. Blitzcheck: . .. .

 

DAS KLEINE 1X1 DER KANUTOUREN

Das ist gedacht als Hilfe für alle, die sich erstmals mit dem Kanu auseinandersetzen wollen, aber auch als kleines Auffrischen der Kenntnisse, für alle, die schon die eine oder andere Kanutour hinter sich gebracht haben. Die ganz großen Experten wollen wir ermuntern, uns Ihre Erlebnisse mitzuteilen oder da und dort bei unseren Zeilen korrigierend einzugreifen.

1. Ausrüstungsliste:

Kleidung: Regenzeug (kein Umhang, der ist beim Paddeln hinderlich, einen Zweiteiler mit Kapuze, wenn es geht. Goretex ist ideal), Kopfbedeckung (Kappe, Tuch, Filzhut oder Südwester), Fleecepullover, Badehose, kurze Hose, lange Hose (Fjällräven ist optimal, da sie sehr schnell trocknet), Turnschuhe oder Sandalen zum Paddeln, keine Stiefel im Kanu, Trainingsanzug, Socken, Mütze.

Hygiene: Klopapier, Zahnbürste, Zahncreme, Seife, handtuch, Mückenschutz (MyggA), Latrinenspaten, Medizin, Aspirin C, Heftpflaster, Verbandszeug, Schere, Kamm, Haarschampoo, Niveacreme, Wundsalbe, Hämmorhoidensalbe.

Campingküche: Kühltasche, Wasserkanister, Trangia-Campingküche, T-röd Flasche (Brennspiritus), Zündhölzer (mit Birkenrinde im Glas verpacken), Alufolie, Besteck (Messer, Gabel, Strecimesser, Löffel), Schneidbrett, Konservenöffner, Teller oder Menageschale, Plastikbecher, Abwaschmittel (sonst mit Schotter/Sand abwaschen).

Zelt: Zelt (Nicht auf die Stangen und die Heringe vergessen. Vor der Abreise Zelt kontrollieren, ob nichts schimmlig geworden ist), Schlafsack, Liegematte.

Sonstiges: Messer, kleine Axt, Rucksack, Abfallsäcke zum wasserdichten Verpacken der Ausrüstung, Wasserkanister, wasserdichte Tonne, Taschenlampe, Schnur, Kartem Kompass, Reepschnur, Isolierband, Thermoskanne, Signalpfeife, Guitarre/Flöte/Mundharmonika, Liederbuch.

Nahrungsmitteln: 1kg Speck, 1 kg Brot, 1 Pkt. Knäckebrot, 3 Suppen pro Tag und Person, 3 Fruchtsuppen pro Tag und Person auch als Nachtisch, 2 Packungen gefriergetrocknetes (Blå Band) pro Tag und Person, 1 Konserve pro Tag und Person (Schinken, weisse Bohnen in Tomatensauce, Ravioli, Würstchen), Haferflocken, Müsli, Marmelade, Schoko, Teesackerln, Zucker, (Mehl, Backpulver, nur wenn du selber Brotbacken willst). Getrocknetes Obst, frisches Obst. Rosinen. Trockenmilch, besser: Milch aus der Tube oder Kondensmilch. Nescafe. Gewürze, Salz, Pfeffer.


2. Was kriege ich beim Kanuvermieter?
Wir gehen davon aus, dass sich totale Anfänger bei der ersten Tour an einen erfahrenen Outfitter wenden, der auch eine Einschulung auf dem Programm hat, und wo vor allem das Kanu mit folgenden Utensilien ausgerüstet ist:

- Kanu
- Paddel
- Schwimmweste
- Seekarte
- Latrinenspaten
- Persenning
- Wasserkanister
- Seekiste
- Wasserfeste Tonne (optional)
- Abfallsäcke aus Plastik fürs wasserfeste Verpacken des Schlafsacks etc.
- Kanuwägelchen für etwaige Landtransporte

3. Wie sicher ist ein Kanu?
Ehe wir anfangen, gleich ein Wort zur Seesicherheit. Ich muss sagen, es gibt immer wieder Überraschungen. So kriegen wir Zuschriften, in denen uns Leser freudestrahlend mitteilen, dass sie sich ein Kanu gekauft haben und jetzt auf große Fahrt in Schweden aufbrechen wollen und fragen ganz unschuldig im letzten Satz: aber eine Schwimmweste wird doch wohl nicht notwendig sein, denn die können wir uns nicht leisten..... .

Nach dem ersten Schock kommt die Erinnerung: wie war das doch damals, als wir als Kinder auf dem Hallstättersee im Paddelboot herum gekurvt sind, hatten wir damals Schwimmwesten an? Oder jene Bekannte, die auf der Alster in Hamburg einen Kanuausflug macht und alles dabei hat von der Gänseleberpastete über den schnieken Picknickkorb und den echten französischen Champagner nur keine Schwimmweste und und und. Ich glaube, jeder wird sich des einen oder anderen Abenteuers zu Wasser oder zu Land erinnern, wo zwar an alles gedacht wurde, was für den Magen oder ganz allgemein den Spaß wichtig war, nur eben die Sicherheit nicht unbedingt auf der Prioritätenliste ganz oben gestanden hat.

Um es gleich ganz deutlich zu sagen: Hier in Schweden wird mit Schwimmweste gepaddelt. Punkt. Es gibt auch gute Gründe dafür. Der wichtigste ist: die Seen und Flüsse haben Temperaturen, die sich kaum jemals weit von der zehn Grad Marke entfernen. Ein Kippen mit anschließendem unfreiwilligen Ausstieg kann schlimme Folgen haben. Das allein schon sollte auch den eingefleischtesten Gegner übertriebener Sicherheitsvorkehrungen dazu anspornen, sich die Schwimmweste anzulegen. Außerdem ist sie warm, wenn ein frisches Lüfterl bläst und überhaupt - auch die Versicherungen zeigen sich abgeneigt, im Falle eines Unglücks zu zahlen, wenn nicht alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden.

Ach ja, alles, was hier zum Kanu gesagt wird, gilt natürlich auch für den Kajak. Wir gehen an anderer Stelle speziell darauf ein. (Für alle Puristen: Mit Kanu meinen wir den Kanadier).


4. Wie steig ich ein?
Also, wir haben uns jetzt ausgerüstet, die Schwimmweste angelegt und die Rucksäcke wasserdicht verpackt. Das Gepäck liegt auf einem Haufen und wir stehen neben unserem glänzenden (Aluminium) oder farbenfrohen (Plastik) Gefährt und harren aufgeregt der Dinge, die da kommen werden. Zuerst heißt es einmal anpacken, denn das Kanu springt ja nicht von selber ins Wasser. Da merken wir, dass diese Dinger ganz schön schwer sind. Oft gibt es Handgriffe, ansonsten packen wir entweder an einer der Verstrebungen oder einfach am Rand an. Zu zweit kann man das Kanu schon ins Wasser bugsieren (auch wenn es sich um einen Erwachsenen und ein Kind handelt). Im schlimmsten Fall nach dem Prinzip: "Halb zog er sie, halb sank sie hin" . Das gilt dann auch fürs Landen. Da wir beim Kanupaddeln meist zu zweit sind, wird einer das Kanu halten und der andere steigt ein.

Immer mittig über dem Kiel einsteigen, mit den Händen an der Reling anhalten und setzen. Der erfahrene oder stärkere hinten, Kinder vorn. Das Gepäck wird verstaut, indem die schwere Seekiste in die Mitte geschoben wird, am besten strategisch vor dem Steuermann (Hintermann), darauf er nämlich die Karte legen kann, auf die er immer wieder einen Blick werfen wird. Der Rest wird, so gut es geht, verteilt. Jause, Wasserflasche, Regenzeug und Fotoapparat griffbereit. Im Kanu haben wir keine Stiefel an, denn wenn wir kippen, schwimmt es sich schlecht mit Wasser gefüllten Stiefeln. Ach ja, das Gepäck mit einer Reepschnur lose aneinander verknüpfen, damit nichts verloren geht, sollte sich das Kanu selbständig machen.

Und vor allem: Sitzen. Hinsetzen und sitzen bleiben, nicht aufstehen. Sitzt einer drinnen, dann wird der Kamerad das Kanu ins tiefe Wasser schieben und selber rein springen (ins Kanu natürlich). Das Gepäck wird normalerweise erst eingeladen, wenn das Kanu schon im Wasser ist. Das kann natürlich schwierig sein beim Start, daher muss das jeder mit sich selber ausmachen, wie überhaupt alle Regeln nur Richtlinien sein können und der gesunde Menschenverstand wie immer in der Natur je von Gegebenheit zu Gegebenheit Vorrang hat.

5. Wie paddle ich?
So, jetzt sitzen wir im Kanu und jeder hält sein Paddel in der Hand. Ich sage absichtlich sitzen, denn man kann auch auf beiden Beinen knien oder ein Bein angezogen haben, das wird jeder im Lauf der Zeit herausfinden, wie er sich am wohlsten fühlt. Die meiste Schubkraft ergibt ein aufrechtes Knien, das kostet aber auch am meisten Kraft, ist also für uns, die wir stundenlang paddeln wollen, nicht zu empfehlen. Am bequemsten ist die Trapperstellung, da knien wir auch, aber auf einem Handtuch oder dem Regenzeug, unser Hinterteil ruht auf den Fersen oder einer Verstrebung.

Normalerweise, und das tun auch wir, sitzen wir auf den Sitzen, die es im Kanu gibt. Die Füße werden beim Hintermann an der Seekiste eine Stütze finden. Ein Knie lässt sich mit Vorteil gegen die Reling stemmen, das ist auch gut, wenn es einmal schaukeln sollte, denn dann ist eine gewisse Stütze zum Gleichgewichthalten gegeben. Nicht wie eine züchtige Jungfrau mit geschlossenen Knien und aneinander gepressten Oberschenkeln dasitzen! Diese Stellung mag sich vielleicht für den feinen Salon eignen, aber im Kanu können wir mit den Regeln der guten Gesellschaft nicht viel anfangen.

Okay, unser Kanu wurde jetzt von hilfreichen Händen ins tiefe Wasser geschoben, was nun? Wir packen das Paddel und richten den Blick nach vorn auf ein naheliegendes Ziel, eine Landmarke. Das kann ein Baum sein oder eine Insel oder sonst irgendetwas Auffälliges. Wir nehmen der Einfachheit an, dass der Vordermann links paddelt und der Hintermann rechts. Wir sind nahe zur Reling gerutscht, damit wir das Paddel problemlos eintauchen können. Wir halten das Paddel mit einer Hand am Knopf (Handgriff) fest, mit der anderen umfassen wir den Stiel etwa zehn Zentimeter oberhalb des Blatts.

Wir werden versuchen, das Paddel gleichzeitig ins Wasser zu tauchen. Es kann sich auszahlen, wenn am Anfang, ehe der Rhythmus automatisch kommt, der Hintermann laut mitzählt. Das ist vielleicht nicht unbedingt populär, wenn andere Kanuten in der Nähe sind, aber wir sind ja meist allein auf weiter Flur und da macht das nichts aus, es erregt höchstens die Neugier eines grasenden Elchs, der kurz den Kopf hebt und zu uns herüber schaut.

Also - wir haben uns ein Ziel gesetzt, eine kleine Halbinsel, die da vorn liegt und darauf paddeln wir jetzt zu. Wir bewegen das Paddel horizontal übers Wasser, gehen auch ruhig mit dem Oberkörper mit, da das Paddel so weit wie möglich vor uns eingetaucht wird. Haben wir es eingetaucht, ziehen wir uns daran nach vor (also das ganze Kanu). Abgeschlossen wird das Paddeln mit einem kleinen extra Schubs. Ist das Paddel auf Hüfthöhe, können wir den ersten Paddelvorgang als abgeschlossen betrachten, und wiederholen ihn. Das wird bald zur Routine.

Es ist vielleicht ein Vorteil, wenn wir uns nicht unbedingt gleich eine starke Gegenströmung für diese ersten Gehversuche wählen, denn das kann leicht demotivierende Folgen haben, wenn sich das Kanu allen Anstrengungen zum Trotz einfach nicht nach vor bewegen will, sondern im Gegenteil sich langsam zu drehen beginnt und von der Strömung mitgerissen zu werden droht. Sollte das der Fall sein, entweder alle Kräfte zusammennehmen (vor allem der Hintermann, also der von Natur aus Stärkere), oder versuchen, herauszufinden, wo die Strömung am geringsten ist und es dort nochmals versuchen. Oder wieder zurück zum Ausgangspunkt gleiten, und das Kanu vom Ufer aus an der Stelle vorbeiziehen, die eine starke Strömung hat.

Dies ist keine Horrorphantasie aus einem Buch von Stephen King, sondern ist uns passiert, als ohne unser Wissen ein Kraftwerk Wasser abgelassen hat und wir uns gewundert haben, wo der am Vortag noch total stille Fluß plötzlich diese enorme Strömung her gekriegt hat. Am besten ist es daher für Anfänger, in einem See zu beginnen oder von vorneherein mit der Strömung zu paddeln. (Am Ufer wird der Fluss immer die geringste Strömung haben. Am stärksten ist sie in der Flussmitte bzw. in Außenkurven).

Die Aufgabe des Vordermanns ist es, nach eventuellen Steinen Ausschau zu halten während der Hintermann den Kurs im Auge behalten wird, da er mit seinen Paddelzügen die Richtung, die das Kanu nimmt, beeinflussen kann.

Wahrscheinlich wird sich der aufmerksame Leser jetzt fragen: Und wie bremse ich das Ding? Das ist leicht. Du lässt einfach das Paddel in Hüfthöhe im Wasser. Du hast das Blatt gegen die Richtung gerichtet, sodass du sofort die Bremswirkung merkst. Die Hand, die den Knauf des Paddels hält, spürt den Druck und hält dagegen.

Anfänger und auch Leute, die sich mit leichten Touren über Seen oder auf stillen Flüssen begnügen, also etwa neunzig Prozent aller Urlauber, sind damit ausreichend informiert und werden die folgenden Absätze nur mehr aus reinem Interesse am Sport lesen.

Ein Paddelschlag, der mit viel Geheimnistuerei umgeben ist, ist der "J-stroke", also "J-Schlag". Dieser gilt nur für den Hintermann oder wenn jemand allein im Kanu fährt und in der Mitte sitzt. Im Prinzip machst du einen ganz normalen Paddelschlag, bei dem du am Ende das Paddel nach außen führst und das Blatt schräg vom Kanu nach außen drückst, sodass es direkt zum nächsten Schlag wieder nach oben kommt. Diese Verwindung wird mit der oberen Hand (der auf dem Knauf) durchgeführt und der Druck von der Schlaghand.

Wenn das Kanu durch den Wind nach Lee abdriftet, kann ein Diagonalschlag helfen, dieser wird, wie der Name schon sagt, schräg von außen her zum Kanu geführt. Bei Wind von der Seite werden Vorder- und Hintermann auf der gleichen, also der dem Wind abgelegenen Seite paddeln, um den Druck auszugleichen und das Kanu auf Kurs zu halten.

Will der Vordermann das Kanu von der Paddelseite weg bewegen, dann wird er das Paddel in einer bogenförmigen Bewegung vom Kanu weg führen. Er wird also das Paddel nahe am Kanu eintauchen und den Schlag nach außen durchziehen. Der Hintermann wird weit draußen anfangen und das Paddel zum Kanu heranziehen. Dadurch wird der rückwärtige Teil des Kanus (achtern) zur Paddelseite gezogen. Machen das beide auf derselben Seite, kann man das Kanu rasch auf eine Seite bewegen.

All diese Paddelschläge sind eigentlich total logisch und jeder wird sie automatisch durchführen, ohne lang nachzudenken, denn sie sind je nach Situation immer genau das, was einem zuerst einfällt.

Etwas noch: Speziell auf Seen gilt, immer das Ufer zum Entlanggleiten aussuchen, das gerade im Lee liegt. Vorsicht beim Überqueren von Seen, wenn Wind aufkommt. Die Wellen werden immer höher, je weiter du auf das gegenüberliegende Ufer zukommst (wenn du also mit dem Wind paddelst). Da hat schon so mancher unliebsame Überraschungen erlebt, wenn er zwischen Scilla und Charybdis zu wählen hatte: also gefährlich hohem Wellengang oder Wenden und zurück gegen den Wind ankämpfen.

Auf großen Seen können bei ungünstigen Winden oft ziemlich hohe Wellen entstehen. Um das Kanu ruhig zu halten, wird der Kanute das Paddel als "Ausleger " benützen. Er legt also das Paddel auf den Wellenberg und hält so das Kanu im Gleichgewicht. Immer gilt: Nur keine Panik, nicht das Paddel fallen lassen und die Hände vor die Augen legen. Das gilt auch für Kinder, die merkwürdigerweise nur selten zur Panik neigen, sondern eher Sportsgeist entwickeln als Erwachsene, denen die Phantasie oft die wildesten Streiche spielt. Normalerweise und speziell für Urlaubskanufahrer genügt es, wenn man das Kanu ungefähr in die Richtung bewegen kann, in die man will.

6. Was tun, wenn wir umkippen?
Falls wir kippen und im Wasser landen, ruhig bleiben. Schon vorher überlegen, was tue ich? Am besten ist es, am Kanu anhalten, denn das Kanu kann dann als Boje verwendet werden. Das Paddel nach Möglichkeit nicht auslassen. Ausschau nach dem Kameraden halten. Nicht wegschwimmen vom Kanu, sondern entweder das Kanu zum Land hin zu schieben oder, wenn es kieloben schwimmt, umdrehen. Versuchen, das Kanu umzudrehen, indem beide an einer Seite drehen. (Dies gilt fürs Seepaddeln, im Fluß wirst du vor allem dich selber in Sicherheit bringen).

Ist das Kanu voller Wasser, versuchen, mit vereinten Kräften das Wasser herauszukriegen, indem beide das Kanu von hinten antauchen, und dann plötzlich anhalten, damit das Wasser hinaus schwappt. Dann rein klettern und mit dem Schwamm Ordnung machen. Rein klettern von der Seite, wenn der Kamerad auf der gegenüberliegenden Seite gegen hält, von hinten reinziehen, falls du allein angekommen bist (schwierig). Da Ihr aber auch auf Seen immer am Ufer entlang fahrt, ist es wohl am besten, mit dem Kanu ans Ufer zu schwimmen und dort in Ruhe den Schaden besehen.


7. Was tue ich bei Stromschnellen?
Eine Anmerkung vielleicht noch zu den beliebten, weil nicht so anstrengenden und daher lustigeren Kanutouren auf Flüssen: So angenehm es ist, sich der Kraft des Wassers anzuvertrauen, mit Stromschnellen ist nicht zu spaßen.

Die Grundregel: sobald man es rauschen hört und der Tourenbeschreibung nach eine Stromschnelle zu erwarten ist, das Ufer anlaufen, das Kanu festmachen und rekognoszieren.

Speziell Dämmen von menschlicher Hand ist unbedingt auf dem Landweg auszuweichen, da sich hinter diesen oft sogenannte Walzen bilden, die das Kanu kippen lassen und dann drehen wie ein Karussell. Das ist nicht sehr lustig und wir werden alles daransetzen, um diese Situation zu verhindern. Kommt man wirklich einmal in diese scheinbar ausweglose Lage, gibt es nur eins: Tauchen, denn am Flussgrund fließt der Hauptstrom, der sich nicht auf das Spiel mit dem Karussell einlässt.

Ansonsten ist bei leichten Stromschnellen auf das V zu achten, das der Fluss bildet, wenn er zwischen zwei Steinen oder sonstigen Hindernissen durch fließt. Dies ist die Stelle, die auch unser Kanu nehmen wird.

Durch Stromschnellen wird das Kanu eine Geschwindigkeit haben, die es steuerbar macht - es sollte also schneller als das Wasser sein. Daher wird der Hintermann paddeln was das Zeug hält und der Vordermann die Augen offenhalten um Steine oder andere Hindernisse zu entdecken. Passiert trotz aller Vorsicht und Geschicklichkeit ein kleines Malheur, das heißt, kippt das Kanu, festhalten, aber nicht unter dem Kanu, also in Fliessrichtung! Denn dann kann es passieren dass dich das Kanu an den erstbesten Stein drückt und du bist eine Flunder.

Im Zweifelsfall rette dich selber und laß Kanu Kanu sein. Das wird sowieso irgendwo ans Ufer gespült oder hakt sich an einem Stein fest. Falls du im Wasser landest und das Kanu ist weg, leg dich auf den Rücken und die Beine nach vor, dann kannst du dich bei Steinen etc. abfedern. Nicht mit dem Kopf voraus den Fluss hinunter rasen.

Schwedische Mutprobe
Zur schwedischen Kanuführerprüfung gehört die Mutprobe, die extrem starken Stromschnellen des Kukkolaforsen im Torneälv auf dem Rücken liegend zu forcieren. Originalton Håkan Landström von NordGuide: " Ich dachte, mein letztes Stündlein sei gekommen. Ein Tosen und ein Donnern als ob die Welt untergehen würde, links und rechts von mir Mauern aus gischtendem Schaum, ich bin so schnell unterwegs, dass ich überhaupt nichts sehen kann. Verzweifelt ringe ich um Luft, das einzige was ich bewusst tun kann ist, aktiv dazu schauen, dass meine Füße zuerst kommen. Riesige Felsblöcke rasen an mir vorbei, es ist wie Dantes Inferno und doch geht das so schnell, dass ich auch schon wieder im Kehrwasser bin, ehe ich richtig Angst bekomme". Außer der Todesangst natürlich, die ihn die ganze nicht losgelassen hat.

Håkan hat hier einen Ausdruck verwendet, der für uns interessant ist. Kehrwasser. Dieses ist nämlich eine Art Rettungsstrohhalm für Paddler, die sich ein bisschen viel vorgenommen haben, oder die einfach ein wenig rasten wollen. Kehrwasser ist das ruhige Wasser hinter einem großen Stein oder hinter einer Landzunge, die in den Fluss hinein ragt. Hier ist das Wasser total ruhig und der Kanute wird gut daran tun, sich da hin zu flüchten, wenn es ihm zu viel wird. Oft sind hier auch schöne Zeltplätze zu finden (Bei Landzungen auf alle Fälle).

Übrigens wird der geübte Kanute immer mit dem Achtern zuerst landen, also verkehrt ans Land gehen. Warum? Damit ihm nicht sein Kanu von der Strömung umgedreht wird! Der rückwärtige Teil des Kanus (Achtern) muss immer näher zum Land sein als sein Vorderteil (Bug). Derjenige, der hinten sitzt, steigt als erster aus und hält das Kanu fest. Denn das Kanu ist hinten schmäler und wird dadurch instabil, wenn der Vordermann zuerst das Kanu verlässt.


8. Welche Strecke schaffe ich an einem Tag?
Die meisten von uns, die eine Kanutour unternehmen, wollen ein paar Tage unterwegs sein. Jetzt schaut das immer ganz toll aus auf der Karte, aber irgendwann ist der Urlaub zu Ende und es ist blöd, wenn man sich da gerade mitten auf der Tour befindet, weil man den Abstand und / oder die eigene Leistung falsch eingeschätzt hat. Darum wollen wir uns einmal anschauen, wie weit man denn an einem Tag kommt. Ein Zweimannkanu macht ungefähr 10 km in zwei Stunden, wenn beide paddeln und es sich um zwei Erwachsene handelt. Kajak sind etwas schneller (sowohl Einmann als auch Zweimann). Rechnen wir also damit, sechs Stunden pro Tag zu paddeln, so schaffen wir gerade einmal 30 km. Allerdings können Landtransporte oder zeitraubende Umgehungen (Ziehen des Kanus) die Geschwindigkeit stark beeinträchtigen.


9. Wie sieht der ideale Lagerplatz aus?
Ein Tag auf der Kanutour beginnt etwa um sieben Uhr mit einem guten Frühstück, wenn die Sonne die Zeltwand wärmt. Beim Aufschlagen des Zelts den Eingang nach Osten richten, damit wir die Sonnenstrahlen bereits beim Frühstück genießen können. Auch beim Suchen des Zeltplatzes bereits ein wenig voraus denken: Wenn möglich ans Westufer. Sonst kann es dir passieren, dass du dastehst und frierst, während die Kollegen auf der anderen Seite des Sees in der Sonne baden und guter Dinge sind. Außerdem versuchen, immer einen Platz zu finden, der ein bisschen windig ist, denn der Wind vertreibt die Mücken. Umgekehrt ist feuchtes Gebiet mit Gebüsch ein beliebter Sammelplatz für die stechenden Quälgeister.

Sehr gut eignen sich auch kleine Fichten oder Kiefernwälder als Lagerplatz. Bei Gewitter nicht auf Hügeln zelten, aber auch nicht neben alleinstehenden alten Bäumen. Und zu guter letzt - aufpassen, dass keine Senke unter dem Zelt liegt, denn sonst erwachst du bei Regen in einer Pfütze. Bei Flüssen, die geregelt sind, nicht zu nah am Ufer zelten, weil sonst kannst du mitten in der Nacht aufstehen, und dein Zelt in Sicherheit bringen, weil der Fluss plötzlich zwei Meter höher daherkommt als noch am Abend vorher. Alles schon passiert - uns am Ufer der Piave in Italien, als nur ein glücklicher Zufall uns vor einem feuchten Erwachen bewahrt hat.

Um neun sollte auch das letzte Restchen im Kanu verstaut sein und bis zwölf wird jetzt eifrig gepaddelt. Nun ist es Zeit, sich nach einem kleinen gemütlichen Rastplatz umzusehen. Obwohl die meisten sich zu Mittag mit etwas Schokolade und Obst begnügen, halte ich viel von einem warmen Tee oder Kaffee zu Mittag. Daher wird der Trangia Kocher unbedingt gezückt und ein ordentlicher Trank gebraut. So viel Zeit muss sein. Nach etwa einer Stunde geht's es mit frischen Kräften weiter. Wie lang du am Abend durchhältst, hängt wohl von der Kondition und von deinen Begleitern ab. Ab fünf sollten alle nach einem schönen Plätzchen Ausschau halten.

Übrigens lässt sich aus der mit geführten Persenning und dem Kanu ein toller Windschutz bauen. Einziger Nachteil: im Sommer bist du eine leichte Beute für die Mücken. Sonst ist das wirklich ein Erlebnis und setzt dem Naturerleben noch eins drauf. Übrigens immer das Kanu aus dem Wasser holen und umdrehen. Dadurch bewahrst du dir unliebsame Überraschungen, wenn etwa Spitzbuben dein Kanu losbinden und abtreiben lassen oder ein Biber die Schnur durch nagt, weil du es an "seinem" Baum festgebunden hast, oder ... . Für das obligate Lagerfeuer heruntergefallene Zweige einsammeln - das ist etwas für die Kinder, die machen das gern. Auf keinen Fall Zweige von Bäumen abhacken - da kommt der Bauer und ist fuchsteufelswild.

Zum Anzünden des Lagerfeuers hat der Urlaubstrapper vorgesorgt und trägt in bester Trappermanier Birkenrinde und Zündhölzer in einer Glasbüchse mit sich herum. Auch Flechten, die von den Nadelbäumen hängen, eignen sich gut als Zündstoff . Nicht so optimal ist Elchlosung aus dem letzten Winter. Die greift sich zwar an wie Pergament, aber brennen will sie nicht so recht.

Für das Lagerfeuer den Platz verwenden, den bereits andere vor dir für gut befinden haben. Sonst ein paar Steine nehmen, diese kreisförmig auslegen und etwas Schotter auf die Bodenfläche schütten. Immer einen Kübel Wasser dabeihaben, um zu löschen, falls etwas schief geht.

Beim Verlassen des Lagers muss das Feuer gelöscht sein bzw. Erde draufgetan. Achtung! Auch Stunden nach Verlassen des Feuers kann ein glosendes Glutstück wieder vom Wind entflammt werden. Daher bitte wirklich checken, dass alles ausgelöscht ist.

Wenn es geht, sollten sich alle an den verschiedenen Aufgaben beteiligen. Ein Trupp übernimmt das Aufstellen der Zelte, andere machen sich ans Lagerfeuer, ein paar kümmern sich ums Abendbrot. Irgendwer kundschaftet einen geeigneten Platz für die Latrine aus. Das ist ein nicht unwichtiger Bestandteil der Lagerhygiene und sollte nicht totgeschwiegen werden. Auch Kinder sollten dazu angehalten werden, den Latrinenspaten zu verwenden.

Jeder, der die Verhältnisse in Südschweden kennt, wo an den beliebtesten Flüssen und Seen seit neuestem Weggebühren eingehoben werden wie zuletzt von den Raubrittern, sollte sich einmal fragen, warum das wohl so ist und wenigstens versuchen, die Flüsse und Seen in Nordschweden von Wegelagerern frei zu halten.

10. Was nehme ich an Nahrungsmitteln mit?
Vor allem einen Wasserkanister und einen Campingkocher. Für letzteren nicht auf Gaskartuschen (im Sportgeschäft erhältlich) bzw. Brennspiritus (heißt in Schweden T-röd und gibt es im Supermarkt und an Tankstellen) vergessen. Du verbrauchst ungefähr 2500 kcal am Tag. Du wirst also ständig hungrig sein.

Kohlehydrate sind die wichtigste Energiequelle des Körpers bei größeren körperlichen Anstrengungen. Kohlehydrate gibt es in Brot, Erdäpfeln (Kartoffeln), Reis, Makkaroni und Spaghetti, Haferflocken und Müsli.

Unsere Proteinquelle ist Fleisch, Käse, Milch, oder Soja.

Vitamine gibt es in Obst aber auch in Fruchtsuppen wie Nypon(Hagebutten)soppa, Hallon(Himbeeren)soppa, Blåbär (Blaubeeren)soppa oder Fruchtcremes. Die haben den Vorteil, dass sie extrem gut schmecken und mit Wasser verdünnt einen guten Saft abgeben.

Fett nicht vergessen. Fett schenkt Energie und hält die Körperwärme. Außerdem braucht der Körper Fett, um gewisse Vitamine überhaupt erst in nützliche Bestandteile umwandeln zu können. Fett finden wir in Speck, Margarine, Butter.

Der Tag beginnt mit einem guten und reichlichen Frühstück. Tee (Kaffee ohne Milch schmeckt nicht besonders, zumindest nicht Nescafe). Haferflocken oder Müsli mit Wasser zubereiten, schmeckt gut (nach einer kurzen Schrecksekunde). Käsebrot.

Achtung: Speck, geräucherten Schinken, Brot etc. nicht in Plastiksackerln aufbewahren (Schimmelgefahr!) Daher in ein Tuch, das mit Essig angefeuchtet wurde, wickeln.

Mittagessen: Wird bei der Rast nicht unbedingt reichlich ausfallen, doch ein Süppchen ist immer gut und schenkt Wärme und Energie. Eventuell Fruchtsuppe, sonst die gebräuchlichen von Knorr, Maggi etc. Wenn vorhanden Speck oder harte Wurst reinschneiden. Brot dazu. Wasser oder Tee als Getränk.

Für die Jause zwischendurch belegte Brote bereits in der Früh herrichten. Sonst Obst, Schoko oder Müsliriegel.

Das Abendessen wird dann wohl die zweitwichtigste Kraftquelle werden nach dem Frühstück. Was da mitgenommen wird, hängt wohl zum Großteil vom Geldbeutel ab. Gefriergetrocknetes aus dem Sackerl lässt die einfachste Wildnispartie zum Gourmetmahl werden. Bescheidenere Leute essen aus der Konserve und die Beschaulichen unter uns knabbern an einem Stück Brot und ärgern sich, dass sie zu bequem waren, vor der Tour ordentlich einzukaufen. Nach einer Kanutour von einer Woche solltest du aber schon ein, zwei Kilo weniger wiegen als vorher. Sonst hast du dich sicher zu wenig angestrengt.

Ist dir das Angelglück hold gewesen, wirst du deinen Fang gleich braten wollen. Du hast den Fisch ja schon mit einem Stich in die Kiemen getötet, jetzt gehst du her und machst mit einem scharfen spitzen Filetiermesser einen Schnitt von der Afteröffnung (am Schwanz) den Bauch entlang nach vor und holst alles raus, was da herumliegt. Wirf es einfach ins Wasser, dann haben die Kollegen deines Fangs auch etwas davon. Da tust du Salz, Pfeffer oder was du sonst an Gewürzen mithast rein, steckst ihn in eine Alufolie und legst ihn in die heiße Glut oder auf einen heißen Stein. Je nach Größe ist er nach fünf Minuten oder länger fertig. Es gibt auch eine spezielle Fischzange, die ist fürs Grillen der Fische ideal. Kriegst du im Sporthandel.

Wenn wir schon beim Grillen über offenem Feuer sind, hier noch ein schnelles Rezept für Brötchen: 5 dl Weizenmehl, 2 Teelöffel Salz, 2 Teelöffel Backpulver (diese Sachen kannst du schon zu Haus abmischen und in ein Glas reintun) zu diese Mischung dann vor Ort 2 dl Wasser dazugeben und gut durchkneten. Zu kleinen Brötchen formen, auf einen heißen Stein legen, der eingefettet und mit Mehl bestäubt ist. Mehrmals umdrehen, wenn sie schön groß sind, essen. Dauert ungefähr zwanzig Minuten.

Ab Jämtland ungefähr kannst du das Wasser in den Flüssen und Seen trinken. Am besten ist es, einen Wasserkanister fürs Trinkwasser mitführen. Es ist klar, du bist auf Urlaub und so gut wie alle Kanutouris haben Whisky oder Wein und Bier mit. Trotzdem - denk dran, eigentlich brauchst du das alles nicht, denn die Natur berauscht dich mit einem ganz eigenen Zauber, der um so stärker wirkt, je freier und aufnahmefähiger dein Kopf ist.

Alkohol und andere Rauschmittel haben wir nur unserer Zivilisation zu verdanken, die uns das einredet, damit wir vor den Unbillen eben dieser Zivilisation die Augen verschließen können (Stress, Hast, Unruhe, Umweltverschmutzung, etc.). Das ist doch eigentlich genau das, dem du im Urlaub entkommen willst.

Die Mitternachtssonne, das Nordlicht, den Schrei des Käuzchens oder den Schlag des Biberschwanzes wird nur der aufnehmen können, dessen Sinne frei und bereit sind, auf die Stimme der Natur zu hören.

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Last Updated: Freitag, 14. Oktober 2011
Copyright 1999-2011 Dr. Eduard Nöstl

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