Blekinge
vor 400 Jahren:
Nibelungentreue
auf schwedisch
Im 14. Jahrhundert war in Skandinavien
der Teufel los. Krieg, Elend und Hungersnöte
begleiteten die Länder auf dem Weg zu ihrer Identität.
Die Kalmarunion zwischen Schweden, Dänemark und
Norwegen, die von Königin Margareta 1397 gegründet
worden war, wurde andauernd von den Schweden gebrochen,
kräftig unterstützt von der deutschen Hanse,
die alles tat, um ihr Handelsmonopol im Norden aufrechtzuerhalten.
Von
Anatole Nöstl
Diese
Geschichte handelt vom dänischen König Christian
II. und seinem treuen schwedischen Waffengänger
Sören Norby. 1509 griff die Hanse Dänemark
an. Der dänische König Christian II., oder
Christian Tyrann, wie er von den Schweden genannt
wurde, hatte nämlich englischen und holländischen
Kaufleuten Handelsrechte eingeräumt, die die
Hanse unter Druck setzten. Dänemark hatte noch
dazu eine starke Flotte unter dem Befehl von Sören
Norby und Jens Holgersen Ulfstad von Glimmingehus
in Schonen (Siehe Schloss Glimmingehus). Nach dem
Sieg der Dänen wurde 1512 in Malmö der für
Dänemark vorteilhafte Frieden mit der Hanse geschlossen.
Sören
Norby holte sich in diesem Krieg seine ersten Lorbeeren
und scheint darin auch sein Talent zum Seeräuber
entdeckt zu haben. Christian II., der Gute, wie er
von den Dänen liebevoll genannt wurde, hatte
ihn nach dem Krieg mit der Hanse auf Grund seiner
Verdienste zum Statthalter von Island gemacht, holte
ihn aber bald darauf wieder zurück in die königlichen
Dienste, um die Schweden, die sich wieder einmal von
der Kalmarunion losgesagt hatten, heim ins Reich"
zu holen.
Diese
Heimholung stand leider unter keinem guten Stem. Der
Krieg 1517 - 1518 war schlecht geplant und endete
mit einer Niederlage der Dänen. Doch schon im
Jahre 1520 war die Gelegenheit für eine glorreiche
Revanche gekommen. Die dänische Flotte unter
Sören Norby sperrte die Einfahrt nach Stockholm.
Christian liess unter den Stockholmern ein Blutbad
anrichten, dass die Strassen der schwedischen Hauptstadt
tagelang von Blut rot gefärbt waren.
Einige
Adelige, die dem Blutbad entgangen waren, wurden von
Norby gefangen genommen und zum Hof Christians nach
Kopenhagen gebracht. Darunter befand sich auch die
junge Christina Gyllenstierna, die Witwe Sten Stures.
Auf der Überfahrt verliebte sich Norby in die
schöne junge Frau, brachte sie aber trotzdem
nach Kopenhagen, wo sie ins Gefängnis wanderte.
Sören Norby erleichterte ihre Haft wo er nur
konnte und besuchte sie beinahe täglich.
Als
Christina Gyllenstiema unter König Fredrik l
begnadigt wurde, reiste sie sofort nach Gotland, um
sich dort mit Sören Norby zu vereinigen. Zu ihrem
Pech hatte sie noch einen Hintergedanken. Sie wollte
ihren Sohn Nils Sture mit Sören Norbys Hilfe
zum König von Schweden machen. Diese Pläne
würden allerdings nur glücken, wenn Norbys
Liebe zur schönen Christina Gyllenstiema grösser
war als die Treue zu seinem König.
Christina
unterschätzte die Treue Sören Norbys zu
seinem König Christian - oder sie vertraute ihrer
Schönheit zu sehr, die allerdings unter den Jahren
in Gefangenschaft gelitten haben dürfte. Wie
auch immer, Sören Norby machte Christina einen
Strich durch die Rechnung. Er hielt zum Dänenkönig,
und Christina musste unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Wenig später sollte sie der Schwedenkönig
zwingen, Johan Turesson Tre Rosor zu ehelichen. Schwedenkönig
Gustav Wasa erwartete sich aus dieser Ehe einen Vorteil
für sein Reich.
Während
Sören Norby auf Gotland regierte, war Christian
II. abgesetzt worden. Norby weigerte sich, Christians
Nachfolger Fredrik anzuerkennen und machte sich statt
dessen als gefürchtetster Pirat der Ostsee einen
Namen. Er war sozusagen neutral, indem er alle Schiffe
kaperte, die ihm vor den Bug kamen. Ob hanseatische
oder schwedische Kaufleute, alle waren gleich vor
Sören Norbys Kanonen. Dabei liess es Norby nicht
an einer gewissen Grandezza mangeln. Da er nicht ein
gewöhnlicher Seeräuber sein wollte, hatte
er sich von Christian II. schriftlich zum Kapitän
mit Recht zum Krieg gegen die Hanse ernennen lassen.
Die
Hanse verbündete sich indessen mit dem Schwedenkönig
Gustav Wasa, der sandte ein Geschwader nach Gotland,
um Sören Norby zur Raison zu bringen, doch dieses
musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Allerdings
dauerte die Ernennung Christians zum Dänenkönig
an, und um sicher auf Gotland bleiben zu können,
musste Norby mit Fredrik l seinen Frieden machen.
Fredrik stimmte erfreut ein und bei einem Treffen
zwischen Gustav Wasa, Fredrik I. und der Hanse in
Malmö 1524 wurde festgelegt, dass Gotland bei
Dänemark bleiben und Sören Norby Statthalter
bleiben solle. Dies erregte den Groll von Gustav Wasa,
der Sören Norby am liebsten am nächsten
Baum aufgehängt hätte.
Nun
war es an der Reihe Fredriks I, Fehler zu machen.
Die Staatskasse hatte unter seiner Regierung gelitten,
er sah sich daher gezwungen, den schonischen Bauem
harte Steuern aufzuerlegen. Diese wehrten sich, hatte
doch Fredriks Vorgänger, Christian, ihnen eben
diese Steuern erlassen, als er sie zum Kriegführen
gegen Schweden brauchte. Die Folge der Steuem waren
spontane Bauernaufstände - Vogte wurden aufgeknüpft,
Burgen niedergebrannt und die neue Steuer wurde einfach
ignoriert.
Wieder
regte sich Sören Norbys wildes Blut. Wäre
er zu diesern Zeitpunkt auf der Seite Fredriks in
den Krieg gegen die Bauem gezogen, seinem Glück
wäre nichts mehr im Wege gestanden. Doch Norby
konnte Christian II. nicht vergessen und er entsann
sich gut dessen Fürsorge für eben diese
Bauern. So kam es wie es kommen musste.
1525
stürmte Norby mit einem Freischärlerheer
nach Blekinge, um im Namen Christians II. den Krieg
gegen Fredrik zu eröffnen. Alle ausser den Adeligen
standen auf seiner Seite. Sölvesborg und Ahus
wurden im Sturm eingenommen, Trolle-Ljunby, Lillö,
Gladsax und weitere reiche Güter wurden in Brand
gesteckt. Lund wurde erobert und der Adel musste nach
Malmö zurückweichen.
Erst
als Fredrik seine Truppen verstärkt hatte und
Johan Rantzau zum Oberbefehlhaber gemacht hatte, wendete
sich das Kriegsglück. Die Schlacht bei Lund wurde
zum Sieg von Rantzau, das Heer Norbys wurde empfindlich
dezimiert. Von den 4000 Mann überlebten nur ein
paar hundert Soldaten das Massaker. Dennoch liess
Fredrik, vielleicht weil er wusste, dass Norby vernichtend
geschlagen war, Gnade vor Recht ergehen. Norby musste
zwar Gotland aufgeben, doch erhielt er ganz Blekinge
und das Listerland als Lehen auf Lebenszeit.
Man
sollte meinen, dass Norby seinem Schicksal danken
und sich in Ruhe auf einen Alterssitz zurückziehen
würde. Nicht so Norby. Bereits nach kurzer Zeit
nahm er sein einträgliches Geschäft als
Seeräuber wieder auf und überfiel alle Schiffe,
deren er habhaft werden konnte: dänische, schwedische,
und hanseatische. Jetzt wandten sich alle gegen ihn
und in einer entscheidenden Seeschlacht wurde er gezwungen,
nach Russland zu fliehen.
Dort
trat er in die Dienste von Zar Wassilij, doch fiel
schon nach kurzer Zeit in Ungnade und landete im Gefängnis.
Doch jetzt sollte seine unverbrüchliche Treue
zu Christian Früchte tragen. Der Dänenkönig
liess seinen treuen Vasallen nicht im Stich und mit
Hilfe des deutschen Kaisers Karl erhielt Sören
Norby wieder die Freiheit. Norby ging zu Kaiser Karl
und errang hohe Ehren als deutscher Offizier. Bei
der Belagerung von Florenz 1530 erreichte ihn eine
verirrte Kugel und er starb den Heldentod.