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Unterwegs mit dem Fahrrad in:

Vittsjö/Schonen

 

FAHRRADTOUR UM DEN VITTSEE

Die rosafarbenen Campinghütten erstrahlen im Licht der Morgensonne, der Campingplatz atmet noch friedliche Stille, da bin ich schon aus den Federn gekrochen und koche Kaffee. Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages, diese alte englische Weisheit nehme ich mir zu Herzen und so frühstücke ich herzhaft, Kaffee mit einem Schuss Milch, Toastbrot,Schinken, Käse, Marmelade und, wenn es hoch hergeht, ein weiches Ei.

So gestärkt trete ich vor die Hütte und atme tief durch. Die Luft ist klar und rein, ich kann den Sauerstoff richtig spüren, der meine Lungen erfüllt und den Kopf klar macht. Jetzt noch das Fahrrad aufgesperrt, und schon kann es losgehen.

Bereits nach den ersten zwanzig Metern bleibe ich stehen. Rechter Hand führt eine uralte Steinbrücke über den Bach, der in den Vittsee mündet. Zwei Brückenbögen spannen sich über die dunklen Wasser.

Ein Stein fällt mir auf, er steht kerzengerade wie ein Soldat auf Wachposten. An der Brücken ist ein kleines Schild angebracht. Hier ist anscheinend Gustav II Adolf im Februar 1682 beim Überqueren des Bachs eingebrochen und gerade auf jenem Stein zum Stehen gekommen.

Nur dem heldenhaften Mut eines gewissen Thomas Larsson aus einem Norrlandsregiment ist es zu veranken, dass es mit Gustav II kein böses Ende genommen hat. Wobei das böse Ende nicht so sehr eine Lungenentzündung gewesen wäre, sondern eine Kugel der dänischen Grenzsoldaten, die diese unruhige nordöstliche Ecke Schonens immer wieder gegen die aus dem Norden einfallenden Schweden verteidigen mussten.

Nach hundert Metern weist ein Schild "Minnessten", also Gedenkstein, nach links. Kurzentschlossen folge ich dem kleinen Weg und stehe nach zwanzig Metern vor einem riesigen Granitblock, auf dem zu lesen ist, dass Gustav II. Adolf hier gewesen ist.

Ich bin nicht allein. Einige ältere Herrschaften stehen im Halbkreis um den Stein und ihr Führer berichtet in salbungsvollem Ton von einem der unzähligen Scharmützel, die sich dänische und schwedische Soldaten in Vittsjö geliefert haben.

"Mit knapper Not entkam Gustav II Adolf", verkündet der ortskundige Führer, "aber dreihundert seiner Soldaten wuden von den Dänen bis auf den letzten Mann niedergemacht".

Schon nach wenigen hundert Metern sind meine Gedanken bei der Jetztzeit. Links erstreckt sich der See und schon radle ich mitten durchs Zentrum von Vittsjö. So auf den ersten Blick macht Vittsjö einen recht wohlhabenden Eindruck, was sich bei dieser Rundfahrt um den See nur noch bestätigen wird.

Nach fünfzig Metern biege ich linkerhand ab Richtung Wittsjö Golfklub. Vorbei am Restaurant Tallbacken, jetzt steigt die Strasse etwas an, und schon habe ich den Ort hinter mir gelassen.

Zehn Kilometer liegen vor mir. Ich habe mir vorgenommen, sie so richtig zu geniessen. Nach etwa zehn Minuten quert der Skåneleden die Strasse. Ein Schild zeigt einen kleinen Schifahrer - ob hier im Winter wohl genug Schnee liegt zum Langlaufen?

Dann radle ich ziemlich rasch vorbei an zwei kleinen Gehöften im typischen rostroten Farbton. Haupthaus, Stall, Garage - wie aus dem Märchenbuch. Eines ist sogar zum Verkauf. Das wäre vielleicht etwas. Dahinter der Wald, Pferdekoppel, zweihundert Meter zum See - alles da, was der Mensch so braucht.

Hinter der nächsten Kurve erstreckt sich der gepflegte Rasen des Wittsjö Golfklubs. Einige fleissige Golfer sind bereits unterwegs. Gleich nach dem Klubhaus zweigt die Strasse nach Gundrastorp links ab.

Dieser folge ich an einer Pferdekoppel vorbei, da traue ich meinen Augen kaum - hat sich doch glatt ein Rehbock zu den beiden Pferden gesellt. Einträchtig stehen die drei beisammen und grasen friedlich.

Gleich hinter den Pferdekoppeln habe ich wieder Seeblick. So geht es jetzt für die nächste halbe Stunde dahin. Immer wieder Blick auf den See, Bauernhöfe, saftige Pferdeweiden und Villen, die ihresgleichen suchen.

Ein Landhaus sticht mir besonders ins Auge. Es ist das Schlösschen der Familie Roos, einer Industriellenfamilie, die in den Anfängen des Jahrhunderts zu Geld und Ehren gekommen ist, unter anderem gehörte die Skånska Bank zu ihrem Imperium.

Als geistige Hinterlassenschaft zeugt noch heute das Rooseum, das Museum für moderne Kunst in Malmö, von der Kulturbeflissenheit der Familie. Reichtum vergeht, nur die Kunst ist ewig. Auch ein Trost.

In Gundrastorp verlasse ich die asphaltierte Strasse und fahre den ersten Weg links hinunter zum See. Immer wieder schimmert der See durch das Laubdach der Bäume durch zu mir.

Ich folge einem Karrenweg, der schon ganz von Gras verwachsen ist. Rechts und links führen immer wieder kleine Pfade zu versteckten Flecken am See - so hat halt jeder sein kleines Plätzchen, das oft durch Generationen als Geheimtip weitergegeben wird.

Ich frage mich schön langsam, wo denn der Pfad hinführen wird, da komme ich um eine Kurve und stehe an einem Zaun. Privat. Das winzige Schild ist wohl typisch schwedisches Understatement, denn die ganze Halbinsel, die in den See hinausreicht, ist mit diesem kleinen Wort wie mit einem unsichtbaren Wall abgesperrt. Naja, da kann man halt nichts machen. Ist ja schön, dass es das hier auch gibt.

Wieder auf der asphaltierten Strasse springt plötzlich ein kleines Federbällchen vor mir über die Strasse. Ein junger Vogel, der wohl aus dem Nest gefallen ist. Na, spute dich, ehe ein Auto kommt, rufe ich dem kleinen Wicht zu.
Die Rundfahrt um den See hat genau zwei Stunden gedauert. Gerade richtig für den Vormittag.

Vittsjö Camping,
280 22 Vittsjö

Tel: +46 451 224 89


Last Updated: Freitag, 14. Oktober 2011
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ISDN 1101-9840

 





 

 

 

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