Östergötland
Hoch
zu Ross in Östergötland
Herkules
ist der Name des wahrhaft furchterregenden
Schlachtrosses, das Ingvor Bergh-Gustavsson
für mich ausersehen hat. Der Name passt
zu dern Riesengaul. Ein nordschwedisches Kaltblut,
bepackt mit Muskeln, auf die Arnold Schwarzenegger
stolz sein würde, mit einer langen schwarzen
Mähne und einem ebensolchen Schweif,
mit einem schönen Kranz langer Haare,
die über seine Hufe hinunterhängen
- ein Bild von einem Pferd.
Von
Eduard Nöstl
Nur,
ich wollte eigentlich nicht in die Schlacht
ziehen, ich fühle mich auch nicht sehr
kriegerisch, sondern hatte eher einen ruhigen
Ausritt erwartet, der uns durch die Wälder
Östergötlands, vorbei an Seen und
abgelegenen Gehöften führen sollte.
Auf Nils Dackes Spuren zwar, dem grossen Freiheitshelden
der Südschweden, einem schwedischen Andreas
Hofer oder Klaus Störtebecker ähnlich,
aber doch - friedlich.
Das
ist allerdings ein kleiner Unterschied zu
den edlen Galoppern, die ich aus Schonen gewohnt
bin, wo ich versuche, die Freizeit, mit meinern
Geldbeutel in Einklang zu bringen und sooft
es die kargen Finanzen zulassen, mich auf
den Rücken der Pferde zu flüchten.
Herkules
geht es bedächtig an. Er stellt sich
gemächlich von einem Huf den anderen,
als ich ihn in einem Verschlag, der zu klein
scheint für seinen mächtigen Körpe,
zur Seite zu drücken versuche. Ob er
wohl genauso gutmütig wie gewaltig ist?
Die anderen unserer Gruppe, Frau Ingvor auf
ihrer zierlichen Araberstute und Jakob auf
dem stämmigen norwegischen Fjording sind
bereits aufgesessen.
Jakob
ist ein stämmiger Bursche aus Hamburg
und hat hier in der Nähe ein Sommerhaus.
Da er als Zimmermann sozusagen auf der Walz
ist, vertreibt er sich seine Zeit mit Karatetraining
im Klub von Kista, mit AusfIügen auf
dem Mountainbike und eben Ausritten mit Walle,
seinem Fjording.
"Auf
den Spuren Nils Dackes", diese Ankündigung
hatte meine Neugier geweckt. Ich hatte nämlich
gar nicht gewusst, dass Nils Dacke auch hier
in Östergötland gewirkt hatte, ich
hatte immer gedacht, dass nur die Smålänningar
ein Anrecht auf seine Bravouren hatten. Erst
Lasse, der bejahrte Besitzer des Reitstalls,
der Jugendherberge und der umliegenden Ländereien
klärt mich mit einer Stimme und dem bestimmten
Auftreten eines Rittmeisters der alten Schule,
über meinen grundlegenden Irrtum auf.
Nils
Dacke war hier überall im Einsatz. Er
focht gegen den Gustav Wasa, besser gesagt,
gegen seine Soldaten, die übrigens meist
Landsknechte aus deutschen Landen waren, die,
wie es im Lied so schön heisst, "bald
für dies und bald für das"
fochten. Hauptsache, die Kasse stimmte und
der Branntweinkrug wurde nicht leer.
Dass
die Landsknechte nicht sehr motiviert waren,
sollten wir später hören, als wir
auf einen der Kampfplätze stiessen, wo
die Soldaten von den Bauernhorden Nils Dackes
umzingelt und bis auf den letzten Mann niedergemacht
worden waren, wenn sie es nicht vorzogen,
mit fliegenden Fahnen zum Gegner überzulaufen.
Endlich
habe ich mein Schlachtross gesattelt und gezäumt,
Herkules muss verkehrt aus seinem Verschlag,
da er zu breit ist, um sich darin umzudrehen.
Dann vor das Tor getreten und hinaufgeschwungen
auf seinen breiten Rücken. "Du brauchst
nur noch eine Lanze, dann ist der Ritter fertig,"
schmunzelt Jakob.
Die
Araberstute von Frau Ingvor tänzelt nervös,
der Fjording neben mir scheint wieselflink,
nur mein Ackergaul, nun, der will ordentlich
angetrieben werden. Schliesslich setzt auch
er sich in Bewegung. Die Erde dröhnt
und die Bäume neigen vor seiner Majestät
die Zweige, will mir scheinen. Nach ein paar
hundert Metern habe ich mich bereits an seine
gemächliche und irgendwie gar nicht unangenehme
und vertrauenerweckende Art gewöhnt.
Man muss ja nicht immer alles im Blitztempo
erledigen, schliesslich wurde Rom ja auch
nicht an einem Tag erbaut. So zuckeln wir
hinter den andern drein. In einen immer dichteren
Wald, der hauptsächlich aus uralten Fichten
besteht, mit moosigem Boden, worauf wohl im
Frühling Maiglöckchen und Buschwindröschen
einen wohlriechenden Teppich bilden.
An
der Spitze unseres kleinen Zuges tut sich
etwas, Ingvor und Viktor fallen in einen zügigen
Trab. Auch Herkules bequemt sich sofort dazu,
ohne lang ermuntert zu werden. Bald geht es
wieder bergab und wir verhalten zu einem Schrittempo.
Am
Fusse des Hügels halten wir an und Ingvor
sagt: "Schaut euch nur genau um, hier
hat vor vierhundert Jahren eine richtige Schlacht
stattgefunden, ein Gemetzel, könnte man
fast sagen, denn hier haben Nils Dacke und
seine Freischärler den Soldaten des Königs
einen Hinterhalt gelegt und mehr als tausend
Mann abgemurkst".
Wir
sind ergriffen. Dabei schaut die Gegend so
friedlich aus - ein paar Wiesen links und
rechts des Weges, ein Bach, die Bäume
des ewigen Waldes, einige davon sind in jenen
Tagen bestimmt kleine Bäumchen gewesen.
Da
vorn, die mächtige Eiche, die drei Mann
nicht umfassen könnten, die muss damals
gerade in der Blüte ihrer Jahre gestanden
sein. Wie die Soldaten, meist jüngere
Bauernsöhne, die entweder von der Krone
ausgehoben wurden oder sich aus freien Stücken,
da zu Hause das Essen nicht ausreichte, sich
der rohen Soldateska angeschlossen hatten.
Ich
versuche mir das so richtig vorzustellen.
Wie der Trommler des Königs auf den Hof
geritten kommt und zum Vater sagt, einer deiner
Söhne muss dem König dienen. Wie
dem Vater die Wahl schwer wird und wie die
Mutter verzweifelt die Hande ringt und die
Burschen versuchen, das Entsetzen, das sie
ergreift, mannhaft zu verbergen. Denn was
wissen sie schon von der weiten Welt? Nichts,
ausser, dass dort draussen irgendwo der sichere
Tod lauert.
In
Gustav Adolfs Armee waren 90 Prozent der Soldaten
nicht in der Schlacht gefallen, sondern wurden
von Hunger und heimtückischen Krankheiten
hinweggerafft. Eine Einberufung war damals
gleichzusetzen mit einern Todesurteil.
Wir
traben wieder an, vorbei an der Eiche, durch
einen Bauernhof, wo eine junge Mutter ihr
Kind wiegt und uns mit offenem Munde nachschaut,
als wir wie die wilde Jagd durch den Hof preschen.
Auf
einer Lichtung des Waldes machen wir Halt.
Ein paar Apfelbäume laden ein, die Pferde
danken für einen kleinen Imbiss und wir
vertreten uns die Beine. "Hier kommt
normalerweise Nils Dacke und trägt seine
Geschichte vor," meint Frau Ingvor, "nur,
das macht normalerweise mein Mann, und der
musste heute arbeiten".
Also
erzählt sie uns vom Leben und Treiben
des Bauernführers. Die Dackefehde dauerte
nicht lang, 1542 - 43. Sie war gegen den Schwedenkönig
Gustav Wasa gerichtet, der den Småländern
verboten hatte, mit den Dänen Handel
zu treiben (Schonen gehörte damals zu
Dänemark).
Småland bildete somit die Südgrenze
des schwedischen Reiches. Nils Dacke hatte
bald genug von den Vorschriften, speziell,
da Gustav Wasa ausser Verboten nichts einfiel,
um das Los der Bauern zu verbessern, die durch
den Handel mit den Dänen sich ihre karge
Kost wenigstens ein bisschen zu verbessern
wussten. Ihre Wut liessen die Bauern zuerst
und vor allem an den königstreuen Vögten
und Landverwesern aus. Die ersten leichten
Siege der Bauern machten Nils Dacke übermütig.
1542
überfiel er mit seinen Getreuen das Schloss
Bergkvara und brannte es nieder. Nach Småland
wurde auch Östergötland "befreit".
Leider verfiel Nils Dacke in die gleichen
Fehler und Sitten derer, die er gerade noch
bekämpft hatte. So liess er sich auf
Schloss Kronoberg nieder führte ein rechtes
Lotterleben. Auch liess er sich auf Verhandlungen
mit den Abgesandten des Königs ein.
Einer
kurzen Blütezeit folgte das bittere Ende.
Nils Dacke belagerte die königstreue
Stadt Kalmar, jetzt musste Gustav Wasa sein
Gesicht wahren. Am Hjortensee kam es zur Entscheidungsschlacht.
Das Bauernheer wurde aufgerieben und bis auf
den letzten Mann niedergemacht. Nils Dacke
gefangengenommen und vor Kalmar gepfählt.
Soweit
die schreckliche Geschichte des Nils Dacke.
Für uns wurde die Dacketour zu einem
schönen Ausritt, der, speziell als es
wieder Richtung Stall geht, von Herkules mit
einigen eleganten Galoppassagen gekrönt
wurde, die man ihm gar nicht zugetraut hätte.
In Öknehult springen wir aus dern Sattel.
Herkules freut sich über eine Fuder Heu.
Ich bin froh, im zwanzigsten Jahrhundert zu
leben, denn trotz allem ist diese unsere Zeit
gar nicht so schlecht. Eigentlich recht lebenswert,
vor allem, wenn man sie mit früheren
Zeiten vergleicht.
Kinda
Turridning
Hjalmar Brantings Väg 3
S-590 40 Kisa
Tel: +46 494-12804
Anreise:
Auf der E4 bis Jönköping, dort rechterhand
die Bundesstrasse nach Nässjö/Eksjö
von Eksjö auf der Bundesstrasse 134 bis
Kisa. In Ortsmitte Richtung Ulrika abzweigen.
Nach 10 km Schild linkerhand "Ridläger
Öknehult".
Übernachtungsmöglichkeiten:
Direkt
beim Reitstall in der Jugendherberge Öknehult
(SKK 250.- p.P.). Naturschön gelegen am
eigenen See. In Kisa im Hotel "Kisa Värdshus",
gute Küche mit Rohwaren von den Bauernhöfen
der Gegend. Österreichische Leitung.
Preise pro Pers. im Doppelzimmer Übernachtung
mit Frühstück: SKK 525.-
Tel: +46 494/12222, Fax: +46 494/12205
Ausrüstung:
Reithose,
Reitstiefel, Helm, Reitgerte. Regenschutz.
Ausritte ab 2 Stunden bis Mehrtagesritte.
(ab SKK 100.- /Stnd.) Tagesritt: SKK 700.-
inkl. Jause, 2-Tagesritt: 2.550.- inkl. Verpflegung
und Übernachtung. ab 3 Pers. bis max
8 Pers.