötze in einer hellblauen, fast durchscheinend klaren Farbe erstrahlen lässt.

PajalaIn Hedenäset fällt mir schon von weitem ein altes Holzkirchlein auf, dessen von Schindeln bedeckter Turm ganz vorwitzig in den Himmel ragt. Über eine alte Holzbrücke fahre ich vorsichtig zum alten Marktplatz, an dem das Kirchlein liegt. Es ist zweihundert Jahre alt und hat sich richtig gut gehalten. Ein schöner Blick über den Tornefluss belohnt für den kleinen Umweg.


IN PAJALA

Nach zwei weiteren Stunden bin ich auch schon in Pajala angekommen. Jetzt noch schnell eingecheckt und dann möchte ich mir den Ort ein bisschen anschauen. Pajala hat in letzter Zeit ziemlich von sich reden gemacht. Der Bürgermeister, Ove Pekkari, ist ein umtriebiger Mann und innerhalb von ein paar Jahren ist es ihm gelungen, nicht nur Computerindustrie hier anzusiedeln, sondern auch vierzig Studienplätze von der Universität Umeå hierher zu lokalisieren. Alles geht anscheinend, wenn man die richtigen Hebeln zieht. Die Krone seiner Bemühungen ist aber trotz allem der Flugplatz, der in Pajala letzten Herbst feierlich eingeweiht wurde.

Pajala FlughafenMan stelle sich das vor: Hier, im höchsten Norden Schwedens, mit den Flugplätzen von Kiruna und Gällivare in einem Abstand von eineinhalb Stunden und Luleå in drei Stunden wird ein weiterer Flugplatz gebaut - um ein paar Geschäftsleute und Gemeindepolitiker wohl zu ihrer nächsten Audienz bei den "Grosskopferten" in Stockholm schneller hinzubefördern. Dieses Land muss sehr reich sein.

Immerhin bin ich wirklich positiv überrascht, als ich kurz darauf vor dem Flugplatzchef stehe. Jukka Niskala ist etwa mittelgross, sportlich, blond und blauäugig, mit einem offenen Blick und einem festen Händedruck.

"Nur hereinspaziert", meint er lachend und führt mich gleich in den Aufenthaltsraum, wo seine gesammelte Mannschaft bestehend aus drei Leuten gemütlich beim Kaffee sitzt und schnackt. Witzigerweise reden sie finnisch! Und da fällt mir ein, dass die ganze Gegend hier eigentlich mehr mit Finnland gemein hat als mit Schweden.

Der Tornefluss bildet die Landesgrenze zwischen Schweden und Finnland, aber niemandem würde einfallen, den Fluss als etwas Trennendes anzusehen, sondern eher ist es so, dass der Fluss die Leute miteinander verbindet. Das scheint mir gerade der Mentalität gutzutun, so sind die Leute hier im Tornetal bekannt für Frohsinn und Heiterkeit und lachen gern und viel.

Einer der schwergewichtigen Burschen, Aaho, er ist etwas älter als seine beiden Kollegen und trägt einen nicht aus modischen Gründen gewachsenen Dreitagesbart, deutet hinaus auf die Rollbahn und meint: "Gleich hinter dem Zaun stehen drei Elche." Ich beuge mich vor, sehe aber nichts. "Doch, doch," meint er, "und wenn viel Schnee ist, dann springen sie einfach über den Zaun. Und manchmal bleiben sie daran hängen und wir müssen sie befreien."

Obwohl er das ganz ernst gesagt hat, grinst Jukka nur und meint: "Ah, man soll nicht alles glauben, was einem so erzählt wird". Bald sitzen wir im Auto und brausen auf der Rollbahn dahin. Und wirklich, am anderen Ende der Rollbahn steht eine Elchkuh mit ihren beiden Jungen hinter dem zwei Meter Hohen Zaum und knabbert seelenruhig an einem Baumast.

Wieder im Kontrollturm frage ich Jukka, wie er zu seinem Job gekommen ist. "Eigentlich bin ich Pilot, ich war zwanzig Jahre in Ostafrika, in Tanzania. Dann habe ich geheiratet und die Kinder und meine Frau wollten hierher zurück. Diesen Wünschen hatte ich nicht viel entgegenzusetzen. Ausserdem hat mich die Aufgabe gereizt. Ich hoffe nur, es wird sich bald ein bisschen mehr tun hier," meint er und schaut sehnsüchtig über die leere Rollbahn.

Erst als wir uns am Abend auf ein Bier im Hotel treffen und er von seinen Abenteuern in Afrika erzählt, entfährt ihm ganz unvermutet ein Stosseufzer: "Ach, wenn es nur nicht gar so langweilig wäre". Kein Wunder, zehn Landungen in der Woche können einen jungen, tatkräftigen und abenteuerlustigen Mann halt nicht ganz ausfüllen.

AUSFAHRT MIT DEM SCHNEEMOBIL

Am nächsten Tag steht eine Ausfahrt mit dem "Skooter" auf dem Programm. Ein Skoter ist ein Motorschlitten, einem Schneemoped nicht ganz unähnlich. In den Alpen ist er als Gefährt bei den Hüttenwirten beliebt und läuft unter der Bezeichnung "Skidoo".

Pajala Hotel SmedjanMats Patumella und Thomas Niemi von Pajala Safari (+46 978 107 08 oder +46 978 714 83), haben sich bereit erklärt, mir bei einer Ausfahrt die Gegend zu zeigen. Vielleicht kommen wir auch bei einer Rentierherde vorbei, meinen die beiden geheimnisvoll, als wir uns vor dem Hotel Smedjan, der besten Absteige im Ort, treffen.

Die Skooter sind moderner geworden, seit ich das letzte Mal auf so einem Feuerstuhl Platz genommen habe, ungefähr wie eine Goldwing zu einer Puch 125. Es gibt sogar einen Retourgang, den ich gleich nach ungefähr zwei Metern aktivieren muss, als ich in einer Kurve in der ersten Schneewächte lande, weil ich vergessen habe, mit dem Gas zurückzugehen.

Doch eins nach dem anderen. Im Winter ist es kalt, und auf dem Motorschlitten ganz besonders. Daher ist eine richtige Industrie um diese Dinger entstanden. Jede Familie im Norden hat schliesslich mindestens ein solches Gefährt, manche für jedes Familienmitglied eins. Die Jungen warten sehnsüchtig darauf wie bei uns aufs erste Moped.

Daher habe ich im Hotel einen dicken Overall gekriegt, dazu Skooterstiefel, den Moonboots der Siebzigerjahre nicht unähnlich, warme Handschuhe hatte ich selber und einen Helm setze ich auch auf. Zu oft hört man von Unfällen, die glimpflich enden, weil der Kopf von einem Helm geschützt war.

Der Motor wird wie ein Bootsmotor mit Leine angezogen/gestartet. Ein kleiner Handhebel ist das Gas und links an der Lenkstange sitzt die Bremse. Es gibt nur einen Gang und meistens fährt man nicht schneller als ungefähr 40 kmh. Angetrieben wird das Ding mittels einem Band von etwa 40 cm Breite. Gelenkt wird mit zwei Kufen, die extra breit und gut gefedert mit der Lenkstange verbunden sind.

Also nur mehr Gas geben und schon geht's dahin. Sollte man meinen. Ich hatte ganz vergessen, dass eine gewisse Beweglichkeit ein Vorteil ist und sitze wie ein Kartoffelsack auf meinem Skooter. Daher das Missgeschick nach den ersten Metern. Wie beim Radfahren ist es ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn man sich in die Kurve legt beziehungsweise mit dem Körpergewicht das Gleichgewicht hält.

Nun, zum Glück habe ich meine Begleiter, die sofort von ihren Skotern springen, hinten und vorne anreissen und mein Gefährt wieder auf die Spur bringen. Von jetzt an geht es ohne Probleme dahin und nach den ersten Kilometern macht es wir schon wieder riesigen Spass, auf dem zugefrorenen Fluss dahinzuzischen.

Natürlich bleibe ich in der Spur von Matz, der seinen Lappenhund Tschappo vor sich sitzen hat. Trotzdem der Hund gerade erst zwanzig Wochen alt ist, springt er auf und ab und Mats muss nur manchmal ein bisschen nachhelfen.

Es dauert nicht einmal zwei Minuten und wir haben Pajala hinter uns gelassen und befinden uns in einem tief verschneiten Wald. Nach einer halben Stunde hebt Mats den Arm, ein Zeichen dass er stehenbleiben wird. Wir halten am Waldrand. In der Ferne sehen wir einen runden Kegel aus der Ebene herausragen. "Das ist Finnlands höchster Berg", meint Mats stolz.

IM LAPPENTIPI

Dann sitzen wir wieder auf und weiter geht's durch den Föhrenwald. Nach einer Stunde kommen wir zu einem Lappentipi aus dessen Dachöffnung Rauch quillt. Wir halten an und Thomas und Mats meinen, "jetzt ist es zeit für eine Rast". Das Zelt ist etwa zwei Meter hoch und sieht wirklich aus wie ein Indianertipi. Als wir eintreten, schlägt uns zunächst einmal beissender Rauch entgegen.

In der Mitte flackert ein Holzfeuer, rund um das Feuer sind Rentierfelle gelgt. Es ist warm und heimelig. Ein älterer Mann mit scharfgeschnittenen Zügen empfängt uns. "Ich bin Bert," stellt er sich vor. Auch ihn ziert, wie schon Mats und Thomas ein breiter Ledergürtel, an dem zwei Messer hängen. Diese breiten Gürtel mit den glänzenden Beschlägen habe ich früher nur bei den Samen gesehen.

Pajala SafariBert holt eine Bratpfanne hervor, stellt sie aufs flackernde Feuer, eine Scheibe Butter dazu und schon bruzzelt es ganz herrlich. Rentierfleisch, klärt mich Thomas auf. Das wird nach ein paar Minuten in ein dünnes Fladenbrot gegeben, zusammengerollt, wenn es hoch hergeht ein wenig Dressing drauf, und schon hebt ein Schmausen an, das seinesgleichen kaum gesehen hat. Wie immer an der frischen Luft entwickeln alle einen enormen Appetit, die herzhaften Bissen werden mit einem kalten Bier hinuntergespült und ich muss sagen, so lässt es sich aushalten.

Es ist angenehm warm hier im Zelt , der Rauch zieht durch die Öffnung im Zelt ab und alle vier sind wir guter Dinge. Nachdem der erste Hunger gestillt ist, zieht Bert ein weiteres Stück Fleisch hervor. "Eine Spezialität", meint er, "Rentierleber". Zuerst bin ich etwas skeptisch, doch nach einigem Zögern lange ich zu. Ein äusserst positives Geschmackserlebnis erwartet mich. Gewiss, Leber schmeckt immer nach Leber, aber wie schon das andere Fleisch ist auch die Leber des Rentiers zart und zergeht fast im Mund.

Nachdem wir uns derart gestärkt haben, fahren wir weiter. Unser Ziel ist die "Ranch" von Bert. Vor allem sein Rentiergehege. Da hat er ungefähr zwanzig Tiere, die er den Winter über durchfüttert, weil sie allein in der Natur wohl nicht den harten Winter überleben würden.

Mit einem letzten Aufheulen halten wir unsere Skoter an. Das Motorgeräusch stirbt ab und nach dem Lärm der Maschinen ist es jetzt total still. Bis auf die Glocken der Rentiere, die aufgeregt im Gehege herumlaufen. Rentiere sind nur halbdomestiziert und nehmen sofort Reissaus, wenn sie auf einen Menschen stossen.

Mats holt sich ein Lasso, rollt es fachgerecht auf und wir treten in das Gehege. Wenn man im Fernsehen oder bei den Rentierscheidungen sieht, wie die Lappen gekonnt ihre Lassos werfen, sieht es ganz einfach aus. Doch als Mats fünfmal wirft und immer wieder die Rentiere die Schnelleren sind, merke ich, dass das doch nicht so einfach sein kann. Zuletzt gibt Mats erschöpft auf, drückt mir das Lasso in die Hand und meint: "Versuch du es. Anfänger haben oft Glück".

Wie gern würde ich jetzt berichten, dass mir das Kunststück gelungen ist, doch ich muss gestehen, auch mit allen Tricks, die mir in der Eile einfallen, wie hinter einem Baum verstecken, oder dass Mats und Thomas die Rentiere zu mir treiben, - ich bin nicht erfolgreicher als Mats. Einmal verfängt sich ein Rentier mit seinem Geweih, doch ich habe wie Obelix beim Fischefangen nicht nur die kreisrunde Öffnung nach dem Tier geworfen, sondern das ganze Lasso. Ich habe nichts mehr in der Hand, um die Schlinge zuzuziehen!

Beschämt warten wir auf das Eintreffen von Bert. Er lacht nur gutmütig, holt sich sein Lasso, und schon beim ersten Vorbeilaufen, hat er sich ein Rentier herausgeholt. Wie sehr wehrt sich dieses gegen die Freiheitsbeschränkung. Als ginge es ums nackte Überleben stemmt es sich alle vier Läufe auf den Boden, schüttelt den Kopf mit dem mächtigen Geweih, macht aber keine Anstalten, sein Heil im Angriff zu suchen. Bert zieht das Tier zu sich heran und nach einer Minute lässt er es wieder laufen.

Als wir uns die kleine Holz gezimmerte Lappenkate anschauen, die er gebaut hat und vom Holzhaus über den Fluss schauen, fällt mir auf, wie toll das alles gelegen ist. "Sag, lebst du denn hier allein?" entfährt es meinem Mund. "Naja, bis vor einem halben Jahr habe ich hier mit einer Frau gewohnt", meint Bert, "sie hatte auch einen guten Job bei einer Bank. Doch plötzlich hat sie einen Ruck gekriegt. Sie hat nur gemeint, hier sei nichts los und ist von heute auf morgen ausgezogen. Jetzt arbeitet sie in Umeå".

Für mich ist das zwar unverständlich, aber Bert scheint es nicht weiter schlimm zu finden. Als Mats zum Weiterfahren drängt, meine ich, "du wirst dir schon wieder eine Frau finden". Bert ist nicht ganz so überzeugt, Frauen sind Mangelware hier heroben, doch schon nach kurzem lacht er wieder, steckt sich eine selbstgedrehte Zigarette zwischen die Lippen, zuckt die Schultern und sagt: "Komm doch wieder im Sommer, da fangen wir die tollsten Lachse im Fluss, direkt vom Ruderboot aus."

Bei der Rückfahrt dunkelt es bereits aber wir fahren trotzdem noch bei einer Quelle vorbei, die den ganzen Winter über nicht zufriert. "Ja, da holen wir uns das Wasser für den Kühler unserer Autos, da sparen wir uns das Frostschutzmittel", schmunzelt Mats. Wir steigen ab und kosten von dem Wasser, es ist frisch und spritzig. "jetzt bleibst du das ganze Jahr über gesund," meint Thomas, "wie jeder, der von unserer Quelle trinkt".

Passt, denke ich und nehme noch einen guten Schluck.


IM EISHOTEL VON JUKKASJÄRVI

Am nächsten Tag spüre ich zwar meine Muskeln, doch was ist schon ein bisschen Muskelkater gegen ein so tolles Erlebnis, wie es eine Ausfahrt mit dem Motorschlitten nun einmal ist. Vom Bewundern und Erleben der Natur geht es heute nach Jukkasjärvi, wo ich mir unbedingt das Eishotel ansehen will, von dem ich schon so viel gehört habe.

180 Kilometer zauberhafter Winterlandschaft sind von Pajala nach Kiruna zu durchqueren. Elf Kilometer vor Kiruna zweigt die Strasse nach Jukkasjärvi ab. Ich hatte schon vor ein paar Jahren einen Versuch gestartet, aber kam damals im Mai hierher, als von dem stolzen Eishotel nur mehr ein Schneehaufen übrig war. Denn das Eishotel wird alljährlich aus Eis und Schnee wieder neu aufgebaut. Es sieht daher auch nie ganz gleich aus, sondern immer wieder verschieden.

Jukkasjärvi EishotelNach den zehn Jahren seines Bestehens hat das Eishotel inzwischen ein Renommee, das man kaum für möglich halten würde. Aus aller Welt kommen die Menschen angereist, um eine Nacht auf einem Eisbett zu ruhen, an der Absolut Eisbar einen, na, was schon, Wodka zu schlürfen (Bier und Wein würden frieren) und am Tag darauf eine erfrischende Ausfahrt mit dem Hundeschlitten auf dem Fluss zu machen.

Japaner, Amerikaner, Deutsche, Engländer - alles ist vertreten, nur kaum Schweden. Diese halten Jukkasjärvi für eine Touristenfalle und wirklich ist, als ich ankomme, alles durchorganisiert und nur auf den Touristen abgestimmt, dass man an den Ballermann 69 erinnert wird und nicht an ein Gesamtkunstwerk aus Eis.

Natürlich ist das etwas übertrieben, doch gibt es in ganz Schweden kaum einen ähnlichen touristischen Magneten, wenn man einmal vom Pippi Langstrumpf Land absieht, das ähnliche Besucherzahlen anlockt. In der Rezeption geht es zu wie auf einem internationalen Flughafen, ein leichtes Brausen aus vielen verschiedenen Sprachen liegt in der Luft, die Hostessen sind einheitlich gekleidet und an Geschäftigkeit kaum zu überbieten.

Cindy CrawfordIrgendein Supermodell, ich glaube es ist Cindy Crawford, posiert auf Postern zwischen den Eisblöcken, wie muss sie gefroren haben, die Arme, aber ich tröste mich bei dem Gedanken, dass ihr auf dem Weg zur Bank wieder warm geworden ist. Die Souvenirs, die angeboten werden, gehen von eingelegten und kandierten Früchten bis zum Likör oder Jacken aus Rentierfell.

Doch all das ist nur der Vorgeschmack. Das Hotel ist ein riesiger Schneehaufen, später sollte ich erfahren, dass eine Fläche von 5000 Quadratmetern verbaut wird. Pfeiler aus Eis halten die Gewölbe aufrecht, Eisskulpturen stehen in den Gängen. Die Schlafzimmer sind in Eisnischen gehauen. Jedes Zimmer wurde von einem anderen Künstler gestaltet und mit Eisfiguren versehen.

Das riesige Doppelbett aus Eis sieht recht heimelig aus mit den Rentierfellen und im stolzen Preis von 1500 Kronen (€ 170.-) pro Nacht inbegriffen ist der Schlafsack, der bis minus 25 Grad ausreichend Wärme garantiert. Voriges Jahr hatte man eine ganze Woche lang minus 45 Grad! Doch draussen kann es so kalt sein, wie es nur will, im Iglu herrscht eine konstante Temperatur von etwa minus drei Grad.

In einem der Gänge ist ein Eisthron aufgestellt. Hier hat Königin Silvia vor kurzem einem deutschen Fernsehsender stilecht ein Interview gegeben. Heute nimmt unsere Führerin, jaja, es werden sogar Führungen veranstaltet, die hübsche Lotta, die es aus Malmö (!) hierher verschlagen hat, Platz, und lächelt den Fotografen huldvoll in die Linse.

Natürlich darf in einem Hotel die Kapelle nicht fehlen, wo sich alle Jahre wieder einige Brautpaare das Jawort geben. In der Eisbar wird der Drink in einem Eisglas serviert, das sind also wirklich aus dem Flusseis gewonnene Gläser, in die der Wodka eingefüllt wird. Hohe Wände aus gebrauchten Gläsern zeugen von der Trinkfestigkeit der Besucher, denn die Gläser sind natürlich nur einmal zu verwenden und dadurch hat jeder Gast sein "persönliches" Glas.

Neben dem Eishotel entsteht eine Halle, in der Schwedens kältester Punkt angepriesen wird. Minus 54 Grad das ganze Jahr über. Da der Winter heuer erst spät gekommen ist, hatten die Verantwortlichen für das Eishotel einige bange Wochen erleben müssen und mit drei Wochen Verspätung ihr Eishotel zu bauen begonnen.

Daher will man jetzt aus der Not eine Tugend machen und in der Halle das ganze Jahr über die Minusgrade aufrecht erhalten und dadurch Eisblöcke für das nächste Jahr bereits heuer vorfrieren. So kann auch im Sommer mit ein paar Touristen gerechnet werden, die sich gern Schwedens kältesten Punkt anschauen wollen und im Sommer ein gruseliges Frösteln spüren wollen.

Fortsetzung: Im Urlaubsmärchenland Teil 4


Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Pajala Turistinfo:Malmen, S-984 32 Pajala, Tel: +46 978 10015, Fax: +46 978 714 41

Pajala Safari: Tel:+46 978 107 08 oder +46 978 714 83

Hotel Smedjan: Fridhemsvägen 1, S-984 31 Pajala, Tel: +46 978 108 15, Fax: 046 978 717 75

Pajala Airport:S-984 91 Pajala, Tel: +46 978 511 10, Fax: +46 978 711 50

Jukkasjärvi Eishotel: Marknadsvägen 63, S-981 91 Jukkasjärvi, Tel: +46 980
66800, www.icehotel.com

Ferienhauszentrale und Jugendherberge Docksta: Skoved, 870 33 Docksta, Tel: +46 613 130 64

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Last Updated: Donnerstag, 4. September 2008
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