Zauberhaftes
Lappland - Jokkmokk
Besinnliche
Tage im Muddus Nationalpark
Still,
stetig, ausdauernd, alles zermahlend und rasend ist
die Kraft der Natur, die dort, wo der Mensch in Jahrzehnten
denkt, die Jahrtausende als Masstab einsetzt.
Von
Eduard Nöstl
Der
Nationalpark Muddus erstreckt sich auf fünfhundert
Quadratkilometern Fläche ein paar Kilometer nördlich
von Jokkmokk. Nur ein kleiner Teil des Nationalparks
ist von Pfaden und Wegen durchzogen und mit Hütten
ausgerüstet. Der weitaus grösste Teil ist
eine undurchdringliche Wildnis, der auch die zähen
Siedler des vorigen Jahrhunderts nicht beikommen konnten.
Immer
wieder stossen wir während unsere Wanderung auf
verlassene Herdstätten, die Zeugnis ablegen vom
Fleiss und Willen der Menschen und der zähen
Unnachgiebkeit der Natur.
Wir
wählen eine Zufahrt in den Muddus Narionalpark,
die vor allem von Einheimischen benützt wird:
Solaure, von Jokkmokk kommend Richtung Nattavaara.
Von hier sind es vier Kilometer auf einem schönen
Weg zur Hütte Manson und dann nochmals ungefähr
gleich weit nach Muddusluoppal, jenen See, um den
sich die abenteuerlichsten Geschichten und Erzählungen
ranken. Dort steht auch ein Vogelturm, in dem wir
übernachten wollen.
Der
Muddus Nationalpark ist, vielleicht im Gegensatz zu
den beiden bekannteren Teilen des Lapponia Welterbes,
Sarek und Padjelanta, relativ einfach zu erwanden,
eignet sich also auch für Leute, die sich zum
ersten Mal in einen der schwedischen Nationalparks
wagen.
Die
Wege sind gut auszumachen, gepflegt, leicht zu finden
und der Wanderer kann seine Gedanken auch schon einmal
abschweifen lassen, ohne fürchten zu müssen
, sich zu verlaufen.
Die
Vegetation um uns besteht vor allem aus Birken und
Föhren. Viele der Föhren sind Torrfuror,
also eigentlich abgestorbene Bäume, die ihre
im Licht der Sonne silbergrau glänzenden Äste
nach wie vor stolz in den blauen Himmel recken.
Diese
Torrfuror sind für mich ein Symbol für das
nie aufgebende Ringen der Natur. Auch im Tod stehen
sie noch fest und trotzig da und erinnern an den harten
Kampf des Überlebens auf diesen Breitengaden.
Muddus
ist Urwald, der Wald wird so belassen, wie er wächst.
Mehrere Bäume sind viele hundert Jahr alt. So
steht denn auch die älteste Föhre Schwedens
hier, stolze 750 Jahre alt.
Mit
jedem Schritt tauchen wir weiter in die Natur, jeder
Schritt macht uns zu einem Teil von ihr. Die Minuten
scheinen langsamer zu vergehen, die Hast und die Hetze
des Alltags fallen ab, die Sinne schärfen ihr
Wahrnehmungsvermögen und sind bereit, sich mit
der Umgebung zu vereinen. Kein Strassenlärm stört
die Stille, keine Flugzeuge beeinträchtigen die
Fernsicht. Nur das Säuseln des Windes in den
Blättern, die Trompetenstösse des Singschwans
oder das Rascheln eines Rehes im Unterholz begleiten
uns. Von Ferne rauscht ein Wasserfall.
Nach
ein paar Stunden kommen wir zur Manson Hütte,
vorbildlich ausgerüstet wie die anderen Hütten
hier im Nationalpark Muddus. Ein fest gezimmertes
Blockhaus mit Feuerstelle und Gasolherd, ein Ziehbrunnen,
Trockenklo und ausreichend Brennholz. Wir setzen uns
an einen Holztisch vor der Hütte und lassen uns
den Rentierschinken schmecken.
Weiter
geht es auf einer Sanddüne, die geradezu übersät
ist mit Schwarzbeerbüschen (Blaubeeren). Gross
und schwer hängen sie auf ihren Ästchen
und lachen den Wanderer verlockend an.
Schon
von weitem grüsst uns das Trompeten der Singschwäne
- wir nähern uns dem See Muddusluoppal. Der Weg
führt direkt zur Hütte, mit ihren acht Stockbetten
eine ziemlich grosse Hütte. Bald schon knistert
ein Feuerchen im Kanonenofen. Wir lassen unsere Rucksäcke
in der Hütte und spazieren hinüber zum See.
Der
Vogelturm ist recht hoch , sicher über zwanzig
Meter, er überragt die Wipfel der bestimmt nicht
kleinen Bäume noch. Der Wind pfeift uns hier
heroben um die Ohren und ist so stark, dass er den
Turm in leichte Schwingungen versetzt.
Vor
uns erstreckt sich der Muddusluopal, gleich dahinter
glitztert der Fluss Muddusjaure, in dem angeblich
die Hechte gross wie Waller stehen. Der Ausspruch
"Enten tauchen hier nur einmal", dürfte
nicht von ungefähr kommen.
Die
Nacht verbringen wir in unserer Hütte und zum
Knistern der Holzscheite im Ofen schlafen wir im angenehmen
Gefühl, alles zu haben, was ein Mensch eigentlich
so braucht.
Der
Muddus Nationalpark liegt auf dem Gemeindegebiet von
Jokkmokk. Nach Jokkmokk kommst du entweder über
die Strasse 45 von Göteborg aus (Inlandsvägen)
oder von Malmö - Stockholm - E4 bis Luleå
und dann auf der Strasse 97 nach Jokkmokk.