Umeå/Västerbotten
Mit dem Fahrrad
in
und um Umeå
Für
uns sind zwei Sachen wichtig: Wir wollen Schwedenurlaubern zeigen,
dass es möglich ist, einen preiswerten Urlaub hier zu verbringen
und wir möchten auf die Möglichkeiten aufmerksam machen,
die es gibt, wenn man die Gepflogenheiten des Landes annimmt und
so Urlaub macht, wie das Land am besten gerüstet ist. Die Übernachtungsform
der "Stugor", also der Blockhütten, der Ferienhäuser,
ist eine davon. Mit einer "Stuga" als Basis lässt
es sich nämlich ganz toll wandern und radfahren und am Abend
vor dem offenen Kamin herrlich entspannen. Küche und Dusche
sind bequem und machen den Urlauber fast autark.
von
Eduard Nöstl
Umeå
ist die schwedische Stadt mit der höchsten Lebensqualität.
Das allein schon wäre Grund genug, sich diese Stadt einmal
näher anzusehen. Was macht Lebensqualität aus? Wie richtet
sich eine Stadt nach den Bedürfnissen der Bürger? Wie
können wir als Besucher davon profitieren? Die Antwort auf
diese Themenkreise finden Sie in den folgenden Zeilen.
UMEÅ - Kleine Stadtchronik:
3000
v.Chr.: Bei Norrfors sind Felszeichnungen gefunden worden, die von
einem Jägervolk stammen, das vor 5000 Jahren hier gelebt hat.
14. Jahrhundert: Umeå ist eine katholische Gemeinde
1526: Umeå wird auf Königsedikt hin protestantisch
1588: Umeå erhält die Stadtrechte
1622: Umeå wird neuerlich gegründet, diesmal von Gustav
II Adolf
1714: Umeå wird von russischen Soldaten gebrandschatzt
1809: Neuerliche Belagerung durch russische Truppen. Die Kämpfe
um Umeå sind die letzten Kriegshandlungen auf schwedischem
Boden.
1888: Ein verheerender Brand legt Umeå in Schutt und Asche.
Danach wird Umeå wieder aufgebaut und mit breiten Strassen
ausgerüstet, die mit Birken, die gegen die Verbreitung von
Feuern schützen sollen, bepflanzt werden.
1963: Umeå erhält eine Universität
1999: Umeå hat ca. 104.000 Einwohner, davon 25.000 Studenten
Von der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter wird Umeå
1990 zur "attraktivsten Stadt Schwedens " erkoren und
vom Magazin Månadens Affärer als "Stadt mit den
besten Arbeitsbedingungen" bezeichnet.
Wir können uns diesen Urteilen nur anschliessen und möchten
Umeå zur fahrradfreundlichsten Stadt Schwedens erklären.
In keiner anderen Stadt, weder grösser noch kleiner ist ein
derart vorbildliches Netz von Fahrradwegen zu finden. Ausserdem
ist Umeå Fritid, also die Kultur- und Feizeitverwaltung exemplarisch
bei der Beschilderung und Kennzeichnung von Grillplätzen, Freizeitgestaltung
und anderen Diensten für Bürger und Besucher Umeås
gleichermassen. Von dieser Stadtverwaltung im Dienste ihrer Bürger
können sich Verwaltungen ganz Europas eine Scheibe abschneiden.
RUND UM DEN NYDALASEE
Gleich
nach Bezug unseres Hüttchens ist noch etwas Zeit. Wir wollen
die Gegend erkunden. Um es gleich zu sagen: auch für uns ist
Umeå Neuland. Wenn man Schweden liebt, so hält man sich
an die Natur und schlägt einen Bogen um jede Stadt. Doch auf
dem Rückweg von Lappland hat es gerade gepasst und der Tagestrip
von Årrenjarka bringt uns nach Umeå.
Normalerweise vermeiden wir die grossen Durchzugsstrassen, doch
heuer ist die Inlandsstrasse nördlich Östersund in einem
ganz schlechten Zustand, wie wir bei der Reise in den Norden feststellen
mussten. Kilometerlange Strassenarbeiten mit riesigen Schlaglöchern,
sechzehn Kilometer am Stück, das ist zu viel für unser
altes Auto. Daher haben wir für den Rückweg die E4 von
Luleå nach Stockholm gewählt, wodurch wir in Umeå
gelandet sind.
Umeå
Camping liegt am Nydalasee und was liegt da näher, als gleich
die Fahrräder hervorzuholen und den See zu umrunden? Ein schöner
breiter Radweg führt direkt vom Campingplatz zum See und an
diesem entlang. Man kann sich nicht verfahren, an der "Umelagun"
mit den grossen Wasserrutschbahnen vorbei, linkerhand der Wald rechts
der See.
Die
ersten fünfhundert Meter führen an kleinen Sommerhäusern
vorbei, die ziemlich alt sind und daher mit viel Liebe und Sorgfalt
gepflegt sind. Detaillierte Holzschnitzereien und schöne Gärten
geben einen ersten Eindruck von einem gepflegten Dasein der Bürger
dieser Stadt.
Grillplätze
und Angelstellen sind gut gekennzeichnet und mit Holzverschlägen
und ausreichend Holz sowie geleerten Abfallsäcken ausgerüstet.
Wenn man viel in Schweden herumfährt, dann kriegt man einen
Blick dafür, ob den Verwaltungen etwas an der Beurteilung ihrer
Bürger gelegen ist oder nicht. Hier in Umeå fällt
uns auf, wie gross und gut beschildert die verschiedenen schönen
Plätzchen sind. Alles wirkt frisch und gut in Schuss.
Einige
Radfahrer kommen uns entgegen, auch einige Jogger. Auf einer Tafel
steht geschrieben, welche Fische hier alle zwei Wochen ausgesetzt
werden. Forellen, Äschen und Renken, Hecht und andere sind
sowieso vorhanden. Hier stossen wir auch auf zwei Jugendliche, die
mit ihren Mopeds hergekommen sind, um ihrem täglichen Hobby
zu frönen. "Gestern haben sie angebissen, dass es eine
Freude war," meinte einer von ihnen.
Über
eine schöne Holzbrücke führt der Radweg über
den Bach Kohlbäck zurück. Im Schilf tummeln sich Enten,
die Sonne steht, obwohl es bereits nach zehn Uhr am Abend ist, noch
hoch am Himmel. Kurz vor dem Campingplatz ist linkerhand ein kleiner
Bauernhof mit einem Streichelzoo.
Diese zwölf Kilometer lange Runde eignet sich auch sehr gut
für einen Nachmittagsspaziergang.
EINE REISE IN DIE VERGANGENHEIT:
Heute
radeln wir ins Zentrum von Umeå. Wir haben uns den Besuch
des Gammlia Museums vorgenommen, das ein sogenanntes "Länsmuseum"
ist, also für ganz Västerbotten einschliesslich Südlappland
die Geschichte heraufbeschwört.
In
der Rezeption des Campingplatzes holen wir uns die Fahrradkarte
für Umeå, auf der alle Fahrradwege eingezeichnet sind.
Vom Campingplatz sind es 6 km in die Stadt. Wir bleiben gleich auf
der Mariestråket , einem rot markierten Radweg, kommen an
der Bethelkirche vorbei und fahren mit dem Wasserturm als Richtmarke
Richtung Stadtzentrum. Nach ungefähr vier Kilometern geht es
bergab und hier kriegen wir bereits einen Eindruck von der breite
der Strassen und den schmucken Holzhäusern, die einen Grossteil
von Umeås Charme ausmachen.
Nach
dem verheerenden Brand 1888 wurden die Stadtviertel durch breite
Strassen getrennt, die wiederum mit Birken bepflanzt wurden. Birken
sind die Bäume, die enorme Mengen Wasser speichern, mehrere
hundert Liter, und sich also ganz hervorragend als natürliche
"Feuerwehr" eignen. Eine Folge jenes Brandes ist auch
die Einrichtung, dass jede Familie in Umeå gratis so viele
Birken erhält, wie sie will, die sie im Garten pflanzen kann.
Die
Östra Kyrkogatan ist es, die sich uns in strahlendem Sonnenschein
und in wunderschönen angenehmen geschmackvollen Pastellfarben
darbietet. Sie gleiten wir bis zur Statoil Tankstelle entlang um
dort links Richtung Haga abzuzweigen an der Volkswagenwerkstatt
vorbei bis zum Freilichtmuseum Gammlia zu fahren.
Das
Museum Gammlia ist in den Zwanzigerjahren entstanden und sollte
eigentlich ein grosser Volkspark werden. Gammliavallen mit der Sporthalle
ist ein Rest dieses hehren Gedankens. In den Fünfzigerjahren
wurde das Freilichtmuseum Realität.
Uns
interessiert vor allem die landeskundliche Abteilung des Museums,
da uns diese mit einer wirklich umfangreichen und gut und pädagogisch
aufgebauten Abteilung über Samen (Lappen) und die sogenannten
Neusiedler, also Schweden, die in den Weidegebieten der Samen sesshaft
wurden, interessiert.
Es ist nämlich nirgends richtig dokumentiert, wie das Verhältnis
dieser beiden Bevölkerungsgruppen in den Anfängen wirklich
war. Wir können uns nur schwer vorstellen, dass sich die Samen
ohne Gegenwehr angesehen haben, wie Bauern ihr Land urbar machten
und sie selber und ihr Lebensraum immer weiter eingeschränkt
wurde. Eine Entwicklung, die ihren Höhepunkt im Ausbau der
Staudämme der grossen Flüsse gefunden hat.
Doch
auch hier im Museum, um es gleich vorwegzunehmen, ist nichts wirklich
Neues zu diesem Problemkreis zu finden. Andererseits sind die Ausstellungen
zu den Samen sehr umfangreich und gut fundiert, also durchaus empfehlenswert,
wenn man sich für diese Volksgruppe interessiert.
Vor allem die Lebensbedingungen der Samen dürften alles andere
als wildromantisch gewesen sein, sondern sehen eher nach harter
Arbeit, Mühsal und Entbehrungen aus, wenn man sich die Bilder
mit den Zelten und den harten Wintern ansieht.
Vielleicht
wurden die Segnungen der Zivilisation von den Samen wirklich als
Erleichterung empfunden und die Assimilation der Bevölkerungsgruppe
ging wirklich problemlos über die Bühne. Es gibt ja auch
kaum mehr reine Samenfamilien, die Samen sind besonders bei den
schwedischen Frauen als Ehepartner recht beliebt.
Leider
sind ausser einem Blatt mit allgemeinen Informationen keine Erläuterungen
auf deutsch zu kriegen, was wirklich schade und eigentlich einer
Stadt wie Umeå unwürdig ist.
Auf die Frage warum es denn keine Informationen auf Deutsch gäbe,
kommt die etwas spitze Antwort, weil die Nachfrage zu gering sei.
Nun, da beisst sich die Katze in den Schwanz, denn es obliegt doch
wohl eher dem Anbieter, die Nachfrage zu schaffen, als dem Kunden,
durch seine Anwesenheit zuerst für das Interesse zu sorgen.
Aber auch ohne schriftliche Informationen kriegt der Besucher einen
guten Eindruck über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der
Nordländer. Überhaupt ist Gammlia unserer Erfahrung nach
das schwedische Museum, das den relevantesten Eindruck über
das Leben der Samen vermittelt.
Gleich neben der Samenabteilung befindet sich ein kleines Schimuseum,
das den ältesten Schi der Welt zeigt und daneben die Entwicklung
des Schisports von den Anfängen als Arbeitshilfe bis heute
als Freizeitvergnügen und Rennsport.
RADAUSFLUG AUF DEM UMELEDEN I
Um
es gleich zu sagen. Die Umgebung von Umeå kann sowohl mit
dem Wagen als auch mit dem Fahrrad erkundet werden. Wenn immer möglich
verwenden Sie das Fahrrad, denn die Fahrradwege führen grösstenteils
direkt am Fluss entlang und die Fahrt wird so zu einem richtigen
Erlebnis, während die wiewohl gut beschilderte Autoroute nur
eine Autoroute von vielen ist. Man wird uns bei diesem Thema vielleicht
der Voreingenommenheit zeihen können, aber wir finden, dass
nur beim Radfahren die Natur mit ihren Blumen und verschiedenen
Gerüchen so intensiv erlebt wird, wie sie es verdient und weshalb
wir ja eigentlich hierher gekommen sind.
Die
Länge schreckt vielleicht so manchen ab: 40 km, aber diese
Route lässt sich leicht in zwei aufteilen. Und zwar kann man
den ersten Teil der Route vom Zentrum über die Brücke
in den Stadtteil Teg, von dort nach Röbäck, dann zur Umeå
Trabrennbahn, von dort nach Backböle über die Brücke
und wieder zurück nach Umeå nehmen und dann am zweiten
Tag den - unserer Meinung nach erlebnisreicheren Teil angehen.
Der
Radweg ist gut beschildert "Umeleden" und an allen sehenswerten
Stellen sind Schilder auch auf Englisch und Deutsch angebracht,
die erzählen, was hier im Lauf der Geschichte so vorgefallen
ist.
Die
Landschaft ist weit, Landwirtschaft überwiegt in Stadtnähe,
erst ab der Trabrennbahn kommt Wald auf. Keine nennenswerten Steigungen,
nur nach der Trabrennbahn wird der Radweg von den Trabern als Trainingsstrecke
benützt, wodurch der Radweg zentimetertief aufgewühlt
ist und das Radfahren so ziemlich unmöglich wird. Hier zahlt
es sich aus, ungefähr fünf Kilometer auf die Bundesstrasse
auszuweichen.
Meist
hat man einen schönen Blick über den Fluss, der hier an
die hundert Meter breit ist. Heuhütten stehen auf den Wiesen
und das Land wird weit und gross. Es ist immer wieder unglaublich,
wie dünn Schweden besiedelt ist.
Bei
Klabböle liegt das Energiezentrum, wo um die Jahrhundertwende
eines der ersten Kraftwerke in Betrieb gegangen ist. Heute ist hier
ein Freilichtmuseum, das wie meistens in Schweden sehr pädagogisch
aufgebaut ist. Auf dem grossen Kinderspielplatz können sich
die Kinder richtig austoben. Auf einer Insel im Fluss wurde ein
altes Sägewerk aufgebaut.
Diese alten Sägen machen die für uns heute unvorstellbar
harte Arbeit und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, unter denen
die Menschen noch vor hundert Jahren geschuftet haben, so richtig
nachvollziehbar. Es ist gut, dass es solche Museen gibt, um uns
klar zu machen, wie froh wir über unsere Fortschritte sein
können. Ich glaube, niemand, der seine sechs Sinne beinander
hat, wird mit jener Zeit tauschen wollen.
In
Klabböle ist auch die Aluminiumrinne zu sehen, durch die Holzstämme
mehrere hundert Meter am Kraftwerk vorbei geflösst wurden.
150.000 Baumstämme wurden jährlich auf dem Umefluss geflösst.
Bis so ein Holzstamm von den Bergen an der norwegischen Grenze bis
zum Verschiffen in Umeå angekommen war, konnten oft bis zu
zwei Jahre vergehen! Erst in den Siebzigerjahren dieses Jahrhunderts
wurde das Flössen eingestellt.
Die Bilder zeugen von der gefahrvollen Arbeit der Flösser.
Oft mussten die ineinander verkeilten Baumstämme mit Dynamit
gesprengt werden, um den Fluss wieder frei zu machen. Dynamit wurde
übrigens erst 1860 von Alfred Nobel erfunden.
Von
Klabböle führt eine Hängebrücke über den
Fluss nach Baggböle. Damit kann die Fahrt nach Umeå zurück
angetreten werden. Ein kleines Detail noch: Am Hang steht ein Herrenhaus.
Dieses wurde von James Dickson aus Göteborg gebaut. Der Ort
heisst Baggböle. Von den etwas anrüchigen Geschäftsgebarungen
des James Dickson und seiner Kumpane zeugt heute noch der Ausdruck
"baggböleri", womit nichts anderes bezeichnet wird
als aus Geschäften mit einfältigen Bauern Vorteile herausschlagen.
Besagter James Dickson erbaute sich mit dem durch diese "baggböleri"
erbeuteten Geld einen tollen Herrensitz in Tjolöholm
südlich von Göteborg. James Dickson galt damals als einer
der reichsten Männer Schwedens. (John Steinbeck hat zu diesem
Thema einen schönen Beitrag geleistet: "The Winter of
our Discontent", dieses Shakespearezitat heisst im deutschen
Titel etwas lapidar: "Geld bringt Geld").
Auf
dem Rückweg nach Umeå kommen wir an der Kirche von Backen
vorbei, es gibt auch Kriegergräber aus dem finnischen Krieg
1808-09 zu besichtigen.
1588 wollte König Johan III hier eine Stadt gründen, eben
Umeå. Da die Stadt hier heroben gelegen war, wurde nichts
rechtes daraus und erst 1622 wurde Umeå dort, wo es jetzt
liegt, also ein paar Kilometer weiter stromabwärts von Gustav
II Adolf gegründet. Achtung: die Kirche ist aus uns unerklärlichen
Gründen nur von 12-16 Uhr geöffnet.
RADAUSFLUG UMELEDEN II
Heute
fahren wir auf dieser Seite des Flusses direkt vom Stadtzentrum
den Radweg entlang dem Fluss hierher. Es geht immer neben dem Fluss
entlang und diese Streckenführung ist eigentlich viel schöner
und unterhaltender als auf der anderen Seite.
Gleich
hinter Baggböle beginnt das Arboretum Nord. Eine wirklich sehr
gute Idee eines Bürgers von Umeå. Er hat Pflanzen, Büsche
und Bäume aus aller Welt hierher verpflanzt. So kann man asiatische,
amerikanische und europäische Sträucher und Bäume
hier sehen.
Von Sacchalin in Japan, aus Nordkorea, aus China, aus Kanada und
Nordamerika. Ajan-Tannen, nordkoreanische Fichten, Kamtschatka Birken,
alle gedeihen hier. Den Vögeln macht das auch nichts aus -
sie zwitschern und umschwirren die Bäume, die von weither gekommen
sind.
Etwas
weiter vorne macht ein Schild auf Petrus Kenicius Bothniensis aufmerksam,
den ersten Bischof aus dieser Gegend, der es bis zum Universitätskanzler
von Uppsala brachte und in Wittenberg und Rostock studiert hatte.
Wie oft im Leben liegen auch bei Peter Kenicius Freud und Leid nahe
bei einander, so verbrachte auch er unter dem einen König
eine Zeitlang im Gefängnis wegen ketzerischer Gedanken, während
ihn der nächste König aus dem Gefängnis holte, rehabilitierte
und mit Ehren überhäufte.
Gleich
hinter Kåddis, wo eine einsitzige Seilbahn über den Fluss
führt, mittels der man sich auf die gegenüberliegende
Seite "hanteln" kann, kommen wir an Brännland vorbei.
Brännland ist ein Überrest eines alten schwedischen Brauchs.
In früheren Zeiten hatte Schweden ein stehendes Heer. Den Soldaten
wurde in Friedenszeiten ein kleiner Bauernhof zugeteilt. Die Soldaten
nahmen denn auch oft die Bezeichnungen ihrer Gehöfte als Namen
an. "Fromm" oder "Biber" sind Beispiele für
solche "nome de guerre".
Hier in Brännland hatten Soldaten von 1680 bis 1904, als das
stehende Heer durch ein Wehrpflichtigenheer abgelöst wurde,
mehrere Bauernhöfe. Diese sind heute in ein, nach der Besucherzahl
zu schliessen, sehr beliebtes Gasthaus umgewandelt worden.
Jetzt
geht es ein paar Kilometer auf der Bundesstrasse nach Vännäs
entlang, ehe wir bei einem Konsum wieder links abzweigen. Wer sich
für Felszeichnungen interessiert, sollte allerdings noch zwei
Kilometer weiter treten.
Die Felszeichnungen von Norrforrs sind vielleicht nicht so sehr
als solche interessant, was uns aufregender vorgekommen ist, weil
es unser ganzes Dasein in eine völlig neue Perspektive geschoben
hat, war die sinnige Idee, auf dem Geländer, das diesen Weg
zu den Felszeichnungen umgibt, rechter Hand Ereignisse, die für
Schweden schwerwiegende Bedeutung hatten, linker Hand Weltbewegendes
gegenüberzustellen.
Wie kurz und geballt nimmt sich doch unsere Geschichte in Europa
aus, während die Entwicklung in Mesopotamien und im Mittleren
Osten vor vielen tausend Jahren ihren Anfang genommen hat. Die Hamurabbischriften
wären ein Beispiel Als diese entstanden sind, da war hier in
Europa nichts, ausser vielleicht ein paar streunenden Elchen, während
an anderen Stellen der Welt weitentwickelte Kulturen ihrem Höhepunkt
zustrebten. Das regt zum Nachdenken an.
Dann geht es weiter zum Kraftwerk Norrforsen, immerhin das grösste
Wasserkraftwerk Schwedens. Bevor wir dorthin kommen, wird der Fluss
überquert. Ungefähr zwanzig Meter von der Brücke
flussaufwärts ragt ein einsamer Pfeiler aus den Fluten. Das
ist der letzte Rest der ersten Brücke über den Umefluss,
die vor fast zweihundert Jahren von den sich zurückziehenden
schwedischen Soldaten in Brand gesteckt wurde, um ein weiteres Vorrücken
der russischen Soldaten zu verhindern.
Gleich
hinter der Brücke erwartet uns die einzige, aber dafür
sehr langgezogene Steigung auf dieser Fahrt. Durch Sörfors
geht es dann schon leichter - es ist erstaunlich, wie gepflegt die
Häuser sind. Und woher die Leute das Geld dafür nehmen.
Im weiten Umkehr gibt es nämlich nichts. Keine Industrie, keine
Niederlassungen, nichts.
Am
Kraftwerk ist die Lachstreppe interessant, also hier springen die
Lachse, die zum Laichen in den Vindelfluss ziehen, aber von der
Staumauer des Kraftwerks gehindert werden, hinauf. Leider waren
bei unserem Besuch zwei der vier Generatoren des Kraftwerks durch
einen Blitzschlag ausser Gefecht gesetzt, wodurch die Wehr geöffnet
war und zehn mal soviel Wasser herunterdonnerte wie gewöhnlich.
Dadurch konnten die Lachse nicht den Eingang zu ihrer Lachstreppe
finden und daher war es nichts mit dem Lachsebeobachten.
Aber die brausenden Wasser des Umeflusses waren auch beeindruckend.
Denn da kann man sich vorstellen, wie es früher ohne Staumauern
ausgesehen hat. Die Überschwemmungen im Frühjahr und die
reissende Gewalt der ungehemmten Wassermassen stellt man sich lieber
nicht vor.
Ich bin an sich kein Freund von Eingriffen in die Natur - allerdings,
wenn diese Natur zur alles bedrohenden Gewalt wird, die an einem
Tag alles Menschenwerk, das in Generationen aufgebaut wurde, zunichte
machen kann, dann erscheint mir eine Befriedung dieser Naturgewalten
denn doch angebracht.
Das
eigentliche Kraftwerk liegt vier Kilometer stromabwärts. Ein
Besuch im Kraftwerk zahlt sich aus, denn es erzeugt mit seinen 2
Milliarden Kilowattstunden jährlich ungefähr den Wochenverbrauch
für ganz Schweden.
Fünfzig Prozent des schwedischen Strombedarfs werden durch
Wasserkraft erzeugt, der Rest kommt aus der Kernenergie. Wind- und
Sonnenkraftwerke spielen so gut wie keinen Rolle.
Führungen
gibt es um zehn, fünfzehn und sechzehn Uhr. Die Besichtigung
ist beeindruckend, nicht zuletzt weil das Wasser durch einen 75
Meter hohen Schacht an die Turbinen herangeführt wird. Allerdings
stehen bei unserem Besuch zwei der vier Generatoren still. Das kostet
das Kraftwerksbetreiber am Tag 600.000 Kronen (ca. 65.000 Euro),
was einen deutschen Besucher zu folgender Bemerkung veranlasst:
"Na, dann werden die Ingenieure ja wohl rund um die Uhr arbeiten".
Nach einem suchenden Blick durch den Raum, der menschenleer ist,
meint er: "Wo sind eigentlich alle Leute, bei uns in Deutschland
wäre es jetzt hier wohl voller Experten
" erhält
er nach einem prüfenden Blick unserer Führerin auf die
Uhr eine typisch schwedische Antwort: "Ach, wissen Sie, es
ist ja schon halb vier und noch dazu Freitag, da ist niemand mehr
da. Ausserdem sollten unsere Generatoren durch einen Blitzschlag
eigentlich keinen Schaden nehmen".
Tja, wenn sich die Generatoren nicht an die Spielregeln halten,
sind sie anscheinend selber schuld. Und zahlen wird letztendlich
der Verbraucher, also der schwedische Steuerzahler. Warum also Überstunden
machen, wo doch draussen die Sonne scheint und der Badesee lockt.
Von
hier geht es geradeswegs nach Umeå zurück - ausser man
bleibt an einem der vielen Grillplätze stehen und legt eine
wohlverdiente Rast ein, schaut über den Fluss und lässt
sich die Sonne auf den Bauch scheinen.
UMEÅ
CAMPING
Tel:
090 16 16 60
Fax: 090 70 26 10www.umea.camping.se
e-mail: umea.camping@bfc.umea.se
Umeå Camping & Stugby
S-903 26 Umeå
Dorfvorsteher: Christina Gerhardsson-Åreblad
Anzahl
der Blockhäuser: 54
Ausstattung: Kochnische, Wohnzimmer, 1 Schlafzimmer mit 2 Stockbetten.
Bettwäsche mitbringen.
Lage: am Ortsrand von Umeå. Abzweig gut beschildert von E4
Grosser Sportplatz, Fussballplatz, Tennisplatz, Volleyball. Geheiztes
Freibad ("Umelagun") in zwei Minuten. Gut markierte Joggingwege.
Wandermöglichkeiten: mittel, im Nahbereich des Campingplatzes
gut.
Radfahrmöglichkeiten: ausgezeichnet, Radführer besorgen.
("10 cykelturer runt Umeå". Mit guten Skizzen)
Kinderfreundlich: ja, grosser Kinderspielplatz, Elektroautos
Grillplatz/Feuerstelle: ja
Hunde zugelassen: ja
Wird Deutsch gesprochen: ja
Ruderboote: werden vermietet
Fahrräder: werden vermietet
Angeln: ja, im Nydalasee. Angelkarte: Erwachsene SEK 30.- Jugendliche
SEK 10.-
Lebensmittelgeschäft: ja, auf dem Gelände
Preis: SEK 550.- (€ 60.-) pro Person und Tag
Allgemeiner Eindruck: Grosser Campingplatz mit schöner Lage
am Nydalasee und zum Wald. Schöne Spazierwege. Radweg direkt
ab Campingplatz ins Stadtzentrum (6 km).
Anfahrt: Von Stockholm auf der E4 630 km
Last
Updated: Donnerstag, 4. September 2008
Copyright 1999-2008 Dr. Eduard Nöstl
ISDN
1101-9840
|