STOCKHOLM
Verwunschene
Gärten,
verzauberte Schlösser
in und um Stockholm
Eigentlich
wurde der Grundstein für das Schloss
Stockholm bereits im zwölften Jahrhundert
gelegt. Sein heutiges Aussehen wurde ihm
in den Jahren 1692-95 verpasst, als Karl
XI. dem Architekten Nikodemus Tessin den
Auftrag erteilte, "eine Residenz
zu gestalten, die einem absolutistischen
Monarchen würdig ist".
Tessin
lies sich das nicht zweimal sagen, spuckte
in die Hände und machte sich ans
Werk. Der Nordflügel und das obere
Stockwerk wurden neu gestaltet. Tessin
hatte ausserdem das Glück, dass das
alte Schloss, das ihm sowieso ein Dorn
im Auge gewesen war, 1697 abbrannte, wodurch
er einen Plan für eine ganz neue
Schlossanlage vorlegen durfte, einen Plan,
den er bereits in der Schublade liegen
hatte.
Der
Bau wurde zwar unmittelbar begonnen, doch
inzwischen war auf Karl XI. der Soldatenkönig
Karl XII. gefolgt, dessen ständige
Lust am Kriegführen die Staatskasse
stark in Anspruch nahm. 1710 kam daher
die Bautätigkeit zum Erliegen, doch
konnte sich Tessin noch kurz vor seinem
Tod 1728 über die Wiederaufnahme
der Bautätigkeit freuen.
Wie
damals üblich, ging die Leitung der
Bautätigkeit vom Vater auf den Sohn
über. Carl Gustaf Tessin konnte aber
bei Kreativität und Durchsetzungsvermögen
nicht mit seinem Vater Schritt halten,
sodass als eigentlicher Drahtzieher und
architektonischer Testamentsvollstrecker
Nikodemus Tessins der Architekt Carl Hårleman
zu nennen ist, der sich genau an die Pläne
von Vater Tessin hielt. Dadurch entstand
das Schloss Stockholm. Mit seinen über
tausend Fenstern ein Alptraum für
jeden Fensterputzer. Für Puristen:
es handelt sich um ein Rokokoschloss.
1770
war das Schloss endlich fertig, bereits
1754 waren Adolf Fredrik und Lovisa Ulrika
in die unteren zwei grossen Schlosswohnungen
eingezogen.
Nach
wie vor ist das Schloss Residenz des schwedischen
Königs. Das sollte sich jeder Besucher
vor Augen halten. In den Teilen, die der
Öffentlichkeit zugänglich sind,
lässt sich schwedische Geschichte
studieren: Im Keller des nördlichen
Flügels befindet sich das Schlossmuseum,
wo Mittelalter und ältere Geschichte
nachvollzogen werden kann.
Ganz wichtig ist die sogenannte schwedische
Grossmachtzeit, also jene Zeit, da Schweden
die beherrschende Macht im nördlichen
Europa war und seine Grenzen weit bis
nach Süden und Osten vorgeschoben
hatte. Damals war die Ostsee ein nahezu
rein schwedisches Binnenmeer! Dieses Grossmachtgefühl
äusserte sich im Streben nach repräsentativer
Pracht, die sich in den Fassaden und Treppenhäusern
aber auch in den Paraderäumen der
Festgemächer spiegelt.
Rein
zeitlich gesehen ist es die Zeit vor dem
Dreissigjährigen Krieg bis zum Tode
Gustaf II Adolfs. Reichskanzler und Architekt
des schwedischen Reiches war Axel Oxenstierna
(s. Schloss Tidö),
ein moderner Beamter, der seinem Königshaus
hunderprozentig treu ergeben war und der
den für Schweden extrem vorteilhaften
Frieden von Brömsebro aushandelte.
Die
geschwungene Eleganz und er Farbenreichtum
des Rokoko sowie der Klassizismus der
gustavianischen Zeit (Rokoko) sind in
den übrigen Stilen des Schlosses
vorherrschend.
Schatzkammer
und Rüstkammer beherbergen die Reichsinsignien
und andere Kleinode. Hier lässt sich
der Werdegang der schwedischen Monarchie
von Gustav Vasa bis zur jetzigen Bernadotte
Dynastie nachvollziehen.
Stockholm
hat durch die Jahrhunderte hindurch eine
rege Bautätigkeit erfahren. Nicht
zuletzt der königliche Hof hat dieses
architektonische Interesse gefördert.
Über ganz Stockholm liegen diese
Perlen der Baukunst verstreut, die einen
versteckt und geheimnisvoll wie das Schloss
Rosendal oder Rosersberg, andere wiederum
sonnen sich selbstbewusst in der allgemeinen
Aufmerksamkeit wie Schloss Gripsholm oder
Drottningholm.
Schloss
Rosendal
Schloss Rosendal war ursprünglich
ein einfaches Forsthaus, ehe es Kronprinz
Karl Johan 1817 erwarb. 1823-27 wurde
das Schloss in seiner heutigen Form nach
Zeichnungen des Architekten Fredrik Blom
aufgeführt. Rosendal ist ein Schloss,
das sich alle Feunde der Bernadotte Dynastie,
also des jetzigen regierenden Königshauses,
merken sollten. Bereits 1911 wurde hier
ein Museum des ersten Bernadottekönigs
eingerichtet, mit der eleganten Bettstatt
Karl XIV als Höhepunkt.
Führungen
werden vom 1. Juni bis 20. September veranstaltet,
Dienstag bis Samstag zu jeder vollen Stunde
von 11-16 Uhr. Sonntage und Feiertage
zu jeder vollen Stunde zwischen 13 und
16 Uhr. Zum Schloss Rosendal kommen Sie
mit dem Bus 47 nach Bellmannsro, danach
wartet ein kleiner Spaziergang von ungefähr
10 Minuten. Von der Djurgårdsbrücke
dauert es ca. 20 Minuten zu Fuss.
Schloss
Rosersberg
Über
Stockholm verteilt gibt es gar viele königliche
Lustschlösser. Die meisten davon
stammen aus der sogenannten gustavianischen
Zeit, als Gustav III und seine jüngeren
Brüder Karl XIII und Fredrik Adolf
eine intensive Bautätigkeit entfalteten,
als ob sie sich gegenseitig in der Prunkentfaltung
und Phantasie übertreffen wollten.
Schloss
ist nicht Schloss und die Unterschiede
sind interessant zu beobachten. Ein Vergleich
von etwa Schloss Haga Gustav II mit Tullgarn
von Fredrik Adolf oder Rosersberg von
Karl XIII macht diese Unterschiede deutlich.
Man
könnte fast sagen, an diesen drei
Bauwerken lässt sich der unterschiedliche
Charakter der drei Bauherren nachvollziehen.
So wurden für Haga und Tullgarn die
besten Maler und Bildhauer der gustavianischen
Epoche bemüht, die den beiden Schlössern
ein Flair von Pracht und Luxus und Prestige
verleihen sollten. Wohl ausgewogene Eleganz
und Schönheit in klassischer römischer
Form ist das Resultat.
Herzog
Karl dagegen war eine einfache Soldatennatur
und konnte mit diesem, wie er meinte,
pompös-pathetischen Stil nichts anfangen.
Er liess mit Rosersberg einem eher romantisch
angehauchten Lebensideal Ausdruck verleihen.
Nicht
die Klassik sollte Vorbild sein, sondern
Schloss und Park sollten Zeugnis geben
für den hohen moralischen Anspruch,
den der junge Mann an sich und seine Umgebung
stellte. Stille Einfalt und edle Grösse
schienen der soldatischen Natur des Herzogs
eher zu entsprechen als übertriebene
Prunkentfaltung. Merkwürdigerweise
wurde gerade dieser Stil als Klassizismus
Karl XIII der Nachwelt überliefert.
Sehenswert
ist der sogenannte Hoglandsaal der an
die Seeschlacht von Hogland im finnischen
Meerbusen 1788 erinnert. Karl XIII war
schliesslich und endlich Grossadmiral
der schwedischen Flotte.
Hagapark
und der Pavillon Gustav III vermitteln
ein ganz anderes Bild. Gustav III liess
1786 den Grundstein für diesen Pavillon
legen. Antike und italienische Renaissance
waren die Vorbilder des Innenarchitekten
Louis Masreliez, während Olof Tempelman
für den äusserlichen Rahmen
verantwortlich zeichnete.
Man
sollte diesen Pavillon nicht mit dem Schloss
Haga verwechseln, das heute von der schwedischen
Regierung hohen ausländischen Staatsgästen
als standesgemässe Unterkunft zur
Verfügung gestellt wird.
Interessant
ist auch der Haga Park, der im
Stil der damals überall aufkommen
englischen Gärten gehalten ist. Der
Park entstand auf Initiative Gustav III
unter Architekt Fredrik Magnus Piper.
Haga wurde zu dem Ort, wo sich der König
am liebsten aufhielt. Dieser Park hat
auch noch eine andere kulturelle Bedeutung,
denn hier stimmte der bekannte schwedische
Bänkelsänger Carl Michael Bellman
mit der Laute in der Hand seine Picknicklieder
an, die heute zum Grossteil ins schwedische
Volksliedergut eingegangen sind.
Nach
Haga kommen Sie mit dem Bus 515 der sie
direkt bis zum Eingang des Parks bringt.
Schloss
Gripsholm
Bei einer Aufzählung schwedischer
Schlösser in und um Stockholm darf
natürlich Schloss Gripsholm nicht
fehlen. Kaum ein anderes Schloss hat wohl
einen derart klingenden Namen in deutschen
Ohren. Die bittersüsse Liebesgeschichte
des deutschen Barden hat diesem königlichen
Bauwerk zu einem unsterblichen Ruhm weit
über die Grenzen Schwedens hinaus
verholfen.
Kurt
Tucholsky wollte übrigens auch nach
seinem Freitod nicht von Gripsholm lassen,
sein Grab, zu dem heute noch Tausende
Besucher alljährlich wallfahrten,
ist auf dem Friedhof von Mariefred zu
finden.
Gripsholm
nähert man sich am besten auf dem
Wasserweg. Kleine Dampfer laufen von Stockholm
aus mit Kurs auf Mariefred und Gripsholm.
Ein witziger Beobachter hat einmal gemeint,
eine solche Fahrt sei wie eine fröhliche
Pilgerreise.
Mariefred
sieht man zuerst, die Kirche, den Gasthof,
den Sturesten und dann fällt der
Blick auf die roten Mauern von Gripsholm.
Gripsholm im Sommer, wenn es sich im Wasser
des Mälarsees spiegelt - schon dieser
Anblick allein belohnt den Urlauber für
die Reise nach Schweden.
Gripsholm
war ein Geschenk Gustav III an Königin
Hedvig Eleonora. Gustav kannte seine Frau,
denn Hedwig Eleonora muss es hier in Gripsholm
gefallen haben, blieb sie doch sechzig
Jahre, bis 1715 hier wohnen.
Gripsholm
wurde bereits von Gustav Vasa 1537 errichtet.
Ansehen sollte man sich auch das Schlafzimmer
für einen Sohne Gustav Wasas. Ausserdem
ein gut erhaltenes Schlosstheater aus
dem Jahre 1780. Grosse Sammlung Möbel
und Kunstwerke. Enorme Sammlung von Portraitbildern.
Hier lässt sich die gesamte schwedische
Geschichte (oder zumindest seiner Herrscher)
nachvollziehen.
Drottnigholm
Drottningholm steht für viele Schweden
synonym für die Königsfamilie.
König Carl XVI Gustaf, Königin
Silvia und die drei Kinder.
Drottning bedeutet Königin und Holm
Insel, Drottningholm ist also die Insel
der Königin. Katarina Jagellonika
war im 14. Jahrhundert die erste schwedische
Königin, die über Drottningholm
verfügte.
1661
kaufte Hedvig Eleonora Drottningholm dem
Grafen Magnus de la Gardie (bekannt für
sein Schloss Läckö) ab. Im selben
Jahr brannte das Schloss bis auf die Grundmauern
ab. Hedvig Eleonora legte den Wiederaufbau
in die bewährten Hände von Hofarchitekt
Nicodemus Tessin.
Nicodemus
war ein weitgereister Mann, was nicht
zuletzt in der prachtvollen Treppe zum
Ausdruck kommt, die stark an europäischen
Vorbildern orientiert ist.
Die
Galerien der Hauptstockwerke und das Schlafzimmer
der Hedvig Eleonora sind weitere Beispiele
für Tessins Gespür für
den Anspruch eines absolutistischen Herrschers
bei allegorischen Bildern und Prachtentfaltung.
Die
Ausschmückung der Zimmer wurde von
Carlo und Giovanni Carove dem Bildhauer
Nikolaus Millich und den Malern Johan
Sylvius, David Klöcker Ehrenstrahl
sowie Johann Philipp Lemke übernommen.
Berühmtes Schlosstheater, das immer
noch bespielt wird. Im Park das China
Schlösschen aus dem Jahr 1760, gut
erhaltenes Beispiel für die exotischen
Träume der Zeit.
1714
schenkte Fredrik I Drottningholm als Morgengabe
der jungen Kronprinzessin Lovisa Ulrika,
der Schwester Friedrich des Grossen. Lovisa
Ulrika überliess es Architekt Carl
Hårleman dem Schloss jenes Rokokoaussehen
zu verleihen, das die Unesco bewogen hat,
Drottningholm in die Liste der wertvollen
Kunstdenkmäler dieser Welt aufzunehmen.
Stockholm
bietet also für jeden kunstbeflissenen
Besucher eine reiche Fundgrube an Bauwerken
vor allem profaner Art. Dass dabei auch
landschaftlicher Reiz nicht zu kurz kommt
ist ein fringe benefit jedes Stockholmsbesuchs.