Kanutour
in Värmland
Lazy
days on the River Rottnan
Eine
Tour, wie sie schöner nicht sein kann - abgeschieden, allein,
kein Mensch weit und breit, nur du und dein Kanu. Treiben lassen,
dann wieder ein paar Paddelschläge, Angel ins Wasser halten,
wohl auch nur, um etwas zu tun. Dann wieder kurzfristige Hektik
, wer ist schneller: du beim Zeltaufstellen oder der Wind, der die
dunklen Regenwolken herantreibt? Dann wieder zufriedenes Seufzen
im Abendglühen vor dem Zelt am Lagerfeuer.
von
Eduard Nöstl
Vater
Dietmar und Sohn Chris (12 Jahre) sind voller Erwartung und wohl auch
mit etwas gemischten Gefühlen am Ausgangspunkt unserer Tour in
Torsby im schwedischen sagenumwobenen Frykental (Selma Lagerlöfs
Gösta Berlings Saga spielt hier) eingetroffen. Beide sind zum
ersten Mal auf Kanutour und zumindest für Dietmar ist das ganze
ein echtes Abenteuer. Als Chef in einer großen deutschen Mediakette
ist er wohl eher den Rechenstift gewohnt als ein Paddel. Doch er hat
vor ein paar Wochen seine erste Marathondistanz bewältigt, daher
soll unser Unternehmen an der Kondition sicher nicht scheitern.
Chris
ist wie alle Jungen vor allem an den praktischen Dingen interessiert.
Zielsicher steuert er daher den einzigen Angelshop im Ort an und
unterhält sich mit dem Verkäufer, den er gleich durch
seine Fachkenntnis für sich einnimmt. Wir erstehen einen Wobbler
und ein paar Bleigewichte und einen Schwimmer. Dann gehen wir zur
Entspannung in die Wiener Konditorei von Torsby und entspannen uns
bei einer original Ischler Schnitte und einem guten Kaffee.
Um
dreizehn Uhr wird es ernst. Da fassen wir unser Kanu aus, nebst
Essenskiste und wasserdichter Tonne für die Schlafsäcke
sowie anderen Utensilien, die wir unbedingt trocken halten wollen.
Dietmar hat für sich und Sohn Chris einen wasserdichten Seesack
dabei, während ich mich für meinen Rucksack mit einem
doppelten Plastiksack begnüge. Außerdem leisten uns die
beiden fünf Meter langen Reepschnüre, die Dietmar mitbringt,
gute Dienste beim Verschnüren der Ladung und beim Vertäuen
des Kanus.
Zeitgleich
mit uns ist eine Familie aus Norddeutschland da, die auch die gleiche
Tour machen werden. Vater Mutter und Tochter sind den Rottnan bereits
vor drei Jahren gepaddelt und waren so begeistert, dass sie es nun
noch einmal machen wollen. Am minimalen Gepäck erkennt man
die Profis.
Wir
sind da besser ausgerüstet. Das heißt, ob wir besser
ausgerüstet sind, weiß ich gar nicht, aber ich schleppe
in meinem Rucksack auf alle Fälle Ersatzkleidung für eine
ganze Fußballmannschaft mit, denn schließlich und endlich
hat man als Tourguide eine gewisse Verantwortung für das Wohlergehen
der Gäste - und das wichtigste ist immer noch, dass keiner
friert und alle ausreichend und gut verpflegt werden. Von der Ersatzregenhose
übers Regencape bis zu den Mützen und Handschuhen ist
alles mit dabei. Eigentlich lächerlich nach diesem unglaublich
heißen und trockenen Sommer, aber man weiß ja nie.
Die
Schlafsäcke sind in der Tonne verstaut, der Rucksack erhält
einen Plastiksack übergestülpt, so werden wir wohl den
ersten Regenguss unbeschadet überstehen. Dietmar stolziert
mit seiner neuen Regenjacke, die er in besagtem Angelshop zu einem
guten Preis erstanden hat und auch auf mein wiederholtes Nachfragen
betreffend der Regenkleidung für Chris erhalte ich beruhigende
Antworten.
Mit
einem klapprigen VW Bus fahren wir an den Ausgangspunkt unserer
Tour, etwa fünfzig Kilometer nordwärts und zehn Kilometer
nach Norwegen hinein. Es geht durch die Kiefernwälder, es wird
immer einsamer und auf dem Rücksitz wird es immer ruhiger -
anscheinend wird meinen Gästen erst jetzt so richtig klar,
worauf sie sich da eingelassen haben.
Ich
bin guten Mutes. Ich habe fleißig trainiert und habe, ganz
gegen meine sonstigen Gewohnheiten, wenn ich einfach wahllos Nahrungsmittel,
die mir gerade unter die Hände kommen, in den Rucksack werfe,
einen richtigen Speiseplan gemacht mit Frühstück, Mittag
- und Abendessen, habe auch ausreichend T-Röd, den schwedischen
Brennspiritus für meine Trangia Kocher eingepackt, auch Sturmstreichhölzer
im Angelshop erstanden - es kann also nichts mehr schiefgehen.
Anders
von Vildmark in Värmland, unser Outfitter, gibt eine
Einführung in die Paddeltechnik, dann wird noch schnell ein
Gruppenfoto gemacht und schon geht es los. Kiste, Tonne, den Rucksack
obenauf, alles fein säuberlich mit der Persenning abgepackt.
Chris in die Mitte auf dem Notsitz, Dietmar als Motor vorne und
ich als Steuermann auf dem Rücksitz. Hurra, wir stechen in
See!
Die
Bedingungen sind optimal, es ist nicht heiß und nicht kalt,
der Himmel ist leicht bewölkt mit sonnigen Abschnitten und
das Wasser auf dem See ist ruhig, nur manchmal kräuselt ein
leichter Windhauch die Oberfläche des Ingvaldsees. Dietmar
entpuppt sich als fleißiger Matrose und paddelt, was das Zeug
hält. Chris hat auch die Balance gefunden und sieht sich mit
großen Augen um. Immer wieder springen Fische bei der Jagd
aus dem Wasser und landen mit einem lauten Platschen.
Nach
etwa einer halben Stunde haben wir das gegenüberliegende Ufer
erreicht und da es schon recht spät am Tag ist, beschließen
wir, hier an einem vorbereiteten Lagerplatz das erste Nachtlager
aufzuschlagen. Diese vorbereiteten Lagerplätze sind echt gut.
Ein Windverschlag aus kräftigen Holzbohlen schafft Schutz vor
Wetter und Wind, die Feuerstelle davor ist optimal fürs Lagerfeuer
und hier kann sogar bei Feuerverbot ein Feuerchen gemacht werden.
Heute dauert die Entladung unseres Kanus noch, nach ein paar Tagen
Übung wird das Routine werden.
Das
Zelt stellen wir an einem geschützten Plätzchen etwa zwanzig
Meter vom Verschlag auf . Ein paar Meter weiter hat der Regen eine
richtige Rinne in den Sand gegraben, die wohl das Wasser direkt
in den See ableitet. Das leere Kanu ziehen wir an Land, es wird
umgedreht und an einer Wurzel festgemacht. Das ist eine alte Trappersitte,
denn es ist etwas peinlich, am Morgen munter zu werden und das Kanu
irgendwo auf der anderen Seite des Sees, wenn überhaupt, friedlich
schaukeln zu sehen. Schwimmwesten und Paddel werden unter den Sitzen
trocken und windgeschützt verstaut.
Bei
diesen Touren ist es wichtig, dass alle Teilnehmer immer beschäftigt
sind. So schlagen wir gemeinsam das Zelt auf, dann werden alle,
die sonst nichts zu tun haben, ausgeschickt, um Holz fürs Lagerfeuer
zu sammeln. Hier ist genug Feuerholz vorhanden, denn die Tour auf
dem Rottnan ist relativ selten befahren. Sie ist wohl für einen
ganzen Urlaub zu kurz - vier Tage, aber so als "Einführungstour"
scheint sie mir optimal. Außerdem hat sie den Vorteil, dass
keine Landtransporte notwendig sind und das ist für eine Flusstour
relativ selten, denn in Schweden sind außer einigen großen
Norrlandflüssen alle Flüsse immer wieder durch Kraftwerke
aufgestaut, was ein relativ anstrengendes Umtragen dieser Dämme
notwendig macht.
Vom
Holz sammeln ist die Mannschaft bereits hungrig geworden und daher
macht sich der "Smutje" ans Zubereiten der Abendmahlzeit.
Die Vorbereitung war vor allem von der Frage geprägt, sollen
wir uns wirklich ans Kochen wagen oder uns auf die Errungenschaften
der modernen Nahrungsmittelherstellung verlassen. Die Arbeitszeit
gab den Ausschlag: Wir werden uns vor allem von Suppen und Fertiggerichten
in Form von gefriergetrockneten Mahlzeiten aus dem Säckchen
ernähren. Um den Vitaminhaushalt auf gleich zu halten haben
wir gut ein Kilo Kiwis und auch einige Bananen mit. Die Kiwis bewähren
sich sehr gut - sie halten bis zuletzt, während die Bananen
bereits am zweiten Tag leichte Verfallserscheinungen zeigen.
Für
drei Personen berechne ich zwei Packungen und damit fahren wir ganz
gut. Heute gibt es Wildniseintopf mit Fleisch und Reis (schmeckt
sosolala) und dann noch Hühnchen mit Pasta und Gemüse,
das ein positives Echo bei den Gästen hervorruft. Dietmar holt
aus seinem Tagesrucksack eine Fläschchen Chianti Classico,
Villa Antinori, Jahrgang 1997 hervor. Jetzt ist eine schnelle Reaktion
von mit erforderlich. Was tun? Eigentlich bin ich ja strikt gegen
Alkohol bei den Touren - andererseits kann man guten Wein durchaus
zu den Nahrungsmitteln rechnen. Mein Gewissen macht einen Kompromiss.
Aus Gesundheitsgründen wird ein Gläschen genehmigt. Denn
es könnte ja zu schlimmen Folgen führen, wenn eine liebe
Gewohnheit allzu plötzlich abgesetzt wird.
Nach
dem Essen gehe ich hinunter zum See spülen, hier bewährt
sich der Sandstrand. Sand ist ein hervorragendes Spülmittel
und sicher umweltfreundlicher als das beste Spülmittel aus
dem Supermarkt. Da viele Kanuten ihr Wasser bei den Touren aus den
Flüssen und Seen schöpfen, scheint es mir der Gesundheit
nicht sehr zuträglich, im See Spülmittel zu verwenden.
Da
noch ein wenig Zeit bleibt sehe ich mir den Übergang des Sees
in den Fluss an und folge dem Verlauf des Flusses ein Stück
auf einem kleinen Pfad. Hier sehe ich meine Befürchtungen bestätigt:
Der heiße Sommer hat dazu geführt, dass der Rottnan extrem
wenig Wasser führt, das heißt, wir werden morgen mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein wenig Mühe haben, uns über
die Holzbohlen, die den Auslauf des Sees im Übergang zum Fluss
bilden, drüberzuschwindeln. Aber das soll nicht heute meine
Sorge sein, daher spaziere ich wieder zurück zum heimeligen
Lagerfeuer.
Wir
unterhalten uns ein wenig, gehen den heutigen Tag durch und schon
nach kurzer Zeit wird es Zeit, an die Nachtruhe zu denken. Die Isomatten
werden ausgelegt, die Schlafsäcke ausgerollt, das Feuer verlischt
und wir gehe zur Ruhe. Um elf fängt es an zu regnen. Zuerst
vereinzelt leichte Tröpfchen, die ich optimistisch als Kiefernnadeln
interpretiere, bis mich das stete sanfte Rauschen davon überzeugt,
dass es sich dabei um einen ausgewachsenen Landregen handelt. Inzwischen
ist es auch dunkel geworden - bis zehn war es taghell, jetzt, um
zwei, ist es dunkel.
Der
Wind treibt die Wellen an den Strand. Ich klettere aus dem Schlafsack,
öffne die Zeltplane und sehe hinaus in die stockdunkle Nacht.
Es hilft nichts, ich muss einfach alles checken. Zum Glück
liegt meine Regenjacke zuoberst in der Tonne. Das Zelt steht optimal,
in keiner Senke, sondern so, dass alles Wasser gut ablaufen kann.
Wie ich schon gedacht hatte, ist die Rinne, die mir bereits bei
der Ankunft aufgefallen war, dazu da, um das Wasser abzuleiten.
Ein kleines Bächlein springt fröhlich genau zu unserem
Kanu. Naja, wenn es weiter nichts ist, ich rücke das Boot ein
wenig zur Seite, der See steigt nicht und daher kann ich beruhigt
wieder in den Schlafsack kriechen. Um fünf Uhr lässt der
Regen nach um sechs Uhr hört er ganz auf. Um acht Uhr dreissig
ist Tagwache.
Dietmar
geht schwimmen. Neun Uhr dreissig Frühstück. Aus Erfahrung
klug haben wir diesmal ausreichend Brot mit. Es gibt da in den schwedischen
Supermärkten eine dänische Brotsorte (Schulstad) aus dunklem
Getreide mit Sonnenblumenkernen, das sich ganz hervorragend für
solche Touren eignet, da es sehr kräftig ist und gut hält.
Streichkäse und Marmelade gibt es als Geschmacksverstärker.
Danach ein kräftiges Müsli. Zum Trinken Kakao aus dem
Portionssäckchen. Da der Transport der Frischmilch aus Haltbarkeitsgründen
mehr als problematisch ist, hat sich der Säckchenkakao gut
bewährt. Außerdem ist er recht süß und da
auf Kanutouren auch eingefleischte Zuckergegner wegen des hohen
Kalorienverbrauchs eine süßen Zahn kriegen, passt er
optimal.
Um
zwölf brechen wir auf. Dieser Rhythmus wird uns plus minus
eine Stunde auch den Rest der Tour erhalten bleiben. Alles läuft
mehr oder weniger im Zwei Stunden Rhythmus ab. Zwei Stunden für
Frühstück mit Packen, zwei Stunden Paddeln, zwei Stunden
Mittagspause, zwei Stunden Paddeln und dann ein schönes Plätzchen
suchen.
Die
Einfahrt in den Fluß erweist sich als nicht ganz einfach und
ich bin froh, dass ich mich gestern Abend noch ein wenig umgeguckt
habe. Daher nehmen wir die Führe ganz links und kommen auch
- bis zum halben Kanu. Dann liegen wir fest. Wir sind extrem schwer
beladen und dann noch zwei Erwachsene , da kommt doch ein ganz schönes
Gewicht zusammen. Es hilft nichts, wir müssen raus. Zum Glück
fährt Dietmar bloßfüßig und ich selber habe
halb hohe Stiefel an, daher macht uns der Kontakt mit dem Wasser
nichts aus. Hauruck, hauruck, und schon geht es weiter bis zur nächsten
Biegung. Da versperren uns große Steine den weg. Ajajaj, wo
geht es durch?
Da
vorne ist ein V. "Siehst du das V, Dietmar?" rufe ich.
"Da müssen wir durch." Dietmar schaut kurz nach vor
und nickt. Dann kurzes zögern. "Welches V?" Inzwischen
sind wir gefährlich nahe an die Steine heran getrieben. "Egal
welches, paddeln, paddeln, paddeln". Zu spät. Ich steuere
zum rechten V während Dietmar sich offenbar fürs andere
entschieden hat, mit dem Paddel die Seite wechselt und frenetisch
zu paddeln anfängt. Auch das beste Kanu muss den Gesetzen der
Schwerkraft folgen und unseres entscheidet sich, sich quer zu legen.
Herrlich, wie genau es sich um den ersten großen Stein in
der Mitte der beiden V windet.
Ich
beschließe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, speziell,
da der Fluss so träge ist, dass keine gefährliche Situation
eintritt. "Volle Kraft zurück" und schon sind wir
wieder im offenen Fahrwasser und diesmal nehmen wir beide das linke
V.
Entlang
des ganzen Flusses sind Biber am Werk gewesen und haben eine Vielzahl
von Birken gefällt. Immer wieder sehen wir die mächtigen
Bauten dieser kunstfertigen Wasseringenieure.
So
geht es Kurve um Kurve. Nach einer Stunde sind wir schweißgebadet,
dann hat der Fluß ein Erbarmen mit uns und erweitert sich
zu einem schönen See, dem Långtjärn. Die ungewohnte
Anstrengung hat in uns einen ordentlichen Hunger entfacht und wir
halten nach einem schönen Plätzchen Ausschau. Am Westufer
sehen wir vor uns eine passende Landzunge, auf die halten wir zu
und um 13 Uhr 45 legen wir an.
Ein
Bächlein sprudelt, Kinder haben bereits eine Sandburg gebaut
und eine Feuerstelle gibt es ebenfalls. Super.
Der
See breitet sich ohne die geringste Andeutung einer Welle vor uns
aus. Blaue Fenster zeigen sich am Himmel und spiegeln sich eitel
im See. Ein Süpplein köchelt bald, und schon ist der ärgste
Hunger gestillt. Wir durchqueren den See und haben im Fluss wieder
die gleichen Mühen wie vorher. Da wir nur langsam vorankommen
bleibt uns viel Zeit, die Landschaft zu beachten, die sich hier
wirklich von ihrer wildesten Seite zeigt. Kein Haus ist weit und
breit zu sehen, kein Mensch, nur wir kämpfen um jeden Meter.
Der Wald kommt bis an den Fluß heran, Birken, Kiefern, so
weit das Auge reicht.
Noch
eine weitere Kurve dann führt eine Eisenröhre zum Vittjärnsee.
Die Röhre ist so groß, dass wir bequem durchpaddeln können.
Der Vittjärnsee ist nicht sehr groß, eher ein Teich,
hat aber sehr schöne Rastplätze. Doch für uns ist
es noch zu früh am Tag, daher beschließen wir, weiterzufahren.
Doch bei genügend Wasser im Fluss ist es sicher eine gute Idee,
sich diesen See als Rastplatz zu merken.
Für
die Weiterfahrt sollte noch gute Zeit zur Verfügung stehen,
da sich die Ufer mehr oder weniger ungeeignet erweisen um das Zelt
aufzuschlagen. Zu steil und abschüssig und feucht. Erst beim
Hötjärnsee gleich links nach der Einfahrt dürfte
es ein Plätzchen geben, doch das haben bereits Kollegen für
sich entdeckt. Daher paddeln wir weiter zum nächsten See, dem
Näverbodsee und sehen vor uns eine Sandbank. Darauf halten
wir zu und werden nicht enttäuscht. Ein paar Schritte über
dem See finden wir genau Platz für unser Zelt.
Am
Strand entfachen wir das obligate Lagerfeuer und kriegen einen bezaubernden
Sonnenuntergang serviert. Dietmar erzählt von spannenden Abenteuern
in Afrika, als plötzlich zwei Geparden im Jeep saßen
und sich ein Stück mitnehmen ließen. Trotzdem wir hier
quasi mitten im Ort sind, hören wir nichts außer einem
unermüdlichen Holzfäller, der seine Motorsäge bis
zehn Uhr am Abend betätigt.
Das
Abendessen besteht aus Hühnchenfrikassee mit Blaubeerensuppe
als Nachtisch. Diese Suppen, es gibt sie in den verschiedensten
Geschmacksrichtungen, wie Blaubeeren, Hagebutte, Himbeere, Erdbeere,
bewähren sich sehr gut. Warm und viel Energie und wohl auch
Vitamine. Zufrieden kriechen wir in unsere Schlafsäcke. In
der Nacht regnet es leicht , doch das stört uns nicht.
Am
nächsten Tag gehe ich zur Kirche und hole Wasser für den
Frühstückskakao. Obwohl wir bereits um neun frühstücken,
dauert es wieder bis zwölf mit Spatengang und allem bis wir
aufbrechen. Um vierzehn Uhr sehen wir eine wunderschöne Landzunge
im Fluß, mit Superzeltplatz, doch leider zu früh. Trotzdem
legen wir an und genießen Hörnchen mit Käsesauce.
Als Nachtisch pflücken wir riesige Blaubeeren. Ein Regenguss
verscheucht uns unter die Kiefern, vor uns dräuen dunkle Wolken.
Um fünfzehn Uhr brechen wir auf.
Wir
kommen unter der Brücke von Majoalamo durch und befinden uns
in einer kanalartigen, wunderschönen Gegend. Schilf rechts
und links, dahinter Kiefern und bewaldete Hügel. Chris hält
spielerisch die Angel ins Wasser, es dauert keine fünf Minuten,
schon zuckt es daran. "Ein Fisch, ein Fisch, ich hab einen
Fisch gefangen", tönt Chris. Wirklich, ein gar nicht so
kleiner Fisch zappelt am Haken. "Eine Rotfeder" erklärt
Chris fachmännisch nach kurzem Hinschauen. Für
uns stellt sich die Frage, was tun mit dem Fischlein? Dietmar stellt
sich als Tierfreund heraus und befreit den Fisch vom Haken und lässt
ihn schwimmen. Weg ist das Abendessen. Wir finden eine schöne
Bucht im Rittjärn. Eigentlich ist es sehr schön hier mit
dem Teich und dem Wald dahinter und den Weidenbüschen die den
Teich säumen. Wir paddeln dennoch ein Stück weiter bis
Kittmon, doch finden wir kein Plätzchen, das dem Rittjärn
das Wasser reichen könnte und wenden.
Der
Fluss erweitert sich hier etwa dreissig oder vierzig Meter und ist
ziemlich flach. Die ganze Fläche ist übersät von
Baumstrünken, die wie Pilze aus dem Wasser schauen. Hier gefällt
es Dietmar ganz besonders gut und immer wieder hält er im Paddeln
inne um die Gegend in sich aufzunehmen. Es ist auch wunderschön:
die Weite des Himmels, die kleinen Haufenwölkchen, der unbegrenzte
Horizont. Ein Szenario, das wir sonst nur von den Prospekten aus
Montana oder Colorado kennen.
Am
Rittjärn stellen wir das Zelt auf und während ich mich
ans Zubereiten des Abendessens mache, beschließen Dietmar
und Chris eine kleine Kanutour auf eigene Faust zu machen. Chris
hat Feuer gefangen und will unbedingt noch einen Fisch erwischen.
Die beiden verschwinden um die nächste Kurve. Nach zehn Minuten
fängt es plötzlich ohne Vorwarnung zu schütten an.
Haben die beiden ihre Regenkleider mit? Natürlich nicht. Patschnass
kommen sie zurück. Chris springt gleich in trockene Klamotten
und danach in den Schlafsack. Dietmar und ich errichten mit Hilfe
der Persenning eine kunstvolle Konstruktion, sodass wir vor dem
Zelt kochen und sitzen können. Im Zelt zu kochen ist bei einem
Kuppelzelt sicher keine gute Idee, dazu ist das Brandrisiko einfach
zu groß, da bietet ein Absidenzelt sicher große Vorteile.
Am
nächsten Morgen erleben wir eine unangenehme Überraschung.
Da muss wohl Wasser in die Futterkiste eingedrungen sein, denn die
Brotscheiben sind eingeweicht. Schmeckt nicht unbedingt optimal.
Doch das Wetter entschädigt uns. Es ist strahlend blau .
Um
zehn Uhr dreissig brechen wir zur letzten Etappe auf. Um elf Uhr
dreissig beißt der nächste Fisch. Um dreizehn Uhr kommen
wir zum Skallbergsee. Nach ein paar missglückten Versuchen,
auf den winzigen Inseln anzulegen, paddeln wir hinüber zum
Ostufer. Hier fahren wir gemütlich am Ufer entlang bis zu einem
sandigen Einschnitt. Womit wir wegen der Steilheit des Ufers nicht
gerechnet hatten, wird plötzlich wahr: Das steil abfallende
Ufer öffnet sich und ein kleiner Naturhafen liegt gut geschützt
dahinter.
Perfekt
für unsere letzte Mahlzeit auf dieser Tour. Etwa fünf
Meter weiter oben unter Kiefern wäre auch ein schöner
Zeltplatz. Unsere Mahlzeit besteht aus Ravioli mit Bananen. Das
letzte Lagerfeuer dieser Tour wird entfacht und dann heißt
es langsam Abschied nehmen vom Rottnanfluss und Värmland. Um
sechzehn Uhr sind wir am ausgemachten Treffpunkt und werden pünktlich
von Susanne abgeholt.
Dietmar
und Chris sind begeistert und freuen sich auf die nächste Tour.
Denn dass das nicht die letzte Tour bleibt, ist klar. "Die
Weite, das Erleben, die Nähe zur Natur, die Einsamkeit und
die Möglichkeit zur Selbstbesinnung und das Erfühlen des
Wesentlichen, das kriegst du wohl sonst nur beim Wandern mit. Und
beim Paddeln brauchst du dich fast nicht anzustrengen," meint
Dietmar. "Und
kriegst außerdem noch Fische an den Haken", fügt
Meisterangler Chris selbstbewusst hinzu.
Kanuoutfitter: www.vildmark.se
Last
Updated: Donnerstag, 4. September 2008
Copyright 1999-2008 Dr. Eduard Nöstl
ISDN
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