Hallo
Freunde, habe gerade die ersten Zeilen des vorigen ezines angeschaut
und kann Euch mitteilen, dass die Sonne immer noch scheint. Ein
wunderbarer Wanderherbst ist somit ein Faktum. Alle Leser, die sich
jetzt irgendwo in den schwedischen Bergen oder Wäldern auf
Wanderschaft befinden, haben den Zeitpunkt für Ihre Wanderung
wahrlich gut gewählt. Wie Michael, der seit gestern in Jämtlandsfjäll
von Vålåstugan Richtung Sylarna und weiter zum Helags
(http://www.schwedenoutback.com/helags.htm)
unterwegs ist.
Übrigens
habe ich genau um diese Zeit voriges Jahr den Padjelanta (http://www.schwedenoutback.com/padje1.htm)
durchwandert und ebenfalls Traumwetter gehabt. Der Herbst ist und
bleibt somit nicht zuletzt wegen des stabilen Wetters und der wunderschönen
Herbstfarben die beste Wanderzeit. Apropos Herbstfarben so erstrahlt
zur Zeit ganz Schonen im schönsten Blätterglanz. Der Herbst
taucht die Buchen-, Eichen- und Ebereschenwälder in die schönsten
Farben: Von Ocker über Kaminrot bis ins helle Orange ergibt
das eine Farbenvielfalt wie sie wohl kein Maler schöner erfinden
kann. Ein Tag in der Natur entschädigt uns für viele Rückschläge
und lässt uns den Stress des Alltags vergessen.
Heute
wollen wir die Serie über sicheres Wandern mit einem Resümee
beenden. Zuerst ein kurzer Rückblick. Was haben wir uns gemerkt
aus den verschiedenen Beiträgen?
EIN
KÜHLER KOPF UND GESUNDE VERNUNFT
Zuerst
und vor allem wohl: mit einem kühlen Kopf und gesunder Vernunft
kommt man weit - nicht nur im Leben, sondern auch in den Bergen.
Nerven bewahren und das Risiko überschaubar halten und wenn
alles nichts mehr hilft, lieber umdrehen als unnötigerweise
ein Risiko eingehen. Wir brauchen uns in der Natur nichts beweisen.
Wir sind nicht da, um ein Rennen zu gewinnen, sondern um uns an
der Natur zu erfreuen und uns selber vor Augen zu führen, was
wir alles während des Alltags im Büro versäumen.
Vielleicht
auch um auf bessere Gedanken zu kommen und uns einmal zu überlegen,
wohin wir uns denn bewegen mit unserer Technik und Umweltverschmutzung
und dem unglaublichen Stress, den wir uns selber aufhalsen. Letztens
war ich in einer Autowerkstatt und wollte ein paar Batterien besorgen.
Neben mir stand ein Mann, dessen Handy pausenlos klingelte. Klingelte
es einmal nicht, so wählte er die Nummer seines Büros,
um irgendwelche Termine umzuleiten oder sonst etwas. Da fiel mir
ein, wie geruhsam doch die Zeit vor dem Handy war: Der Mensch konnte
sich Freiräume schaffen und wenn er unterwegs war, nun, dann
war er eben einmal für ein paar Stunden nicht erreichbar. Und
das war auch gut so. Ich kann mich an so manche angenehme Stunde
erinnern, die ich träumend an einem See gesessen bin, weitab
von Büro und Stress. Denn man braucht einfach Ruhe und muss
irgendwann einmal abschalten dürfen auch am Tag, auch unter
der Arbeitszeit. Denn Batterien, auch die menschlichen, müssen
geladen werden. Und das Wochenende allein oder die wenigen Urlaubswochen
sind zu wenig, zumindest was eine ordentliche Lebensqualität
betrifft.
STIEFEL
ODER SCHUHE?
Was
haben wir noch gesehen? Nun, wie der Bericht von Verena und Henry
gezeigt hat, ist bei einem regenreichen Sommer halt mit Wanderschuhen
nicht viel Staat zu machen. Die Schweden werden schon wissen, warum
sie mit Gummistiefeln wandern gehen. Moore und Sümpfe und Flussfurtungen
sind halt nun einmal mit Stiefeln besser zu überwinden als
mit Schuhen. Da ist nichts gegen zu sagen.
Dennoch,
unsere Wahl ist klar: Bei Wanderungen auf Berge wie Kebnekaise oder
Helags etc. also wo man raufgehen muss: Nur Wanderschuhe und da
richtige mit hohem Schaft und guter Sohle. Keine Turnschuhe oder
Textilschuhe. Das gilt auch für Wanderungen durch die grossen
Naturreservate und Wanderwege wie Kungsleden oder Padjelanta und
auch die Weitwanderwege im Süden wie Schonenwanderpfad oder
Bergslagsleden.
Weiters
haben wir gesehen, dass auch Einheimische vor Fehlern nicht gefeit
sind, also im Zweifelsfall lieber der eigenen Vernunft und Erfahrung
gehorchen als sich blind auf den Rat Unbekannter verlassen. Natürlich
ist bei der Wegwahl die Chance grösser, dass ein Einheimischer
den richtigen Pfad kennt, aber trotzdem ist immer Vorsicht geboten.
Dies gilt vor allem dann, wenn man sich einfach an eine Gruppe anhängt
im Vertrauen darauf, dass diese den richtigen Weg finden wird.
Auch
wenn sie das tut, man weiss nie, wie schnell diese Leute unterwegs
sind, wie das Wetter wird, und ob die gewillt sind, auf die Nachzügler
zu warten. Daher eigene Orientierungsmittel wie Karte, Kompass und
GPS selber mitführen. Wobei jeder Teilnehmer einen eigenen
Kompass mitführen sollte und Alleingeher zwei.
KARTE
KOMPASS GPS
Übrigens
ist es sicher ein Vorteil, wenn man sich beim Gebrauch von Karte
und Kompass auch ein bisschen auskennt. Also am Abend vorher einige
Fixpunkte auswählen und dort mit Bleistift die Marschzahl (Kompasskennung)
für den weiteren Weg eintragen, dann erspart man sich das Herumfummeln
mit der Karte im Regen oder bei Wind.
Ganz
wichtig ist der Biwaksack im Rucksack. Der verleiht dem Wanderer
die Gewissheit, dass, egal was passiert, er sicher nicht erfrieren
wird bei einer Nacht im Freien. Hat er dann noch Trangiakocher,
Sprit und Zündhölzer dabei, dann kann eigentlich gar nichts
mehr schiefgehen. Ganz normale Aspirin wirken Wunder, wenn es um
Ermüdungserscheinungen geht (und wirken als Blutverdünnungsmittel
bei niedrigem Blutdruck).
Ansonsten
gehören in die Wanderapotheke ein paar gute Pflaster, ein Verband,
ein Stützstrumpf oder eine elastische Binde und eine Wundsalbe.
Wer für Hämmorhoiden anfällig ist, sollte eine Salbe
mitführen. Klopapier (auch vorbefeuchtetes) und ein kleiner
Handspaten für die Beseitigung der Ergebnisse der guten Verdauung
gehören ebenfalls zur wohlsortierten Apotheke.
REGENSCHUTZ
ODER GORETEX UND ALTE TURNSCHUHE
Regenschutz
ist auch noch unbedingt zu erwähnen. Inzwischen gibt es so
viele Marken, dass der Überblick fast unmöglich ist. Viele
davon sind atmungsfähig, zumindest behauptet der Hersteller
das. Gegen einen richtigen Landregen ist trotzdem nur ein Kraut
gewachsen: Eine Goretexausrüstung. Sauteuer, aber es hilft.
Wem das zu teuer ist für zwei Wochen im Jahr, der wird sich
mit ganz normalem Regenzeug behelfen müssen.
Ich
persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass ein alter Gummiregenschutz
(Umhang) Modell Fünfzigerjahre genauso gute Dienste leistet
wie ein moderner Regenanzug. Bei besserer Ventilation und ausserdem
kann man den Rucksack darunter tragen. Ansonsten empfiehlt sich
ein Regenschutz für den Rucksack. (Richtige Grösse kaufen!)
In
den Schuhen, das haben wir von Rainer gelernt, trägt der Profi
ganz normale Wollsocken. Ich selber habe recht gute Erfahrungen
mit Wandersocken aus neuen Geweben gemacht, die eigentlich die meiste
Zeit einen trockenen Eindruck für den Fuss vermitteln. Allerdings
gilt das wahrscheinlich nur für Schuhe, die keine Goretex-Beschichtung
haben. Doppelt gemoppelt, also Goretex und Regen und Socken, die
den Schweiss der Füsse direkt nach aussen transportieren -
dagegen gibt es noch kein Heilmittel. Irgendwo wird es eben feucht.
Für
Flussfurtungen empfiehlt sich das Mitführen alter Turnschuhe.
Oder gleich die Bergschuhe anbehalten. Für feuchte Gummistiefel
gibt es ein Hausmittel: das Mitführen eines Säckchens
mit Erbsen. Über Nacht saugen die Erbsen die Feuchtigkeit auf
wie ein Schwamm. Können mehrmals verwendet werden. Und dann
noch als Notration den ärgsten Hunger stillen.
Beim
Wandern im Herbst ist ohne weiteres eine lange Unterhose möglich.
Zwickt nicht und wärmt und modernes Gewebe sorgt für ausreichend
Ventilation. Kombinierer wie Radwanderer sind auch mit einer Radlerhose
unter der Wanderhose gut beraten.
LODENHOSE
NEU
Als
Wanderhose ist die Hose von Fjällräven optimal. Sie ist
d ünn, trocknet sofort und ist extrem leicht zu tragen. Auch
bei der ärgsten Sommerhitze angenehm kühl und im Herbst
hat sie genug Platz für die lange Unterhose. Im Spätherbst,
wenn schon mit ersten Frostnächten zu rechnen ist, geht nichts
über die gute alte Lodenhose. Ein Tip: In Jokkmokk gibt es
eine Schneiderei, die sich ganz auf die Erzeugung von Lodenkleidung
konzentriert hat. Es handelt sich dabei um Atelier Polstjärnan
in der Hantverkaregatan 9 in S-962 32 Jokkmokk (Tel. +46 971 126
73).
Das
sind Kleidungsstücke fürs Leben, die man dort besorgt.
Kleine Lederdetails an Säcken und an besonders gefährdeten
Stellen wie Beinabschluss etc. sind strapazierfähig und machen
aus einem Kleidungsstück ein ästhetisches Erlebnis. Echt
gut, weil warm und luftdurchlässig. Wärmt auch bei Regen,
Schnee und anderen Feuchtigkeitsquellen.
Für
den Oberkörper ist Schweiss nach aussen tragendes Gewebe eine
gute Erfindung. Ich trage beim Wandern nur mehr solche Hemden und
fühle mich pudelwohl damit. Denn es gibt nichts Unangenehmeres
als Baumwolle, die nach den ersten Kilometern für den Rest
des Tages feucht am Rücken klebt. Astri, Salewa sind einige
Marken, Löffler auch übrigens.
Oben
drüber ein Fleecepullover oder ein selbstgestrickter Wollpullover.
Es gibt auch diese wunderschönen norwegischen Schurwollpullover,
die an den Achselpartien fast wie Loden verwebt sind (Norlaender,
pure new wool). Die sind ein Zeugnis dafür, dass der Mensch
sich immer schon zu helfen gewusst hat. Diese uralte Tradition ist
ebenso effektiv wie die modernen Gewebe - und leider auch fast genauso
teuer. Etwas für die Traditionalisten unter uns, die sich für
die Umwelt Gedanken machen.
Als
Halstuch empfiehlt sich ein "snusnäsduk", ein farbenprächtiges
Tuch, wie es die Samen bevorzugt um den Hals tragen. Wird mit einem
Kragenknopf aus Rentierhorn zusammengehalten und lässt sich
so verstellen. Sehr angenehm im Sommer, denn dann können die
Mücken nicht beim Hals reinfliegen.
MÜCKENSCHUTZ
Mückenschutz
ist im Sommer unbedingt notwendig: Dschungelöl, nicht ganz
so effektiv wie das alte aber immerhin, oder MyggA gibt es im Norden
in allen Tankstellen oder Apotheken. Für Wanderungen empfiehlt
sich ausserdem für empfindliche Personen ein ganz normales
Mückennetz, das über den Hut gestülpt wird und bis
auf die Schultern abfällt.
Für
das Zelt und oder vor allem die Schutzhütte gibt es verschiedene
Mückenmittel in Tablettenform, die man über eine Kerze
hält und dadurch den Mücken durch den Geruch das Dasein
verleidet. Sonst kann es passieren, dass du die ganze Nacht kein
Auge zutust wegen der ständigen Angriffe der lautstarken Mückengeschwader,
siehe: (http://www.schwedenoutback.com/rane.htm).
Lippenschutz
(gegen Fieberblasen gibt es übrigens ein hervorragendes Mittel
in der schwedischen Apotheke, heisst Munsår und dann noch
eine bei Herpes Vectavir 1%. Beide ohne Rezept erhältlich.
Sonnenschutz und Sonnenbrillen, Käppi oder Hut (vor allem wegen
der Mücken) Mütze im Herbst oder zum Schlafen im Zelt.
Brillenträger werden im Herbst bei Schneegestöber mit
einer Schneebrille gut beraten sein.
Im
Herbst natürlich ein leichter Anorak mit Kapuze (auch hier
Goretex ideal). ODER: Lodenjacke von Polstjärnan. Atmungsaktiv
ohne bei der Herstellung die Natur zu belasten!
Der
Rucksack ist ein Kapitel für sich. Ehrlich gesagt bin ich da
nicht sehr wählerisch. Hüftgurt ist wichtig, der auch
wirklich auf der Hüfte aufliegt. Wenn möglich recht stabil,
also nicht weich und schwammig. Die schweren Sachen möglichst
hoch und nahe am Körper packen.
Wasserflasche
aussen oder überhaupt am Gürtel mittragen - noch besser
eine "kåsa", das ist ein Trinkgefäss aus Holz,
wie es die Samen tragen. Am Gürtel in einem Karabiner, kann
bei jedem Bächlein losgeklinkt werden und man labt sich schnell
und problemlos. Ab Jämtland nordwärts ist das Wasser aus
Bächen problemlos zu trinken. (Im Fjäll sowieso).
Ach
ja, was wäre wohl eine Wanderung ohne ein Lagerfeuer? Zum Anzünden
anstelle des Papiers Birkenrinde verwenden. Oder die Flechten, die
von den Nadelbäumen herunterhängen. Oder Moos, das auf
den Zweigen der Nadelbäume wächst. (Je weisser desto brennt).
Für jene, die der Natur nicht trauen: ein Tampon soll sich
auch ausgezeichnet dafür eignen und ist sehr leicht.
Jetzt
für alle Ausrüstungsgegenstände für jene, die
es auf einen Blick haben wollen, in Tabellenform. (Erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit):
1.
Für die Füsse:
Gummistiefel oder Wanderschuhe.
Unser Tip: Lundhags Wanderstiefel.
Wollsocken oder Strümpfe aus modernem Gewebe.
Alte Turnschuhe für Furten
2.
Wanderhose:
Lange Hose.
Unser Tip: Fjällräven (für Sommer)
Lodenhose.
Unser Tip: Massgeschneidert im Atelier Polstjärnan in Jokkmokk
(für Herbst und Winter)
3.
Unterwäsche:
lange Unterhose (ab September)
Unterhemd
Radlerhose
Modernes Gewebe.
Unser Tip: Löffler
4.
Hemden:
modernes Gewebe, lang Arm wegen der Mücken.
Unser Tip: Asti, Salewa.
Flanell für den Abend in der Hütte
5.
Pullover:
Fleece
Schurwolle.
Unser Tip: Norlaender pure new wool (norwegisches Modell mit verstärkter
Schulterpartie)
6.
Regenbekleidung:
Goretex
Regenumhang
Regenschutz
Regensack für Rucksack
Anorak.
Unser Tip:Lodenjacke vom Atelier Polstjärnan
7.
Mütze
Käppi
Wintermütze für den Herbst, auch zum Schlafen im Zelt
8.
Sonstiges:
Biwacksack
Campingkocher: Unser Tip: Trangia (Sprit nicht vergessen!)
Zündhölzer
Mückenschutz. Unser Tip: MyggA (erhältlich in Apotheken)
Wanderstock
Aspirin
Verbandszeug. Unser Tip: Tigerbalsam (gegen Muskelkater und Verstauchungen).
Munsår und Vectavir 1% (gegen Fieberblasen)
Messer
Tampons, Monatsschutz
Klopapier und Spaten (im Fjäll auf Felsen Papier verbrennen)
Kåsa (Trinkgefäss)
Taschenlampe. Unser Tip: Maglite Mini
Kompass
Wanderkarte für das entsprechende Gebiet. Unser Tip: Fjällkartan
von Lantmäteriet
GPS. Vorher entsprechend programmieren
Wasser, Tee
Jause. Unser Tip: Tiroler Speck und Emmentaler Käse.
Notration. Unser Tip: Erbsen (eignen sich auch für feucht gewordene
Gummistiefel zum Trocknen). Fischdose.
Fahrtenmesser.
Wanderstock. Gut beim Furten.
Achtung: Kein Empfang fürs Handy im Fjäll.
Tip: In den Schutzhütten gibt es ein Nottelefon das direkt
zur Bergrettung (Polizei) geht.
Gute Laune, gesunde Vernunft, klarer Kopf, gute Kameraden.
Damit
haben wir unsere Serie zur Bergsicherheit abgeschlossen. Sollte
Euch etwas fehlen oder habt Ihr Tips, schreibt uns bitte. Bis zum
nächsten Mal, See you at the top. Euer Edi Nöstl.
Die
übrigen Beiträge zur Bergsicherheit findet Ihr hier:
Teil1
Teil
2
Teil3
Teil4
Teil5
Teil6
Last
Updated: Donnerstag, 4. September 2008
Copyright 1999-2008 Dr. Eduard Nöstl
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