Unterwegs
mit dem MTB in:
Älvdalen/Dalarna
KEINE ANGST VOR BÄREN AUF DEM WÄSABERG
Ein
Sportsfreund ist hier in Wäsabergen bestens aufgehoben. Daher
beginnt der Tag ganz zünftig mit einer Mountainbiketour. Das
nötige Zubehör, Fahrrad und Helm, wird in der Rezeption
gemietet. Das Mountainbike, Marke Gary Fisher, erweist sich als
hervorragende Alternative zu meinem eigenen namenlosen Fortbewegungsmittel,
das sich zwar gut zum Milchholen eignet, aber für die Bergwertung
auf den Wäsaberg doch denkbar ungeeignet ist.
Das Mountainbike ist aus Aluminium gefertigt und daher entsprechend
leicht. 21 Gänge, Shimano Gripschaltung, also durch Drehung
des Handgriffs schnappen die Gänge ein, hervorragende Bremsen
und Traktorreifen. Die reinste Geländemaschine. Nur treten
musst du selber. Aber selbst das sollte durch die Vielzahl der Gänge
ein Kinderspiel sein.
Also los!
Von der Rezeption, die sich am Fuss des Schihangs befindet, fahre
ich rechts ab, den Dalälven entlang. Gleich die erste Strasse
rechts rein, linkerhand liegt ein kleiner Teich. Es geht sofort
bergauf. Ausser mir ist wieder einmal niemand unterwegs. Nach Schweden
muss man sich seine Gesellschaft schon mitbringen, das habe ich
inzwischen begriffen.
Beim Sport macht mir das Alleinsein nicht viel aus. Es ist sogar
ein Vorteil, wenn man in seinem eigenen Tempo fahren kann. So wie
jetzt. Ich trete tüchtig in die Pedale und merke nach ein paar
Kilometern, dass 21 Gänge zwar das Treten deutlich erleichtern,
die Arbeit aber trotzdem ganz schön anstrengend ist. Doch so
soll es wohl auch sein.
Nach ca. 4 km geht eine Seitenstrasse rechts ab. Nach 200 m fliegt
knapp vor mir ein Birkhuhn auf und dreht elegant ab. Die Birkhühner
sind so gut getarnt, dass man sie erst sieht, wenn sie auffliegen.
Ich benutze dieses Erlebnis zu einer kleinen Verschnaufpause und
lasse meinen Blick umherschweifen. Wald, Wald, und nochmals Wald.
Nadelwald, vor allem Föhren, vereinzelt Fichten. Aus der Ferne
grüssen die blauen Berge - ein weites Land.
Eine leichte Brise ist aufgekommen. Es dürfte so um die 20
Grad haben. Nach 300 m ist die Strasse zu Ende. Ich spähe umher
nach einem Pfad. Mein Blick fällt auf Bänder, rot, gelb,
blau, die sich an einem Baum im Wind bewegen. Aha, da geht es also
rein. Hm, das ist nun denn wirklich ein minimaler Steig. Auch für
ein Mountainbike der Marke Gary Fisher. Aber da jede Alternative
fehlt, wird es wohl stimmen.
Nach 200 Metern ein Holzschild: Baursmuor". Könnte
Bauernmoor bedeuten. Dürfte also feucht werden. Platsch, mein
rechter Schuh versinkt im Morast. Das Wasser steht ungefähr
zehn Zentimeter hoch im Pfad. Gut, dass das Fahrrad so leicht ist.
Von Insel zu Insel hüpfe ich und es gelingt mir, die vielleicht
20 Meter relativ trockenen Fusses zu überwinden.
Hier ist der Pfad zwar nicht breiter, doch ich mutiger. Ich schwinge
mich aufs Rad. Der Weg ist schmal, steinig und diese sind von Moos
bewachsen. Ich versuche meine Künste und siehe, es geht sehr
gut. Gary Fisher hat an alles gedacht und sogar Stossdämpfer
angebracht. Diese erweisen sich als ausgesprochen nützlich
auf der holprigen Fahrt. Nach ca. 1 km echten Mountainbikefeelings
mündet der Pfad wieder auf eine Schotterstrasse.
Toppstugan",
also Gipfelhütte steht auf dem Schild. Passt! Ich bin also
auf dem richtigen Weg. Die Strasse schraubt sich höher und
höher. Die Fernsicht wird immer besser.
Ich keuche zwar und jede Biene fliegt schneller als ich vorankomme.
Mein Atem geht stossweise und ich muss aufpassen, dass ich nicht
versehentlich eines der aufdringlichen Fluginsekten einatme, die
mich ganz spielerisch umrunden.
Die Strasse macht jetzt einen weiten Rechtsbogen, dann wird es richtig
steil. Aha, die letzten hundert Meter kommt die Bergprüfung.
Ich schalte auf den ersten Gang hinunter und trete mit aller Kraft
in die Pedale. Das Vorderrad hebt sich bei jedem Tritt und der Effekt
ist gleich null. So geht's nicht. Wenden und nochmals von vorne
beginnen. Mit einer anderen Taktik. Nicht Kraft, sondern Technik
wird mich nach oben bringen.
Mit dem dritten Gang und stehend versuche ich die Steigung noch
einmal. Und siehe da, es klappt. Die Gewichtsverteilung stimmt wieder,
das Vorderrad bleibt am Boden und es geht tüchtig voran. Trotzdem
brauche ich die ganze Strasse für mich selber. Immerhin, ich
schaffe es ohne abzusteigen bis ganz hinauf. Hurra, die Toppstugan
ist erreicht.
Völlig ausser Atem schwinge ich mich aus dem Sattel. 482 m
über dem Meeresspiegel. Nicht schlecht. Die Aussicht Richtung
Osten ist atemberaubend. Bis zum Siljansee geht der Blick, dahinter
löst sich die Landschaft in blauen Dunst auf. Von hier heroben
sieht man erst, wie breit und mächtig der Fluss ist, der seine
gewaltigen Wassermassen so träge und langsam voranschiebt.
Fluss, Täler, Wald und über allem wölbt sich ein
strahlendblauer Himmel.
Nach etwa zwanzig Minuten Rast schwinge ich mich wieder aufs Rad,
nachdem ich den Sattel etwas gesenkt habe. Jetzt geht es bergab.
Halbrechts
von der Hütte steht etwas, das aussieht, wie ein Bär.
EIN BÄR? Mir gerinnt das Blut in den Adern. Natürlich
ist mir bekannt, dass die Gegend für ihren Bärenreichtum
bekannt ist, doch hier, so nahe menschlichen Behausungen?
Meine Gedanken überschlagen sich. Bären sind hervorragende
Läufer. Ein Bär holt ein Pferd ein. Dann wohl auch einen
Radfahrer. Ich schaue genauer. Kein Zweifel, die charakteristische
Form, der gedrungene Körper, der gebogene Rücken. Nur
merkwürdig, dass er sich so gar nicht von der Stelle rührt.
Mein Mut wächst wieder ein bisschen. Der Gedanke an die sofortige
Flucht wird abgelöst von der Hoffnung auf das Foto des Jahres.
Ich mache die Kamera schussbereit und pirsche mich vorsichtig an.
Erst als ich mich auf etwa fünf Meter genähert habe merke
ich, dass es sich bei dem Bären um eine täuschend ähnliche
Holzschnitzerei eines Braunbären handelt. Immerhin, er hat
mir einen ordentlichen Schrecken eingehandelt. Und das Foto wird
sicher als echt durchgehen!
In rasender Fahrt geht es abwärts. Erleichterung paart sich
mit dem Rausch der Geschwindigkeit. Die Sandstrasse mündet
in eine asphaltierte Strasse, nach ca. 300 m weist ein Schild nach
Hållberg". Hier biege ich nach rechts ab zurück
zum Hüttchen.
Wer diese Tour täglich absolviert, hat am Ende des Urlaubs
ganz sicher eine Bombenkondition! (Und keine Angst mehr vor Bären).
Wäsabergen
Box 15
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Last Updated: Freitag, 14.Oktober 2011
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