Spannendes
Vindelntal in Västerbotten
60
Kilometer Härteprüfung auf dem Eiszeitwanderpfad
Der
Isälvsleden oder Eiszeitwanderpfad hat seinen Namen von
einem eiszeitlichen Gletscherfluss, der sich hier in grauer
Vorzeit, also vor ca. 9000 Jahren eine Bahn gewälzt und
dadurch der heutigen Landschaft ihre Form verliehen hat.
Von
Eduard Nöstl
In
jenen Tagen vor 9000 Jahren war das Tal eine tiefe Bucht im
Delta des Gletschers zwischen Yoldiameer und Acyclussee. Die
kühle Luft über dem Eis resultierte in einer beständigen
Hochdruckwetterlage. Das Gebiet stand unter konstantem Einfluss
von Fallwinden des Eises. Äolische Sedimente, Dünen,
wurden durch die Winde an den Eiskanten aufgehäuft. Der
Wanderpfad führt auf dem Juvikdamm entlang, einer der mächtigsten
Dünenformationen des Landes.
Die
Sonne strahlt frühmorgens vom klarblauen Himmel, die Luft
ist frisch und rein, das Herz schlägt ein bisschen schneller
als sonst. Nach einem ausgiebigen Buffetfrühstück
im kleinen aber feinen Hotel Vindeln begeben wir uns auf die
Wanderung auf dem Eiszeitwanderpfad, dem Isälvsleden.
Der
Pfad nimmt seinen Anfang am Rand des Ortes Vindeln und beginnt
an einem grossen Schild. Zuerst geht es ganz friedlich dahin
vorbei an Birken und durchs grüne Gras. Die Kennzeichnung
erfolgt durch Ringe in oranger Farbe um die Föhren, oder
durch Pfähle, die mit Pfeilen in oranger Farbe die Richtung
angeben. Wir haben uns im Tourismusbüro eine Karte geholt
und können uns anhand dieser ausführlichen Vorgaben
gut orientieren.
Der
Pfad verläuft von Vindeln, einem kleinen Ort am Vindelfluss,
dessen Rauschen im ganzen Ort zu hören ist, bis ins sechzig
Kilometer entfernte Åmsele. Vindeln liegt ungefähr
vierzig Kilometer landeinwärts von Umeå. Der Isälvsleden
führt auf sandigen Wegen grösstenteils durch lichte
Föhrenwälder, am Hjukenfluss und an kleinen Waldseen
entlang. Einen Höhepunkt bildet das Naturreservat Valfrid
Paulsson. Ganz wichtig ist die Mitnahme von ausreichend Flüssigkeit,
da es auf dem Isälvsleden zwar viele Seen und Teiche gibt,
aber so gut wie kein Trinkwasser.
Nach
ca. drei Kilometer kommen wir am Aborrtjärn vorbei. Aborre
ist die schwedische Bezeichnung für den Barsch. Kaum an
diesem ersten Höhepunkt vorbeigekommen, erwartet den Wanderer
eine herbe Enttäuschung: ein riesiger Kahlschlag, der anscheinend
durch einen Windbruch verursacht wurde. Danach eine schmale
Engstelle wo es kurz an einem winzigen Rinnsal entlanggeht.
Hier finden wir Moltebeeren. Am Furuberg erinnert eine Tafel
neben einem Steinhaufen an eine Kleinbauernfamilie, die hier
um die vorige Jahrhundertwende versucht hat, dem sandigen Boden
ein paar Früchte abzuringen.
Nach
zwei Stunden sind wir in Hällnäs angekommen, einem
winzigen Dorf am Hjukenfluss. Der Pfad verläuft entlang
dem Sportplatz und dann parallel zur Strasse 365 bis zur Brücke
über den Hjuksfluss, danach geht es rechterhand hoch und
auf einer Kuppe haben wir einen schönen Blick auf den Hjuksfluss,
der sich tief in den sandigen Boden eingegraben hat.
Jetzt
beginnt der eigentlich spannende Abschnitt der Wanderung. Wir
tauchen ein in die Natur und schreiten flott aus. Die Wanderung
ist bisher extrem leicht - kaum Steigungen und der sandige Boden
eignet sich recht angenehm zum Dahinlaufen. Zwischendurch drängt
sich die Frage auf, ob der ganze Pfad auf solchen sandigen Wegen
dahinführt, denn dann scheint auch die Radalternative durchaus
überlegenswert zu werden.
So
geht es Stunde um Stunde dahin - vorbei an Rastplätzen
mit Feuerstelle, in der Ferne grüsst einmal ein Bauernhof,
kurz vor dem Valfrid Paulsson Naturresevat stehen rechterhand
zwei kleine Hütten. Frohe Stimmen und Lachen dringen herüber.
Das
Valfrid Paulsson Naturreservat hat einen extrem schönen
Bestand an alten Föhren, am Långtjärn kreuzen
die Gleise der Eisenbahn und dann geht es auf einem Hügel
dahin, rechts und links des Hügels Seen und links und rechts
des Wegs Tranbeeren. Diese Beeren ähneln den Blaubeeren
nur sind sie kleiner und sehr saftig. Am besten schmecken sie
nach dem ersten Frost.
Die
Düne, auf der wir die letzte Stunde entlanggewandert sind,
neigt sich jetzt hinunter zum Wasser des Djupsees. Schnell auf
die andere Seite des Sees gerudert, ein Boot in Schlepptau genommen
und wieder zurück ans andere Ufer. Warum? Es soll auf jeder
Seite des Sees ein Boot vertäut liegen. Hier ist es kein
grosses Malheur, aber in den Naturreservaten im Sarek oder Padjelanta
kann dieses ewige Hin-und herrudern ganz schön lästig
werden.
Weiter
geht es nahezu querfeldein von einem Teich zum nächsten.
Die Teiche sehen tief und unergründlich aus, sie haben
auch keine Zuflüsse, daher ist es nicht ratsam, das Wasser
zu probieren. Nach zwölf Stunden Marschierens sind wir
ziemlich am Ende, der Weg auch, hoffen wir. Bei einer Wegkreuzung
ist guter Rat teuer. Links oder rechts? Ein Blick auf die Karte
und wir marschiern links. Gut so, denn schon nach einer weiteren
Stunde stehen wir auf der Bundesstrasse zurück nach Vindeln.
Schon
das dritte Auto bleibt stehen und nimmt uns mit. Todmüde
fallen wir nach der Ankunft in Vindeln ins Bett. Sechzig Kilometer
an einem Tag - bei zwölf Stunden sind das fünf Kilometer
in der Stunde. Gar nicht schlecht - aber wie gesagt, der Isälvspfad
ist angenehm leicht zu wandern und das nächste Mal probieren
wir es mit dem Mountainbike.