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Vittsjö/Schonen

 

Wasserlilien am Vittsee

DIE WASSERLILIEN VON UBBALT

Ein paar Kilometer nördlich von Hässleholm, genau genommen 21, liegt Vittsjö am gleichnamigen See. Dieses Gebiet an der Grenze zu Småland, es sind nur mehr 13 km ins småländische Markaryd war vor ein paar hundert Jahren, also bevor das dänische Schonen an Schweden fiel, heissumkämpft. Für alle, die gern Wandern möchten, aber von der Bezeichnung Weitwanderpfad abgeschreckt werden, schildern wir einen der schönsten Abschnitte des Schonen-Weitwanderpfads.

von Eduard Nöstl


Konfuzius hat einmal gesagt: "Tu was dir Spass macht und du brauchst dein Leben lang nicht zu arbeiten". Dieser Ausspruch geht mir durch den Kopf, als ich die letzten Meter auf dem Schonen-weitwanderpfad zum Vittsee hinuntergehe. Es ist zehn Uhr am Abend und die Strahlen der untergehenden Sonne tauchen den Vittsee in ein blutrotes Licht.

Ein kleiner Sandstrand lädt zum Verweilen, doch ich möchte gern noch ein Stück weiterkommen. Vom Strand verläuft ein kleiner Pfad den Hang hinauf und oben sehe ich bereits wieder die altbekannte orangenfarbene Markierung des Skåneleden. Ich befinde mich auf "Ubbalt", einer Halbinsel, die in den See hinausragt.

Vor vielen jahren hat einmal eine ältere schwedische Dame im Brustton der Überzeugung zu mir gesagt: "Der schwedische Sommer ist einmalig, es gibt nichts schöneres". Damals habe ich mich halb geärgert und war auch ein wenig amüsiert über so viel herzlichen Chauvinismus.

Heute bin ich selber schon so weit, den Sommer in Schweden mit Superlativen zu versehen. Habe ich schon zu lang hier gewohnt? Oder weiss man mit zunehmendem Alter die landschaftlichen Schönheiten und die Stille der Natur einfach mehr zu schätzen?

Beides mag stimmen, so viel weiss ich auf alle Fälle: An einem Tag wie heute will ich nicht für viel Geld woanders sein als gerade hier. Die Luft ist erfüllt vom würzigen Duft der Lupinen, die in den herrlichsten Farben von blutrot über violett bis blassblau, orange und weiss den Weg säumen.

Die Buchen halten ein schützendes Blätterdach über dem einsamen Wanderer ausgebreitet, die Waldvögel singen was das Zeug hält und sogar die Fische scheinen übermütig zu sein. Immer wieder springen sie auf der Jagd aus dem Wasser und landen mit einem lauten "Platsch" wieder auf der Oberfläche.

Ich bin allein in weiter Flur, das heisst, Tuffy läuft vor mir her wie ein junger Hund, vergisst ganz darauf, seine Würde zu zeigen, sondern schnüffelt mal hier, dann da und ist in seinem Eifer nur zu bremsen, wenn er eine fremde Witterung aufnimmt und zur Statue erstarrt.

Es ist schwül, trotz der späten Stunde hat es nicht abgekühlt. Auch die Gelsen sind noch nicht müde, sondern stürzen sich sofort auf mich, wenn ich innehalte, um eine Blume genauer zu untersuchen oder wenn Tuffy irgendeinen besonders interessanten Grashalm genau beschnüffelt.

Ich komme bei einer Übernachtungshütte des Skåneleden vorbei. Der Windverschlag ist leer aber in gutem Zustand. Der Holzvorrat ist frisch gefüllt und die Feuerstellen zeugen von fleissigem Gebrauch.

Wasser wird direkt aus dem Brunnen geholt. Doch wie wohl? Der Deckel ist mit einem riesigen Vorhängeschloss versehen. Ratlos umrunde ich den vielleicht eineinhalb Meter starken Brunnenschacht. Da, was ist denn das? Zwei Röhren von vielleicht einem halben Zentimeter Durchmesser sind in den Betonzylinder des Brunnenschachtes eingelassen, eines ist aus Messing, das andere aus Plastik.

Des Rätsels Lösung offenbart sich alsbald. Mit blauer Farbe und in fetten Druckbuchstaben hat eine freundliche Hand hingemalt: "Tryck" also "drücken". Der Pfeil daneben deutet auf das Messingröhrchen. Ich drücke probeweise drauf und siehe da, aus dem Plastikröhrechen schiesst ein Wasserstrahl, dem neugierigen Tuffy genau auf die Schnauze. Mit einem überraschten "Wuff" springt er zur Seite. Ab jetzt wird er den Brunnen vornehm übersehen.

Gern würde ich ein Feuer entfachen und ein paaar Stunden hier verbringen. Statt dessen spaziere ich zum Strand, wo die Bäume ihre Äste weit über die Wasserfläche hinaushalten. Direkt am Strand blüht eine Gruppe Wasserlilien. Gelbe Blüten öffnen sich auf langen Stielen und bilden einen interessanten Kontrast zum immer noch blauen Himmel.

Tuffy hält nichts vom Blumenschauen, sondern verfolgt eine Spur. Wie immer, wenn er eifrig wird, ist er kaum zu bändigen. Wohl oder übel muss ich mich ihm anschliessen. Wie die wilde Fahrt sausen wir über die Wurzeln und ich muss mich voll konzentrieren, um nicht zu stolpern.

Zum Glück hält der Eifer von Tuffy nie sehr lang an, das hat er mit seinem Herrchen gemeinsam, wahrscheinlich vertragen wir uns deshalb so gut. Schon bleibt er wie angewurzelt stehen, überlegt kurz und beschliesst, dem Baum am Wegesrand seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken, anstatt wie die wilde Jagd durch den Wald zu rasen.

Ich wische mir den Schweiss von der Stirn und spähe über den See, ob nicht irgendwo ein Kanu zu entdecken ist. Nichts zu sehen. Ausser mir scheint die Welt von Menschen verlassen. Nur ein Fischadler zieht majestätisch hoch über mir seine Kreise, ehe er sich auf einer hohen Föhre einer Insel niederlässt.

Der See dürfte nicht sehr tief sein, denn zwischen den Inseln ragen immer wieder Felsen aus dem Wasser.
Weiter führt uns der Weg den See entlang, kleine Hügeln rauf und runter, doch der Pfad ist breit und gut ausgetreten. Kein Problem, sich hier zurechtzufinden. Und wirklich leicht zu gehen.

Für heute habe ich genug getan, auch Tuffy zieht bei jedem kleinen Steig, der vom Hauptpfad abzweigt, nach rechts. Er möchte zurück. Ich auch. Endlich gabelt sich der Weg, der Skåneleden verschwindet landeinwärts, während wir noch ungefähr fünfzig Meter weit den Strand entlanggehen und dann der gelben Markierung folgen und auf einem alten Karrenweg wieder Richtung Vittsjö zurückwandern. Genau zum Einbruch der Dunkelheit um halb zwölf nähern wir uns den Villen von Vittsjö.

FAHRRADTOUR UM DEN VITTSEE

Die rosafarbenen Campinghütten erstrahlen im Licht der Morgensonne, der Campingplatz atmet noch friedliche Stille, da bin ich schon aus den Federn gekrochen und koche Kaffee. Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, diese alte englische Weisheit nehme ich mir zu Herzen und so frühstücke ich herzhaft, Kaffee mit einem Schuss Milch, Toastbrot,Schinken, Käse, Marmelade und, wenn es hoch hergeht, ein weiches Ei.

So gestärkt trete ich vor die Hütte und atme tief durch. Die Luft ist klar und rein, ich kann den Sauerstoff richtig spüren, der meine Lungen erfüllt und den Kopf klar macht.
Jetzt noch das Fahrrad aufgesperrt, und schon kann es losgehen.

Bereits nach den ersten zwanzig Metern bleibe ich stehen. Rechter Hand führt eine uralte Steinbrücke über den Bach, der in den Vittsee mündet. Zwei Brückenbögen spannen sich über die dunklen Wasser.

Ein Stein fällt mir auf, er steht kerzengerade wie ein Soldat auf Wachposten. An der Brücken ist ein kleines Schild angebracht. Hier ist anscheinend Gustav II Adolf im Februar 1682 beim Überqueren des Bachs eingebrochen und gerade auf jenem Stein zum Stehen gekommen.

Nur dem heldenhaften Mut eines gewissen Thomas Larsson aus einem Norrlandsregiment ist es zu veranken, dass es mit Gustav II kein böses Ende genommen hat. Wobei das böse Ende nicht so sehr eine Lungenentzündung gewesen wäre, sondern eine Kugel der dänischen Grenzsoldaten, die diese unruhige nordöstliche Ecke Schonens immer wieder gegen die aus dem Norden einfallenden Schweden verteidigen mussten.

Nach hundert Metern weist ein Schild "Minnessten", also Gedenkstein, nach links. Kurzentschlossen folge ich dem kleinen Weg und stehe nach zwanzig Metern vor einem riesigen Granitblock, auf dem zu lesen ist, dass Gustav II. Adolf hier gewesen ist.

Ich bin nicht allein. Einige ältere Herrschaften stehen im Halbkreis um den Stein und ihr Führer berichtet in salbungsvollem Ton von einem der unzähligen Scharmützel, die sich dänische und schwedische Soldaten in Vittsjö geliefert haben.

"Mit knapper Not entkam Gustav II Adolf", verkündet der ortskundige Führer, "aber dreihundert seiner Soldaten wuden von den Dänen bis auf den letzten Mann niedergemacht".

Schon nach wenigen hundert Metern sind meine Gedanken bei der Jetztzeit. Links erstreckt sich der See und schon radle ich mitten durchs Zentrum von Vittsjö. So auf den ersten Blick macht Vittsjö einen recht wohlhabenden Eindruck, was sich bei dieser Rundfahrt um den See nur noch bestätigen wird.

Nach fünfzig Metern biege ich linkerhand ab Richtung Wittsjö Golfklub. Vorbei am Restaurant Tallbacken, jetzt steigt die Strasse etwas an, und schon habe ich den Ort hinter mir gelassen.

Zehn Kilometer liegen vor mir. Ich habe mir vorgenommen, sie so richtig zu geniessen. Nach etwa zehn Minuten quert der Skåneleden die Strasse. Ein Schild zeigt einen kleinen Schifahrer - ob hier im Winter wohl genug Schnee liegt zum Langlaufen?

Dann radle ich ziemlich rasch vorbei an zwei kleinen Gehöften im typischen rostroten Farbton. Haupthaus, Stall, Garage - wie aus dem Märchenbuch. Eines ist sogar zum Verkauf. Das wäre vielleicht etwas. Dahinter der Wald, Pferdekoppel, zweihundert Meter zum See - alles da, was der Mensch so braucht.

Hinter der nächsten Kurve erstreckt sich der gepflegte Rasen des Wittsjö Golfklubs. Einige fleissige Golfer sind bereits unterwegs. Gleich nach dem Klubhaus zweigt die Strasse nach Gundrastorp links ab.

Dieser folge ich an einer Pferdekoppel vorbei, da traue ich meinen Augen kaum - hat sich doch glatt ein Rehbock zu den beiden Pferden gesellt. Einträchtig stehen die drei beisammen und grasen friedlich.

Gleich hinter den Pferdekoppeln habe ich wieder Seeblick. So geht es jetzt für die nächste halbe Stunde dahin. Immer wieder Blick auf den See, Bauernhöfe, saftige Pferdeweiden und Villen, die ihresgleichen suchen.

Ein Landhaus sticht mir besonders ins Auge. Es ist das Schlösschen der Familie Roos, einer Industriellenfamilie, die in den Anfängen des Jahrhunderts zu Geld und Ehren gekommen ist, unter anderem gehörte die Skånska Bank zu ihrem Imperium.

Als geistige Hinterlassenschaft zeugt noch heute das Rooseum, das Museum für moderne Kunst in Malmö, von der Kulturbeflissenheit der Familie. Reichtum vergeht, nur die Kunst ist ewig. Auch ein Trost.

In Gundrastorp verlasse ich die asphaltierte Strasse und fahre den ersten Weg links hinunter zum See. Immer wieder schimmert der See durch das Laubdach der Bäume durch zu mir.

Ich folge einem Karrenweg, der schon ganz von Gras verwachsen ist. Rechts und links führen immer wieder kleine Pfade zu versteckten Flecken am See - so hat halt jeder sein kleines Plätzchen, das oft durch Generationen als Geheimtip weitergegeben wird.

Ich frage mich schön langsam, wo denn der Pfad hinführen wird, da komme ich um eine Kurve und stehe an einem Zaun. Privat. Das winzige Schild ist wohl typisch schwedisches Understatement, denn die ganze Halbinsel, die in den See hinausreicht, ist mit diesem kleinen Wort wie mit einem unsichtbaren Wall abgesperrt. Naja, da kann man halt nichts machen. Ist ja schön, dass es das hier auch gibt.

Wieder auf der asphaltierten Strasse springt plötzlich ein kleines Federbällchen vor mir über die Strasse. Ein junger Vogel, der wohl aus dem Nest gefallen ist. Na, spute dich, ehe ein Auto kommt, rufe ich dem kleinen Wicht zu.
Die Rundfahrt um den See hat genau zwei Stunden gedauert. Gerade richtig für den Vormittag.

SPANNUNG UNTER DER ERDE

Von Vittsjö fahren wir mit dem Auto nach Hässleholm. Beim zweiten Kreisverkehr zweigen wir links ab Richtung Kristianstad. Nach sieben Kilometern rechts in den Ort Ignaberga. Gleich neben der Kirche aus dem 13. Jahrhundert, die aus Kalkgestein der Tykarpshöhle erbaut wurde, liegt die Zufahrt zur Grotte.

Tykarp ist ein beliebtes Ausflugsziel, Führungen gibt es halbstündlich. Eine kühle, etwas modrige Luft schlägt uns entgegen, als wir durch das schwere Eisentor in die Höhle eintreten. Die Höhle sind eigentlich mehrere Säle, die von fleissigen Händen im Lauf der Jahrhunderte der erde abgerungen wurden.

Bauern haben hier je nach Grösse ihres Hofes in zäher Arbeit Kalkgestein gebrochen, die Quader wurden mittels Körben von den Frauen nach oben geschleppt. Kalk wurde in Tykarp vom 13. Jahrhundert bis 1888 abgebaut.

Im Zweiten Weltkrieg dienten die Höhlen der schwedischen Armee als Munitionslager, früher noch hatten sie den berüchtigten "Snapphanar", also Freischärlern, die sich hier im Grenzgebiet als Guerillakämpfer betätigten, als Zufluchtsort gedient.


JEDERMANN AUF SCHLOSS HOVDALA

Früher war Schloss Hovdala ein Geheimtip, wenn man in Ruhe und gepflegter Umgebung ausspannen und einen schönen Spaziergang unternehmen wollte. Heute ist es mit der beschaulichen Ruhe vorbei. Schloss Hovdala wurde aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und surrt vor Leben.

Der mächtige Burgfried wurde im Jahr 1500 unter Sigvard Grubbe errichtet. Sowohl schwedische als auch dänische Soldaten versuchten, den Turm zu stürmen und mussten, jeder zu seiner Zeit, unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Heute wurde in den früheren Stallungen ein Café eingerichtet, wo es eine spezielle Torte, eben die "Hofdalatorte" zu verkosten gibt. Im Herrenhaus finden zu jeder vollen Stunde Führungen statt. In den Keller wurde eine Ausstellung über die Zeit der Snapphanar verbannt.

Als Magnet dieser Freischärlerreminiszenzen erweist sich dabei die Büchse, die einer der bekanntesten Snapphanar, "Lille Mats", also der "kleine Mats" immer bei sich trug.
Im Juli wird der "Jedermann" im Burghof aufgeführt.
Zwischen Herrenhaus und Orangerie wurde ein Kräutergarten angelegt, in der Orangerie stellen zeitgenössische Künstler ihre Werke aus.

VITTSJÖ CAMPING
Tel: +46 451 224 89.
Adresse: Vittsjö Camping, 280 22 Vittsjö
Campingwart: Tommy
Allgemeiner Eindruck: Ordentlich geführter Campingplatz.
Anzahl der Hütten: 4
Preis: SEK 335.- pro Hütte und Nacht
Ausstattung: Fliesswasser k/w, Dusche im Haupthaus, WC in der Hütte
Kochplatte in den Hütten. Bettwäsche mitbringen.
Hütten: 4 Betten, Kühlschrank, Küchenausstattung.
Waschküche mit Waschmaschinen und Trockner im Haupthaus
Lage: naturschön direkt am See auf einer Landzunge mit eigenem Badestrand
Wandermöglichkeiten: sehr gut, Schonenweitwanderpfad führt durch Vittsjö.
Radfahrmöglichkeiten: gut
Kanu und Ruderboote: ja
Angeln: ja (Angelkarte SEK 35.- pro Tag in der Rezeption)
Badesee: ja
Kinderfreundlich: ja
Grillplatz/Feuerstelle: ja
Hunde zugelassen: ja
Wird Deutsch gesprochen: ja, ein bisschen
Golfplatz: Wittsjö Golfklub (Greenfee SEK 220.-)
Anfahrt: Von Malmö fahren Sie auf der E22 über Lund bis Rolsberga, dort biegen Sie nach der Tankstelle rechts ab Richtung Hässleholm und Växjö auf die Bundesstrasse 23. Von Hässleholm bis Vittsjö weiter gut beschildert auf der Strasse 117. Die Fahrt von Malmö bis Vittsjö dauert ca. 2 Stunden.



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Last Updated: Freitag, 14. Oktober 2011
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