Schonen
Monolith, wehrhaft
in fruchtbarer
Scholle
Glimmingehus
sieht auf den ersten Blick wirklich aus wie ein massiver Felsenturm,
der sich einem Meteoriten gleich in den weichen Schoss der Erde
Schonens gebohrt hat.
Von
Eduard Nöstl
Wir
besuchen Glimmingehus an einem sonnnigen Tag mit herrlicher Fernsicht.
Vom obersten Stockwerk sehen wir bis hinüber nach Bornholm.
Glimmingehus liegt zwischen Ystad und Simrishamn, von der Reichsstrasse
9 weist uns ein Schild den Weg.
Glimmingehus
ist die am besten erhaltene mittelalterliche Burg in ganz Skandinavien
und wurde für den dänischen Adeligen Jens Holgersen Ulfstand
erbaut, der hier seinem König Hans das aufrührerische
und ständig von den Schweden bedrohte Schonen verteidigen sollte.
Jens Holgersen Ulfstand war seit 1487 königlich dänischer
Statthalter auf Gotland gewesen und wurde 1511 zum Reichsadmiral
ernannt.
Architekt
der Burg war Adam von Düren, ein westfälischer Baumeister,
der in jenen Tagen gerade in Lund weilte, wo er an den Dom zu Lund
letzte Hand anlegte und sich mit Freude und Ehrgeiz an den Bau der
Wehrburg Glimmingehus machte.
Zur
Burg gelangen wir über einen Wallgraben mit authentischer Holzbrücke,
und schon stehen wir auf dem mit Steinen ausgelegten Burghof. Beeindruckend
ragt die Burg vor uns auf. Wie es sich für eine mittelalterliche
Burg gehört, umschwirren Krähen die Giebel. Ein paar Stufen
führen uns zum Eingang. Darüber hängt das Wappen
Jens Holgersen Ulfstands (Ulfstand bedeutet Wolfszahn).
Unsere
Führerin ist in ein mittelalterliches Gewand gehüllt,
was ihrem Charme und ihren guten Deutschkenntnissen keinen Abbruch
tut. Sie weist uns auf die wehrhaften Einzelheiten der Burg hin.
So
wurde aus einer Öffnung über dem einzigen Zugang zur Burg
kochendes Öl und Wasser auf feindlich gesinnte Besucher geleert.
Gleich hinter dem schweren eisernen Tor wurden die hartnäckigen
Gäste von links und rechts aus Schiesscharten mit Gewehren
bedroht, um dann nochmals aus einer Öffnung in der Decke mit
unliebsamen Überraschungen bedacht zu werden.
Weiter
sind die Feinde anscheinend nie gekommen, denn im Inneren der Burg
scheint es recht entspannt und heiter hergegangen zu sein, da es
nicht einmal ein Burgverlies gibt! Die Küche im Erdgeschoss
ist geräurnig und mit einem eigenen Brunnen ausgestattet. Der
Rauchabzug wurde von Adam von Düren geschickt durch die übrigen
Räume der Burg geleitet, sodass eine Art Vorstufe unserer heutigen
Zentralheizung gegeben war. Im ersten Stock sehen wir eine Skulptur
eines sogenannten "Wilden Mannes".
Der
Überlieferung nach hat sich Jens Holgersen Ulfstand, der anscheinend
nicht an falscher Bescheidenheit gelitten hat, gern als übermächtiger
Krieger darstellen lassen. Darauf weist auch das Schild, "Kämpatavlan",
die Kämpfertafel, des Jens Holgersen hin, das über der
Feuerstelle in die Burgwand eingelassen ist.
Im
ersten Stock war der Aufenthaltsraum für die wachhabende Truppe.
Eine stabile Säule ragt in der Saalmitte auf, darum führt
in angenehmer Höhe eine Art Tisch, an den Fenstern befinden
sich in die Burggemäuer eingelassene Sitznischen. Im zweiten
Stock können wir die gute Kondition des Burgherren bewundern,
denn wir tun uns fast schwer, die steilen und ziemlich hohen Stufen
hinaufzuklettern. Hier befinden sich die ,,Gesellschaftsräume"
der Burg.
In
der Kemenate hängt vorhin erwähnter Schild Jens Holgersens,
sowie zwei Wandreliefs des Adam von Düren: eine Kreuzigung
und, für eine schwedische Burg selten, ein Bild der Jungfrau
mit dem Kinde. Nach einigem Nachdenken kommen wir drauf, dass damals
Dänemark noch ein katholisches Land gewesen sein muss.
Das
oberste Geschoss ist ein Wehrboden, also ganz der Verteidigung gewidmet.Doch
ehe wir näher auf die Verteidungsanlage eingehen, sei noch
ein kurioses Detail aus der Kemenate erwähnt. Um sich den Weg
hinunter zum Wallgraben, der auch als stilles Örtchen diente,
zu ersparen, hat Adam von Düren einen Abtritt im wahrsten Sinne
des Wortes geschaffen: ein kleiner Gang führte schräg
ins Freie zu einem kleinen Vorbau aus Holz. In diesem Vorläufer
unserer Toiletten konnte man frei über dem Boden aus cirka
zehn Meter Höhe seinen Bedürfnissen freien Lauf lassen.
Ob das als Geheimwaffe gedacht war?
Neben
der Burg befindet sich ein Museum mit Fundgegenständen aus
der Umgebung. Im Sommer werden in Glimmingehus Veranstaltungen mit
mittelalterlichem Gepräge durchgeführt. Besonders beliebt
sind die Spukgeschichten oder das Rittermahl, wobei mit Holzteller,
Trinknapf und einfachem Messer ein zünftiges Rittergelage nach
Originalrezepten zelebriert wird.
Last Updated: Freitag, 14.Oktober 2011
Copyright 1999-2011 Dr. Eduard Nöstl
ISDN
1101-9840
|