Wandern
in Südschweden
Romeleåsen/Schonen
Von
der Romelehütte
nach
Genarp
"Housz
hickebrig er en Wandmölle kaldes Hickeberg Mölle".
In Hickebrig steht eine Wassermühle, die wird Hickeberg Mühle
genannt. So steht es im Pfarramtsverzeichnis aus dem Jahr 1624 zu
lesen. Die Ruinen dieser Mühle sind der Zielpunkt unseres Ausflugs
von der Romelestugan nach Genarp und wieder retour.
von
Eduard Nöstl
Die Wanderung führt durch saftige Wiesen, über mit Fichten
bewaldeten Hüge, dann wieder durch Laubwald aus Birken und
Buchen, um nach einem kurzen Zwischenspurt durch ein Nadelwäldchen
im Finish an einer Buchenallee entlang an den Überresten der
Häckebergamühle am romantischen Bach Höje Å
(Å = Bach) zu enden.
Die
Romelehütte liegt auf einem Hügel, von dem man einen guten
Überblick über die gesamte Umgebung hat: der Blick auf
Dalby im Westen, über Malmö im Süden und den hügeligen
Romeleklint im Osten ist beeindruckend und stimmt auf den
Tag ein.
Zwanzig Kilometer ist die Strecke lang, das bedeutet vier Stunden
reine Gehzeit bei einer Geschwindigkeit von fünf Kilometern
die Stunde. Bei gemütlichem Ausschreiten oder Wandern mit Kindern
werden wohl eher drei Kilometer die Stunde drinnen sein, mit den
empfohlenen Pausen wird dieser Ausflug daher zu einer schönen
und erfüllten Ganztagstour.
Wir
folgen der gelben Markierung, die zugleich auch die orange Markierung
des Schonenweitwanderwegs ist. Obwohl wir nur fünfundzwanzig
Kilometer von Lund und knapp vierzig von Malmö entfernt sind,
befinden wir uns völlig abseits von allem Getriebe und können
die Natur und die Ruhe auf uns einwirken lassen.
Überhaupt beindruckt Schweden vom ersten Moment an durch seine
Weite, Grosszügigkeit und Ruhe. Das grösste skandinavische
Land eignet sich also für den Kurzurlaub ebenso wie für
einen längeren Ferienaufenthalt.
Nach
hundert Schritten sind wir bereits im ersten kleineren Wäldchen,
das wir bald durchschritten haben und auf einem Feldweg streben
wir dem ersten Höhepunkt zu: einer Weide, die, einer Alm gleich,
ihre saftigen Wiesen vor uns ausbreitet und mit ihren Hügeln,
die sich gegen den blauen Himmel abzeichnen, Ruhe und Entspannung
anbietet.
Durch
ein kleines Birkenwäldchen geht es auf einem schmalen Pfad
entlang. Wir pirschen uns immer näher an den Romeleklint heran,
der uns schon von weitem mit seiner Richtfunkanlage als Landmarke
dient. Jetzt über ein kleines Bächlein und nun heisst
es steigen.
Steil und kompromisslos führt der Weg den Berg hinan, man möchte
nicht glauben, wie viele Steine auf dem Weg liegen können.
Etwas ausser Atem kommen wir nach einer guten Stunde zur Weggabelung,
wo rechts der Weg auf den Romeleklint abzweigt, während wir
geradeaus nach Genarp weitermarschieren.
Nach
kurzer Zeit haben wir den Hügelkamm überschritten und
von nun an geht es gemütlich dahin. Hoher Laubwald, vor allem
Buchen und Birken, aber auch die eine oder andere Eiche breiten
ein schützendes Dach über den Weg, ein kleiner Bach gluckert
vergnügt vor sich hin und der Weg führt herrlich eben
dahin, sodass wir uns nicht anzustrengen brauchen.
Die Markierungen sind vorbildlich angelegt, nur einmal, an einer
Weggabelung, folgen wir linkerhand unserer Eingebung. Hier heisst
es aufmerksam sein, denn nach ungefähr zwanzig Schritten verlassen
wir den Güterweg bereits wieder und folgen der Markierung rechts
in den Wald einen Wildzaun entlang.
Der
Weg ist breit und gut ausgetreten, der eine oder andere Mountainbiker
hat sich diesen Pfad als Trainingsstrecke gewählt, worauf die
Spuren schliessen lassen, die sich in den weichen, schwarzen Erdboden
eingegraben haben. Doch wir fühlen uns nicht gestört,
es ist genug Platz für alle da. So gelangen wir unter stetem
Geplauder, wie es nur Leuten eigen ist, die mit sich und der Welt
zufrieden sind, bis zur kleinen Wirtschaft Kullagården.
Hier ist eine Rast angesagt und die mitgebrachte Jause kommt auf
den Tisch. Kullagården ist speziell für Selbstversorger
eingerichtet, für den Platz am rohen Holztisch ist ein kleiner
Obolus von fünf Kronen zu entrichten, ausserdem kann man eine
Wanderkarte über die Gegend hier oder eine Erfrischung erstehen.
Gestärkt
treten wir nach kurzer Zeit den Weitermarsch an, vorbei an einem
Gehöft, Pferdekoppeln und einigen Wochenendhäusern geht
es über moosiges Gelände durch einen kleinen Fichtenwald,
immer entweder der gelben oder orangen Markierung nach.
Der Weg führt an einem Jungwald vorbei, wo wir zu unserer Freude
das "Kluck-kluck" des spielenden Auerhahnes vernehmen
und während wir fast auf Zehenspitzen weitergehen, können
wir ein Rudel Rehe beobachten, das friedlich auf einer Lichtung
äst.
Die
Wälder rund um Häckeberga sind wegen ihres Wildreichtums
bekannt und beinahe bei jedem Ausflug in diese Gegend bekommt man
Rehe, Hirsche oder sogar Fischadler zu sehen. Das Gebiet nördlich
des Schlosses Häckeberga wurde 1982 zum Naturresrvat erklärt
und umfasst 167 ha.
Das Schloss Häckenberga etwas ausserhalb von Genarp liegt wunderschön
am malerischen See gleichen Namens. Der See ist im Sommer von Tausenden
blühenden Seerosen bedeckt.
Doch noch haben wir ein Stück Weges vor uns. Unsere Sinne sind
durch die Begegnung mit den Bewohnern des Waldes geschärft
und so sind wir fast enttäuscht, als wir den Wald verlasssen
und an einem Buchenrain eine weitläufige Weide entlangmarschieren.
Auch hier sind in der Früh und in der abendlichen Dämmerstunde
Rehe beim Äsen zu beobachten.
Die letzten hundert Meter vor Genarp verläuft der Weg durch
einen typisch südschwedischen Laubwald, der Bach Höje
Å, der schon die Häckebergamühle angetrieben
hat, ist Zeuge jener verflossenen Zeit und springt noch gleich munter
wie vor dreihundert Jahren über die Steine. An unserem Ziel
angelangt, lassen wir uns zu einer ausgiebigen Rast an den bereitgestellten
Bänken nieder, bald flackert ein lustiges Feuer am Grillplatz
und die mitgebrachten Würstchen schmecken super.
Ob die Müllersleute sich das wohl gedacht hätten, als
sie vor dreihundert Jahren den Zufluss zu ihrer Mühle ausheben
liessen?
Last
Updated: Donnerstag, 4. September 2008
Copyright 1999-2008 Dr. Eduard Nöstl
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