. Blitzcheck: . .. .

 

Ringsee/Schonen

Bosjökloster

In der schwedischen Toscana

Wir bleiben diesmal gleich in Südschweden, ziemlich genau in der Mitte sogar, in der Gegend um den Ringsee, der von August Strindberg einmal als "Schonens grösste Schönheit" bezeichnet wurde. Die beiden Hauptorte sind Höör und Hörby, die von der Reichsstrasse 13 miteinander verbunden werden. Diese Strasse gilt es, tunlichst zu meiden, vor allem, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, denn der Verkehr ist für schwedische Verhältnisse ziemlich intensiv. Zum Glück gibt es kleine Nebenstrassen, auf denen es sich gut radeln lässt. Darum wollen wir uns gleich hinausbegeben und uns den durch den Blütenduft würzigen Sommerwind um die Nase wehen und das Auge über die weiten Getreidefelder schweifen lassen, wo die Ähren bereits gelb und schwer an den Stengeln hängen und auf die Erntemaschine zu warten scheinen und die Sonne vom blauen Himmel lacht, umrahmt von ein paar richtig fotogenen weissen Wölkchen.

von Eduard Nöstl


 

Der Ringsee besteht eigentlich aus drei Seen: dem östlichen und dem westlichen Ringsee sowie dem Sätoftasee. Gespeist wird der Ringsee unter anderem vom Bach Hörbyån, der am Campingplatz Rinsjöstrand bei Osbyholm in den östlichen Ringsee fliesst.

Wir beginnen unsere Rundfahrt am anderen Ende des Sees, in Snogeröd. Gleich gegenüber dem Sportplatz des Ortes zweigt von der Strasse Richtung Hörby ein Feldweg ab Richtung See. Diesem folgen wir vorbei an einem langgestreckten Getreidefeld und haben nach etwa zweihundert Metern bereits die orange Markierung des Schonenweitwanderwegs, der ein Stück, bis Hörby, unser Begleiter sein wird.

Wir befinden uns jetzt auf dem ehemaligen Bahndamm, als die Eisenbahn noch von Eslöv nach Hörby geführt hat. Ein alter Wasserturm für die immer durstigen Lokomotiven steht noch immer malerisch gegenüber dem ehemaligen Bahnhof, der jetzt in ein Ferienhaus umfunktioniert wurde.

Bereits hier beginnt die grosse Geissel des Ringsees. Privathäuser am Strand, wodurch wir den See immer wieder nur erahnen können. Immerhin sind die Villen schön und die Gärten gepflegt, sodass sich das Auge an den Blumen und den perfekt gestutzten Rasen erfreuen kann. Andererseits wie sagt man doch so schön - des einen Leid des anderen Freud und wenn eines dieser Häuser mir gehören würde dann würde ich wahrscheinlich auch keinen Gedanken daran verschwenden, dass andere Leute das vielleicht nicht so gut finden. Also alle die das lesen und eines dieser Häuser ihr eigen nennen - bitte geniesst die Aussicht und lasst es euch richtig gut gehen.

Ausserdem ist es ja nicht so, dass es nicht genügend Möglichkeiten zum Baden gibt: drei öffentliche Badestrände laden ein am Ringsjön. Im Ortsteil Gamla Bo liegt
nicht nur ein öffentlicher Badestrand, sondern hier gibt es auch einen wirklich
malerischen, um nicht zu sagen romantischen öffentlichen Zugang zum
westlichen Ringsjön. (Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Nalop, vielen Dank dafür).

Lustige Tiroler: Fam. FriedlEinige der Häuser sind als Ferienhäuser zu mieten, wie wir bald merken, als wir auf ein Auto mit östereichischem Kennzeichen stossen. Die vierköpfige Familie Friedl aus Reutte in Tirol ist bereits das dritte Mal auf Schwedenurlaub und nach zweimaligem Urlaub in Småland sind sie heuer am Ringsee.

"In Småland waren wir in der Nähe von Växjö und in der Nähe von Markaryd. Das war deutlich ruhiger da, aber hier am Ringsee kann man dafür enorm viel unternehmen", fasst Vater Friedl zusammen. Die Familie verströmt die typisch österreichische Gemütlichkeit und als dann auch noch ein Zipferbier auf den Tisch kommt, sind der guten Laune keine Schranken mehr gesetzt. "Bier und Wein ist das einzige, was wir auf unseren dreiwöchigen Urlaub mitnehmen," erklärt Mutter Friedl, "alles andere kaufen wir hier ein".

Das Haus der Familie ist gross und liegt natürlich am See, der sich sich hier in seiner ganzen Majestät zeigt, was schon mal in ziemlichem Wellengang resultieren kann, speziell, wenn der Wind wie heute aus Westen kommt. Ganz begeistert ist die Familie Friedl vom Tierreichtum gleich rund ums Haus. "Alles da, vom Igel über den Fischotter bis zum Dachs", freut sich Caroline, die etwa vierzehnjährige Tochter , die sich rührend um ihre kleine Schwester Maria kümmert.

Als wir erzählen, wir würden eine kleine Wanderung für den nächsten Tag ins Auge fassen, erhalten wir gleich einen guten Tip: "Zum Tierpark und dann zum Vaxsee, ein wunderschöner Spaziergang," empfiehlt Vater Friedl.

Camping RingsjöstrandAuf diesem Bahndamm geht es problemlos bis zum Campingplatz Ringsjöstrand, der nun wirklich alles hat, was man sich von einem Campingplatz in Schweden erwartet: Direkt am See in einer Bucht gelegen, von einem Schilfgürtel geschützt und an der Mündung des Hörbybachs, wo die Kanus liegen, die hier gemietet werden können. Auch kleine Blockhütten bieten sich an, nur merkt man ihnen an, dass sie schon geraume Zeit ihren Dienst tun. Doch das tut der Beliebtheit keinen Abbruch, denn der Campingplatz ist voll.

Weiter geht es an Schloss Osbyholm vorbei, ein Renaissanceschloss, das 1678 niedergebrannt wurde, aber bald wieder aufgebaut war. Wir bleiben auf dem Radweg und fahren durch den kleinen, malerischen Ort mit einem kleinen Weiher mitten im Ort. Gleich dahinter kann man wählen: entweder links auf der asphaltierten Strasse Richtung Fulltofta oder auf dem Radweg bleiben und nach Hörby hineinfahren.

Bleibt man auf dem Radweg muss man von Hörby Richtung Höör auf der vielfrequentierten Strasse 13 bis zum Abzweig Fulltofta fahren, daher empfehlen wir schon hier in Osbyholm Richtung Fulltofta zu radeln.

Auf der Strasse ist kaum ein Auto unterwegs und sie bleibt verkehrsarm bis Ludvigsborg. Wir befinden uns hier auf der alten Landstrasse, das sieht man an den Alleebäumen, zuerst uralte Eichen, dann Buchen und dann, kurz vor Fulltofta Gård, ein gelbes Herrenhaus in einem weitläufigen Park mit dazugehöriger schöner Steinkirche, Kastanien. Ein paar Kilometer weiter zweigt links ein Feldweg ab mit dem Schild Fornminne. (Gedenkstein)

Am Wegende liegt das Gräberfeld "Grydsbacken" mit einem "Domarring" oder Gerichtsring aus Eichen, und sechs Schiffsetzungen aus der Jüngeren Eisenzeit (500 v.Chr. - 1050 n.Chr.). Interessant auch die Umgebung, die bis auf ein paar Bauernhöfe ziemlich unbeeindruckt vom Wandel der Gezeiten wirkt. So könnte Schonen durch die Jahrhunderte hindurch ausgesehen haben.

Ludvigsborg ist eine Sammlung Häuser mit Pflegeheimen und einer privaten Schule. Merkwürdigerweise gibt es hier einige Anbieter von Privatzimmern. Granliden in Ludvigsborg sieht richtig nett aus. Vier Kilometer weiter geht es links ab zum Campingplatz Jägersbo. Hauptsächlich für Wohnwagen und schön gelegen am See. Viel Trubel, da hier unterm Jahr ein beliebter Tanzstadel seine Pforten aufschlägt.

Im See stehen zwei Ponnies bis zum Bauch im Wasser, während ihre Reiterinnen vergnügt im Wasser planschen. Ältere Männer fachsimpeln am Strand und Angler versuchen ihr Glück vom Steg aus. Ein friedliches Bild eines gelungenen Sommertages, was noch durch den Duft der Grillkoteletten unterstrichen wird, der vom offenen Feuer herüberweht.

Fast lückenlos schliesst sich Sätofta an. Hier entschwindet der Ringsee, um am Nybyväg, der am Ortsende von Sätofta links abzweigt, plötzlich wieder aufzutauchen. Rechterhand liegen schöne alte Villen, die offensichtlich durch die Strasse vom See getrennt sind, was aber nicht daran hindert, dass die Ufergrundstücke allesamt privat sind und dies auch mit entsprechenden Schildern kundgetan wird. Die Rasenflächen sind peinlich genau gepflegt und das eine oder andere kleine Segelschiff oder Ruderboot liegt am Pier vertäut.

Übrigens sind wir seit Fulltofta auf dem sogenannten "Sverigeleden", einem durch ein grünes Schild gekennzeichneten Radweg unterwegs.

Diese beschauliche kleine Strasse mündet ganz unvermutet in die stark frequentierte Reichsstrasse 23. Dieser folgen wir ungefähr drei Kilometer und kommen zum Bosjökloster. Nicht daran vorbeifahren, sondern anschauen. Es zahlt sich bestimmt aus. Und wenn nur wegen der Blumenpracht, die hier fleissige Hände zustandegebracht haben.

Etwa zweihundert Meter die Strasse weiter reckt die Bosjöklostermühle, eine alte Windmühle, ihre Flügel in den Himmel. Hier ist ein kleiner Parkplatz gleich rechts neben der Strasse und um die Mühle herum sind Holztische und -bänke aufgestellt und es lässt sich völlig ungestört mit Blick über den westlichen Ringsee die Brotzeit einnehmen. Wirklich empfehlenswert, weil kaum jemand stehenbleibt.

Gestärkt geht es weiter nach Gamla Boo, auch wieder so eine Ansammlung von Häusern aus dem Bilderbuch. Linkerhand liegt eine Räucherei, nach Überquerung des Verbindungsgewässers der beiden Ringseen liegen zwei Gasthöfe, Ringsjövärdshus und Pension Klinta. Dann geht es bergauf und links und rechts breiten sich Getreidefelder aus. Der Ringsee liegt weit unten. Nach zwei Kilometern sind wir wieder am Ausgangspunkt unserer Rundfahrt. Ungefähr vierzig Kilometer haben wir zurückgelegt. Eine schöne Ganztagstour.


Skånes Djurpark, Vaxsee und Bosjökloster

An einem Tag wie diesem ist für jeden etwas dabei. Die Kinder freuen sich über den Ausflug in den Tierpark, einen der grössten Schwedens und mit seiner Vielfalt an nordischen Tieren wohl auch einer der am besten ausgestatteten. Elch, Luchs, Vielfrass, Wolf, Wisent, Robbe, Dachs, Marder und jede Menge Vögel sind da. Die Eintrittskarte um SEK 100.- (DEM 18.-) für Erwachsene, Kinder haben freien Eintritt, gilt fürs ganze Jahr.

Neben dem Tierpark wurde eine Steinzeitsiedlung aufgebaut, ausserdem liegt ein spärlich besuchter Campingplatz und eine interessante Jugendherberge "Grottbyn", wo in Erdhöhlen Zimmer hineingebaut wurden. Keine Angst, die Zimmer sind voll modern mit Dusche und WC. Durchaus interessant, wenn man eine etwas extravagante, nicht alltägliche Übernachtungsmöglichkeit sucht.

Am VaxseeWir folgen dem Tip der Familie Friedl und wandern von der Grottbyn den gut beschilderten Weg Richtung Vaxsee. Am Zaum entlang, dafür gibt es auf der anderen Seite des Wegs massenhaft Himbeeren. Nach vierzig Minuten sind wir am anderen Ende des Tierparks angekommen und die Seeumschreitung kann beginnen.

Der Vaxsee ist klein, etwa zwei Kilometer im Umfang, und dürfte ein gutes Angelrevier sein. Darauf lassen die vielen Stege und Feuerstellen schliessen, die rund um den See zu finden sind. Nach ungefähr einer Stunde sind wir in Frostavallen angekommen, wo ein Vogelzoo eingerichtet wurde mit bunten Vögeln aus aller Welt. Einer schöner gefärbt als der andere.

Frostavallen ist eine Hotelanlage, die im Sommer mit angenehmen Preisen aufwarten kann. Ausserdem sind es von hier nur ein paar Kilometer zum Dagstorpsee, der mitten in einer zauberhaften Wandergegend liegt.

Von Frostavallen marschieren wir zurück zum Auto und fahren gleich zum Bosjökloster, ca. zehn Kilometer. Bosjökloster liegt etwa dreihundert Meter von der Strasse entfernt direkt am Ringsee. Zwischen Strasse und Kloster tummeln sich Golfspieler. Doch gleich nach der Einfahrt herrscht Ruhe und Stille.

BOSJÖKLOSTER

Bosjökloster war über Jahrhunderte ein Benediktinerkloster, ist heute aber vom Grafen Tord Bonde bewohnt, der grosszügigerweise sein Schloss der Öffentlichkeit aufgetan hat. Natürlich nicht alle Räume, aber einen Grossteil. Dazu gehört auch die alte Klosterkirche und das eigentliche Kloster.

Ausstellungen und eine urige Ahnengalerie geben einen Einblick in die durchaus beeindruckende Geschichte der Familie Bonde, die einige schwedische Könige, so z.B. Knut Knutsson (gest.1470) aus ihren Reihen gestellt hat. Knut Knutsson Bonde hat das Königsein so viel Spass gemacht, dass er gleich dreimal dieses Amt ausgeübt hat.

Bosjökloster wurde 1080 gegründet. Das Grundkapital dafür hatte man von Hauptmann Tord Thott erhalten, der, als alter Kriegsmann wohl von seinem Gewissen gepeinigt, seinen Frieden mit Gott machen wollte, und was kann da besser helfen als die Fürbitten und Gebete frommer Nonnen? 1181 bestätigte Papst Lucius im ersten schriftlichen Dokument, das Bosjökloster ausdrücklich in dieser Eigenschaft erwähnt, die Privilegien des Klosters.

War das Kloster von Anfang an allen Mädchen offengestanden, so dauerte es nur zweihundert Jahre und jeder, der ins Kloster gehen wollte, musste eine gehörige Eintrittsabgabe leisten. So wird überliefert, dass der Ritter Björn Svensson sieben Höfe versetzen musste, um seinen beiden Töchtern den Eintritt ins Kloster zu ermöglichen.

Der Besuch des Klosters wurde mit 40 Tagen Ablass belohnt. Wie viele Tage Ablass der heutige Besucher für seine fünfzig Kronen Eintritt bekommt, die er bei Betreten des Kloster berappen muss, ist nirgendwo dokumentiert, aber der Besuch zahlt sich auf alle Fälle aus.

Fixpunkte der Besichtigung sind: Kirche, Refektorium der Nonnen, Rosengarten, Klosterhof, Kräutergärtchen und tausendjährige Eiche. Leider gibt es Führungen nur für Gruppen. Als Draufgabe empfiehlt sich eine Fahrt mit dem Ruderboot, denn die ist im Preis inbegriffen.

Das ist wieder einer jener Züge, die Schweden so liebenswert machen - gerade, wenn man glaubt, es ist wie überall sonst auch, da kommt wieder eine grosszügige Geste, die alle kleinlichen Kritikpunkte aufhebt, ins Nichts verwandelt und eigentlich den Kritiker beschämt dastehen lässt.

Unter den vielen Schlossherren auf Bosjökloster sei einer erwähnt, der uns bereits aus einem anderen Artikel zur Geschichte Schonens bekannt ist (Brömsebro). Genau, es ist jener Corfitz Uhlfelt, der in jenen Jahren der Kriegswirren so ungeschickt hantierte, dass er es sich nicht nur mit den Schweden, sondern auch mit dem dänischen König verscherzte. Ulfelt musste fliehen, seine Frau, eine Schwester des dänischen Königs, wurde in Kopenhagen ins Gefängnis geworfen und Bosjökloster ging in den Besitz der schwedischen Krone über.

Wieder sollten einige Jahre ins Land gehen, auf Bosjökloster sass damals ein alter Richter, Hammarberg mit Namen, der wohl sang- und klanglos von der Geschichte verschluckt worden wäre, wäre nicht sein Sohn der "Kurier Stenbocks" gewesen.

Das war so: Damals gab es ja keine Telefone und mit der Post war es wohl auch nicht weit her, wenn also ein grosses Ereignis nach Stockholm am Hofe berichtet werden sollte, wurde ein Kurier geschickt. Feldherr Magnus Stenbock hatte in einem der unzähligen Kriege zwischen Schweden und Dänemark den Dänen wieder einmal eine entscheidende Niederlage zugefügt und also musste dieses Ereignis berichtet werden.

Zum Kurier, der die freudige Nachricht übermitteln sollte, wurde kein anderer als der Sohn jenes Hammarberg auf Bosjökloster ausersehen. So ging der Name Hammarberg in die Annalen ein.

1904 ging Bosjökloster in den Besitz der Familie Bonde über, einer der ältesten Adelsfamilien Schwedens. 1968 öffnete Tord Bonde Bosjökloster für die Allgemeinheit und seither haben Tausende von in - und ausländischen Besucher sich an den alten Klostermauern erfreuen können.

In der schwedischen Toscana

Es klingt vielleicht merkwürdig, aber die beiden Seen, der östliche und der westliche Ringsee, verbreiten unserer Meinung nach ein völlig unterschiedliches Ambiente. Nicht allein die Grösse unterscheidet die beiden Seen, ist der östliche Ringsee vierzig Kilometer vom Umkreis her gesehen, so muss sich der westliche mit bescheidenen neunzehn begnügen, nein, auch von der Ausstrahlung ist der östliche fast protzig zu nennen, während der westliche geradezu bescheiden wirkt.

Bosjökloster, Fulltofta und auch die alten Villen an der Nybystrasse verleihen dem östlichen Ringsee ein Gepräge wie die Diamanten einer Königskrone, während der westliche bescheiden wie ein Girardi im kleinbürgerlichen Strohhut auftritt. Allerdings ein Strohhut, der schon einmal im Überschwang der Gefühle in die Luft geworfen wird, was man bei einer Krone ja tunlichst vermeiden wird.

Der westliche Ringsee ist also eher etwas für die Bescheidenen, die Kleinbürgerlichen und die Bodenständigen unter uns, die sich an kleinen Dingen erfreuen wollen, denen ein Kuckuruzfeld (Maisfeld), das grünsaftig daliegt, oder ein Getreidefeld mit seinem gelben Heiligenschein ehrlicher und wichtiger erscheint als ein allemal so schönes und wertvolles Schloss, das nur aus Prunksucht geschmückt und herausgeputzt worden ist.

So ist denn auch der Höhepunkt der Rundfahrt um den westlichen Ringsee kein Schloss, sondern ein kleines Kirchlein, die Kirche von Stehag.

Doch wir wollen den Ereignissen nicht vorgreifen sondern beginnen unsere Rundfahrt dort, wo die Strasse von Sätofta her kommend, die Strasse 23 überquert. Da haben wir linkerhand gleich die weitgestreckten Stallungen und Pferdekoppeln der Araberzucht und Galopprennbahn von Blommeröd. Daran schliessen sich die Laubwälder von Ormanäs und gleich dahinter öffnet sich das Land und linkerhand sehen wir eine Vogelwarte, die einen schönen Blick über den See ermöglicht.

Auf der Brücke, wo der Rönnebach den Ringsee verlässt, stehen zwei Buben und halten konzentriert und andächtig eine Angel ins Wasser.

"Na, beissen die Fische?"
"Nein", nach einem kurzen Zögern "doch, einer, ein Barsch".
Dann wenden sich die zwei Köpfe wie auf Kommando wieder ihrer Beschäftigung zu und der neugierige Fremde ist vergessen.

Bei Sjöholmen donnert ein X2000 vorbei, der Hochgeschwindigkeitszug und ganze Stolz der Schwedischen Eisenbahnen, dann ändert sich die Landschaft. Reines Bauernland tut sich auf.

Rechterhand ein Kuckuruzfeld, dann eine scharfe Rechtskurve mit darauffolgender ziemlicher Steigung, linkerhand ein riesiges Getreidefeld, das seine gelben reifen Ähren bis zum Horizont erstreckt.

Stehags Kyrkby, also Stehags Kirchdorf steht auf einem kleinen Schild, daneben ein Kirchlein mit vielen Eintrittstoren, die alle verschlossen scheinen. Doch eine Tür steht weit offen und wir treten ein.

Die Kirche unterscheidet sich von anderen Kirchen in Schonen durch die Heimeligkeit - wodurch wird dieses schöne Gefühl des Heimkommens hervorgerufen? Ist es der Altar, schön geschnitzt und mit Heiligenbildern, die farbenprächtigen Hinterglasmalereien der Fenster? Nein, es dürften die gastlichen Tische sein, die im Seitenschiff aufgestellt sind.

Auf einem Kasten hält ein holzgeschnitzter Engel Wacht und am Fenstersims liegt eine uralte Bibel aufgeschlagen. Voller Neugier treten wir näher: die "Höga Visan" das Hohelied ist aufgeschlagen und beginnt "Kyssar give han mig/ kyssar av sin mun/ ty din kärlek är mer ljuv än vin…. ("Mit Küssen seines Mundes bedecke er mich/ Süsser als Wein ist deine Liebe/ Köstlich ist der Duft Deiner Salben/ Dein Name ist hingegossenes Salböl/ darum lieben dich die Mädchen.)

Auf der gegenüberliegenden Wand hängt ein Brief von König Gustaf III. Er beginnt mit den markigen Worten: "Gute Herren und schwedische Männer!" (1772) So spricht ein echter Herrscher seine Mitstreiter an und bringt in dieser Wortwahl die Hochschätzung und Anerkennung des je individuellen Wertes des einzelnen zum Ausdruck.

Draussen vor der Tür steht ein älterer Mann und fragt nach der Vogelwarte. Dann sieht er uns fragend an: "Ihr seid aber keine Schweden?" Auf unsere Auskunft woher wir kommen "Ah, Österreicher, da war ich damals, als meine Frau noch gelebt hat. Sie müssen wissen, mein Schwager war Direktor bei Felix und als wir da waren, im Burgenland, haben wir in der Repräsentationswohnung der Firma gewohnt, ja das war schön…"

Es ist immer wieder rührend, wie sehr altgediente Eheleute aneinander hängen und welch grosse Leere das Dahinscheiden eines Ehepartners im zurückgebliebenen hinterlässt. Es ist, als wäre derjenige, der zurückbleiben muss, nur mehr ein halber Mensch.

An der Strassengabelung nicht Richtung Stehag weiterfahren, sondern Richtung Kungshult und nach vielleicht hundert Metern gleich wieder links Richtung Gamla Bo. Übrigens haben wir jetzt endgültig den Sverigeleden verlassen. Dennoch breitet sich jetzt vor uns der schönste Teil der Rundfahrt aus.

Hirse, Roggen, Korn und Gerste - alles wächst und gedeiht und unten im Tal lächelt der Ringsee dazu. Lärchen schwirren durch die Luft und die Luft ist weich und duftet wie Tausende Kilometer weiter im Süden. Ich war nie in der Toscana, aber so muss es wohl dort sein. Rechterhand taucht ein altes Gebäude auf: "Källeberga Skola" steht mit grossen Lettern drauf.

Heute ist die Schule wohl ein Ferienhaus und keiner denkt mehr an die Kinder, die hier das Einmaleins gelernt haben. Weiter geht es ganz gemütlich vorbei an Obstgärten, wo die Zeit stillzustehen scheint. Alte Männer sitzen unter dem Apfelbaum und strahlen alle Ruhe dieser Welt aus, wenn sie sich gemessenen Tones, würdig und sichtlich wohlgefällig unterhalten. Alte Männer bei der Unterhaltung zu beobachten, ist immer wieder ein angenehmes Schauspiel.

Da haben diese Patriarchen ihr Leben lang gekämpft, sich abgeplagt und einander betrogen wo sie nur konnten um des kleinsten Vorteils willen und jetzt im Alter ist das alles auf einmal nicht mehr wichtig, sondern wird relativiert von so naheliegenden Dingen wie, ob die Äpfel wachsen und die Rosen blühen. Schlussendlich ist die richtige Relation der Wertigkeiten im Leben hergestellt.

Damit sind wir auch schon wieder auf der 23-er und jetzt ist keine Zeit mehr für philosophische Gedanken, sondern es gilt, die Haut zu retten, denn als Radfahrer hat man auf dieser Fahrt einen schweren Stand zwischen allen Überlandlastwagen und schnellen Autos.


1 Minute bitte! Du kannst zur Verbesserung unserer homepage beitragen:
Bitte beurteile diesen Bericht, indem Du in jeder Spalte eines der Kästchen ankreuzt.
Wie hat Dir der Artikel gefallen ?
super
gut
naja
eher nicht
überhaupt nicht
Informationsgehalt ?
toll
schon bekannt
uninteressant
Mehr davon ?
mehr davon
egal
entsorgen

 

Sonstige Kommentare:




Last Updated: Donnerstag, 4. September 2008
Copyright 1999-2008 Dr. Eduard Nöstl

ISDN 1101-9840

 





 

 

 

Warum Schweden FAQ Contact Us Wir über uns Home Zurück zum Anfang Contact Us Ferienhausinfo Home