Schonen
Zur
Kulturgeschichte Schonens
Abenteuer
Geschichte im
Kulturen
von Lund
Nach
den Einführungen
der letzten Wochen und den Ausschweifungen
des mittsommerlichen
Feierns ist es an der Zeit, das Gesicht
in ernste Falten zu legen, den Sonntagsanzug
anzuziehen und der Kultur ihre Referenz
zu machen. Denn Kultur ist eine ernste
Sache. Oder? Nun,
darüber kann man wahrscheinlich verschiedener
Meinung sein, hier in Lund im Kulturen
oder im "Kulturverein für Südschweden",
wie das Museum im Wortlaut heisst, wird
versucht, ein holistisches, also ganzheitliches
Bild der Geschichte Schonens zu geben.
Und das auf eine durchaus unterhaltsame
Art.
von
Eduard Nöstl
"Universitätsprofessoren,
Studenten, Bürger, Adel, aber auch
Bauern und Arbeiter sollen hier in ihrem
zeitgeschichtlichen Ambiente geschildert
werden", ist zumindest der Vorsatz
des Gründer von Kulturen, Georg Karlin,
vor hundert Jahren gewesen.
Ist
es ihm und seinen Nachfolgern geglückt,
diese Vision zu verwirklichen? Mir will
erscheinen, ja, doch, wenn auch vielleicht
mit kleinen Vorbehalten, die aber von
dem, was geboten wird, aufgehoben werden.
Denn natürlich ist es schwer, die
Geschichte einer ganzen Region anhand
eines Freilichtmuseums darzustellen. Natürlich
werden da und dort Abstriche gemacht werden
müssen.
Mit
dem Fazit in der Hand will mir aber vorkommen,
dass Kulturen der Spagat zwischen Unterhaltung
und Kultur recht gut gelungen ist. Typisch
schwedisch legt man auf die Pädagogik
mehr wert als auf den Bierernst der geschichtlichen
Darstellung.
Das
Kulturen eignet sich somit für alle
ganz besonders, die, weil sie nun sowieso
schon einmal da sind, und im Urlaub bereits
an kulturellen Entziehungserscheinungen
leiden, sich über die Geschichte
der Gegend, wo sie sich wohlfühlen,
informieren wollen.
Ein
Besuch im Kulturen ist mehr ein Streifzug,
eine Orientierung. Was steht wirklich
auf den Runensteinen? Was war da eigentlich
los in Schonen zur Zeit von Nils Dacke?
Wie lang ist Schonen bereits schwedisch?
Was waren da für Scharmützel
im Gang, als die Schweden von Stockholm
aus den Dänen unbedingt den reichen
Landstrich im Süden abjagen wollten.
Wer war dafür und wer dagegen?
Vor
diesem durchaus spannenden und vergnüglichen,
wenn auch zeitweise ziemlich grausamen
Szenario kriegen wir ein Bild vorgeführt,
wie die Bevölkerung, die einfachen
Menschen abseits von Machtansprüchen
und Regierungsgelüsten auf diese
Zeitläufte reagiert haben. Der Professor
ebenso wie der kleine Mönch, der
Bauer, der Bürger oder der Adelige
auf seinem Schloss.
Aufständische
Freischärler treffen wir ebenso wie
Bischöfe auf der Flucht und wir verstehen
plötzlich, warum Schonen so viele
Schlösser hat: Das sind Relikte aus
der dänischen Zeit, als Schonen die
Gegend war, wo sich der dänische
Adel seine Sommersitze erbauen liess.
Aber
all das ist nur ein Teil der Zeit, die
in Kulturen dargestellt wird. Kulturen
ist nicht ein Museum, sondern viele kleine
Museen, man könnte sagen, ein ganzes
Museumsdorf. In diesem Dorf gibt es den
kleinen Palazzo ebenso wie die Dorfkirche,
das Bürgerhaus steht neben dem Pfarrhof
und die Bauernkeusche findet ebenso Platz
wie die Fischerhütte.
Und
über allem schwebt der Bezug zur
Universität, die eigentlich die wichtigste
Gründung der schwedischen Eroberer
war, die Universität ist die eigentliche
Klammer, die das Ganze zusammenhält.
Kulturen
ist speziell für Kinder oder Jugendliche
geeignet, da man eigentlich immer in Bewegung
ist und immer wieder über die gründlichen
Anstrengungen staunt, mit der die Häuser
und ihre Einrichtungen pädagogisch
ansprechend aufbereitet worden sind.
Egal,
ob das jetzt die Arbeiterwohnung aus den
Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts
ist oder das harte Leben der Bauern und
Fischer oder das luxuriöse und sorglose
Dasein der Universitätsprofessoren.
Nicht zu vergessen die Reste der katholischen
Klöster und Kirchen, die vor der
Eroberung durch die Schweden hier den
Ton angegeben haben.
In
Zeiten der Regionalisierung und dem Zusammenwachsen
von Gegenden über die Grenzen hinweg,
wie das ja speziell hier in Schonen der
Fall ist, wo Dänemark und Schonen
anscheinend wieder mit Hilfe der Öresundsbrücke
dort anschliessen wollen, wo sie vor dreihundert
Jahren durch die harte Faust der schwedischen
Soldateska auseinandergerissen wurden,
ist gerade ein Blick in die Vergangenheit
von Nutzen, um sich ein Bild machen zu
können, Zusammenhänge zu verdeutlichen
und heutige Reaktionen zu verstehen, die
sonst leicht falsch gedeutet werden können.
Man
braucht sich ja nur fünf Minuten
mit einem Nordschweden zu unterhalten
und das Gespräch auf die Öresundbrücke
zu bringen, wenn uralte Ressentiments
durchbrechen: "Ja, ja die Schonen,
das sind ja gar keine richtigen Schweden,
das sind doch immer noch halbe Dänen".
Nach dreihundert Jahren!
Man
sieht, auch im schwedischen Volksheim
gibt es verschiedene Zimmer. Natürlich
kann man dann die ganze Beschäftigung
mit der Vergangenheit und der Geschichte
überhaupt in Frage stellen und sagen:
"Heute ist heut und was gilt ist
das Morgen. Lasst uns in die Zukunft schauen".
Nur glaube ich, dass halt der Mensch nicht
so funktioniert und dass immer wieder
das zusammenfindet, was zusammengehört.
Und was sind dreihundert Jahre schon in
der Geschichte?
Öffnungszeiten und Eintritt
Kulturen
in Lund
16. September - 14. April: Dienstag -
Sonntag 12-16 Uhr. Das Weisse Haus (Vita
Huset) und einige Gebäude im nördlichen
Museumsviertel sind geöffnet.
15.
April - 15. September: täglich geöffnet
von 11-17 Uhr. Das ganze Museum ist offen.
Im Sommer vom 15. Juni - 15. August ist
der Park auch abends von 17 - 21 Uhr geöffnet.
Geschlossen
Karfreitag, Ostersamstag, Mittsommerwochenende,
Weihnachten und Neujahr.
Eintritt:
Erwachsene SEK120.- (€ 12.-) .
Siehe
auch: http://www.kulturen.com/